Ungleiche Verteilung von Vermögen

Superreichtum verbieten

29:49 Minuten
Streetart mit Dagobert Duck, der in Geld badet
Onkel Dagobert würde das nicht gefallen: Der Philosoph Christian Neuhäuser fordert, hohe Vermögensungleichheit zu verhindern. © imago images / Steinach
Moderation: Susanne Führer · 06.03.2021
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Wenn es große Vermögensunterschiede gibt, verletzt das die menschliche Würde, meint der Philosoph Christian Neuhäuser. Denn Armut führe zu Scham und dazu, nicht gleichrangig aufzutreten. Geld bedeute politische, ökonomische und soziale Macht.
Die Einkommen in Deutschland liegen nicht so weit auseinander wie in vielen anderen Staaten. Doch das Vermögen ist extrem ungleich verteilt. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, DIW, besitzt ein Zehntel der Bevölkerung über zwei Drittel des gesamten Vermögens.
Für Christian Neuhäuser, der an der TU Dortmund politische Philosophie lehrt, ist das ungerecht. Denn gerecht ist, wenn alle bekommen, was ihnen zusteht: "Manche bekommen selbst ihre Grundbedürfnisse nicht befriedigt. Sehr viele haben das Gefühl, dass sich ehrliche Arbeit nicht oder nur sehr wenig lohnt."
Das sei zurzeit auf dem Wohnungsmarkt der Städte zu beobachten. Wenn viele Menschen sich keine eigene Wohnung mehr in der Stadt leisten könnten, "dann haben wir grundsätzlich in der Anreizstruktur, aber auch in der Möglichkeit für Menschen, ihr gutes Leben zu realisieren, ein großes Problem."

Armut verletzt die Würde

Geld bedeute Macht, und zwar politische, ökonomische und soziale Macht. Reiche Menschen hätten beispielsweise einen privilegierten Zugang zur Politik. Armut auf der anderen Seite führe dazu, dass Menschen sich schämen.
"Ich glaube, dass sich schämen zu müssen in der Öffentlichkeit etwas ist, was würdeverletzend ist, weil es zum Ausdruck bringt, dass man nicht als gleichrangiges Gesellschaftsmitglied auftritt."

Hohe Vermögensungleichheit verhindern

Christian Neuhäuser will daher vor allem große Erbschaften stark besteuern, ab einem bestimmten Betrag sogar mit 100 Prozent. Man müsse verhindern, dass sich über mehrere Generationen eine zu hohe Vermögensungleichheit aufbaut. "Superreichtum" dürfe es nicht geben. Für Neuhäuser ist jemand "superreich", wenn er oder sie zurzeit ein Vermögen von mehr als 30 Millionen Euro hat und mehr als eine Million Euro Einkommen im Jahr.
Großen Reichtum verbieten – ist das nicht reichlich naiv?
"Ja, das ist gegenwärtig politisch naiv. Aber ich bin halt Philosoph. Wir haben damit nicht so ein Riesenproblem, auch weil sich Naivität im Laufe der Geschichte oft doch umdreht. Für die Abschaffung der Sklaverei zu sein, das war auch einmal naiv. Für ein Wahlrecht der Frauen zu sein, das war auch einmal naiv. Also, da bin ich zuversichtlich."
(sf)

Christian Neuhäuser ist Professor für politische Philosophie an der TU Dortmund. Seine Forschungsinteressen sind Theorien der Würde, Theorien der Verantwortung, Theorien des Eigentums, Wirtschaftsphilosophie, Philosophie der internationalen Politik. Zuletzt erschienen: "Wie reich darf man sein? Über Gier, Neid und Gerechtigkeit" (Reclam, 2019).

Die Erstausstahlung der Sendung war am 26. September 2020.

Das Interview in voller Länge:
Deutschlandfunk Kultur: Dies wird kein Gespräch über Corona, sondern über Reichtum oder Armut, über Gerechtigkeit und deren Gegenteil. Dem Virus ist es zwar egal, ob es eine Millionärin in ihrer Villa oder einen Hilfsarbeiter in einer Mietskaserne befällt, aber die Wahrscheinlichkeit ist bei Letzterem wesentlich höher. Und das hat mit Geld zu tun. - Seit einigen Jahren, scheint mir, wird die Diskussion über Gerechtigkeit bzw. über soziale Spaltung, soziale Ungleichheit in der Gesellschaft wieder lauter. Beobachten Sie das auch?
Neuhäuser: Ja, das beobachte ich auch. Ich glaube, dass meine Bücher auch eine Reaktion darauf sind. Das hat auch gute Gründe, weil eben die Ungleichheit auch rasant zunimmt in den letzten Jahren. Eigentlich ist das ein Prozess, der schon länger voranschreitet, aber er wird immer sichtbarer, beispielsweise in der Wohnsituation von Menschen, in der Gesundheit, wie Sie ja schon angesprochen hatten. Dadurch wird das wieder ein Thema, das auch aufregt und emotionalisiert.
Deutschlandfunk Kultur: Corona hat die Debatte nochmal neu befeuert, nicht nur wegen des erhöhten Ansteckungsrisikos für arme Menschen, sondern auch wegen der Sorge um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. Obwohl, ich glaube weltweit nahezu einzigartig, die Bundesregierung mit immer neuen milliardenschweren Programmen dagegen steuert. – Macht sie das richtig Ihrer Ansicht nach?
Neuhäuser: Ja, ich glaube, dass sie das richtig macht. Das ist jetzt natürlich auch eine Sache, die von sehr vielen Parametern abhängt. Auch von makroökonomischen Grundüberzeugungen. Ist man der Meinung, dass der Staat durch Aktivierung des Konsumverhaltens beispielsweise die Wirtschaft stabilisieren kann, oder ist man nicht der Meinung, dass das der Fall ist? Ich glaube, dass das funktioniert. Das sehen wir in Deutschland gerade auch. Wir hatten die doch sehr wunderbare Aufgangslage, dass es Deutschland davor lange Zeit ökonomisch sehr, sehr gut gegangen ist, sehr viel besser als sehr vielen anderen Ländern. Der Ehrlichkeit halber muss man sagen, auch auf Kosten anderer europäischer Länder.

Alle sollen bekommen, was ihnen zusteht

Deutschlandfunk Kultur: In allen Umfragen zeigt sich immer wieder, die große, große Mehrheit der Menschen in Deutschland ist für Gerechtigkeit, für eine gerechte Gesellschaft. Stellt sich die Frage: Was ist gerecht? Wir fangen jetzt nicht an, durch die ganze Philosophiegeschichte zu gehen. Das heißt ja nicht, dass alle das Gleiche bekommen sollen. Wir bleiben bei dem Geld, beim dem schnöden Mammon. Die einen besteigen ihr Privatflugzeug und fliegen auf die Malediven. Die anderen machen eine Busfahrt nach Cuxhaven. Da kann man sagen: Mein Gott, das war doch schon immer so.
Also, warum ist aus philosophischer Warte die ökonomische Ungleichheit Ihrer Ansicht nach ein Problem?
Neuhäuser: Ich würde doch am liebsten bei Platon anfangen, das darf ich jetzt nicht. (lacht) Es gibt eine philosophische Regel, die sehr viele unterschreiben. Die besteht darin zu sagen: Gerecht ist es dann, wenn alle das bekommen, was ihnen zusteht. Das ist natürlich auch sehr abstrakt. Was heißt das denn jetzt, was wem zusteht?
Da bin ich, ehrlich gesagt, Fan von Amartaya Sen, dem indischen Wirtschaftswissenschaftler und Philosophen, der im nächsten Monat den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels bekommt. Der sagt, in ökonomischen Belangen sind eigentlich drei Faktoren relevant. Das erste ist tatsächlich Leistung, also Arbeit, was man durch eigene Arbeitskraft geleistet hat. Das zweite ist Bedürfnis, also, was man braucht, um angemessen, würdevoll gut leben zu können. Und das dritte ist durchaus auch einfach, Erfolg zu haben, auch ein bisschen Glück haben darf auch eine Rolle spielen. Amartaya Sen sagt, diese drei Faktoren müssen aber im richtigen Verhältnis zueinanderstehen.
Gegenwärtig erleben wir in der Wirtschaft, dass die nicht mehr in einem richtigen Verhältnis zueinander stehen, weil wir sehen, dass manche selbst ihre Grundbedürfnisse nicht befriedigt bekommen. Sehr viele haben das Gefühl, dass sich ehrliche Arbeit nicht oder nur sehr wenig lohnt. Das ist ja auch in der Corona-Pandemie ein bisschen aufgebrochen, als man plötzlich unmittelbar vor Augen geführt bekommen hat, dass Menschen, die sehr, sehr wenig Geld verdienen, im Lockdown den Laden zusammengehalten haben. Alle haben gemerkt, Wow, das ist eine wahnsinnige Leistung, die die bringen. Aber sie sind meistens nicht die Besserverdienenden.
Dann gibt es Leute, die haben einfach nur wahnsinnig Glück gehabt, haben Erfolg. Das hat mit Leistung gar nichts zu tun, sondern das hat viel mit Zufällen zu tun. Und die werden wahnsinnig reich. Die reichsten Menschen heute sind reicher als die reichsten Menschen in der Menschheitsgeschichte jemals waren.

Alt, aber wahr: Geld ist Macht

Deutschlandfunk Kultur: Andererseits ist es so, dass laut Thomas Piketty die Ungleichheit in Deutschland heute niedriger ist als vor hundert Jahren. Die reichsten Menschen sind reicher als Menschen jemals waren, aber ich glaube, das Durchschnittseinkommen in Deutschland liegt heute auf jeden Fall auch höher als es jemals lag.
Vielleicht ist es ja gar nicht so wichtig, dass sich jemand hundert Blusen kaufen kann und jemand anderes nur drei. Wir haben ja eine Gesellschaft, die laut Grundgesetz darauf beruht, dass nicht nur die Würde jedes Menschen unantastbar ist, sondern dass alle gleiche Rechte haben, das gleiche Ansehen, gleiche Pflichten.
Das wird aber, wenn ich Sie richtig verstanden habe, durch Reichtum auf der einen Seite und sagen wir mal zumindest Nichtreichtum auf der anderen ausgehebelt, weil Reiche einfach wesentlich mehr Möglichkeiten in der Gesellschaft haben.
Neuhäuser: Ja. Ich glaube, dass es tatsächlich so ist, dass Geld – das ist jetzt ein Bonmot – Macht bedeutet, und zwar politische Macht, ökonomische Macht und soziale Macht. Es geht gar nicht so sehr, wie Sie auch richtig gesagt haben, um die individuelle reiche Person, die vielleicht in einem tollen Haus wohnt, viele Schuhe hat oder tolle Autos fährt, sondern Reiche, Superreiche haben als Gruppe enorme politische Macht. Deren Wahrnehmung der Welt, deren Interessen haben einfach sehr viel mehr Bedeutung als die Interessen der meisten Menschen in einem Land.
Deutschlandfunk Kultur: Ist das auch in Deutschland so, dass Reiche mehr politische Macht haben? Die haben doch auch nur eine Stimme bei der Wahl.
Neuhäuser: Ja, bei der Wahl schon, aber wenn Sie sich mal fragen, wer die Busenfreundin der Kanzlerin ist, dann ist das Liz Mohn von der Bertelsmann Stiftung. Das ist irgendwie auch kein Zufall, sondern da ist es eben so, dass wirtschaftliche Macht sich in politische Macht indirekt übersetzt.
Viel unmittelbarer ist der zunehmende Drehtüren-Lobbyismus, also, dass Leute aus der Politik in die Wirtschaft und zurück wechseln, in der Wirtschaft natürlich sehr viel mehr Geld verdienen, dort sich in Zirkeln bewegen, wo sie viel mit Menschen zu tun haben, die sehr reich sind, die sehr starke wirtschaftliche Interessen haben. Das ist kein großer Plan, es ist überhaupt keine Verschwörungstheorie, sondern das ist einfach die Blase, die Lebenswelt, in der sich diese Menschen befinden, und die Interessen, die sie sehen, die sie wahrnehmen, die für sie wirklich sind. Das passiert.

Reiche zählen mehr

Deutschlandfunk Kultur: Ich bin jetzt keine Busenfreundin der Kanzlerin, aber ich möchte doch kurz widersprechen. Ich weiß nicht, ob Liz Mohn eine Busenfreundin ist, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass Angela Merkel auch noch mit anderen Menschen befreundet ist, die nicht so einflussreich sind.
Neuhäuser: Ja, das stimmt. Das schließt sich ja auch nicht aus. Es sollte ein Beispiel dafür sein, dass reiche Menschen zur Politik auf eine Art und Weise Zugang haben, wie sie die allermeisten Menschen nicht haben und dass das auch etwas ist, was innerhalb der Systemlogik nachvollziehbar ist. Die Bertelsmann Stiftung macht sehr viel politische Arbeit, hat sehr viel Geld dafür zur Verfügung. Ich bin beispielsweise auch sicher, dass Bill Gates, wenn er ein Interesse hat, im Weißen Haus zu erzählen, was ihn gerade so interessiert und was ihn beschäftigt, mehr Möglichkeiten hat, da seiner Stimme Gehör zu verschaffen, als ein anderer amerikanischer Staatsbürger.
Deutschlandfunk Kultur: Das liegt ja vielleicht auch daran, dass sowohl Bill Gates – obwohl, jetzt nicht mehr, weil er ja nicht mehr aktiv ist – und auch Bertelsmann viel mehr Arbeitsplätze zur Verfügung stellen als Sie oder ich.
Neuhäuser: Ich glaube, ich finde die Formulierung, Arbeitsplätze "zur Verfügung stellen" nicht so gut. Das klingt so gönnerisch, wie eine Wohltätigkeit. Diese Unternehmen haben halt eine bestimmte Rolle in der Wertschöpfung. Dass da viele Arbeitsplätze damit verbunden sind, stimmt, und das ist auch gut und das muss auch so bleiben. Aber das Problem liegt darin, dass dadurch individuelle Menschen sehr viel ökonomische Macht auf sich vereinen, weil sie beispielsweise über so viele Arbeitsplätze bestimmen und dadurch ihre Stimmen auch sehr viel mehr politisches Gehör erhalten als die Stimmen anderer Menschen. Das ließe sich ja durchaus anders organisieren.

Reichtum und Würde

Deutschlandfunk Kultur: Auf jeden Fall ist es so, dass darin auch eine bestimmte Logik enthalten ist, dass Menschen, die Unternehmen steuern, die wichtig für die gesamte Volkswirtschaft sind, vielleicht auf mehr Gehör treffen. Ob man das jetzt gut findet oder nicht, aber es hat eine Logik.
Verlassen wir diesen rein ökonomischen Bereich und kommen wir auf einen anderen Zusammenhang, den ich fast noch interessanter finde. Sie stellen in Ihrem jüngsten Buch "Wie reich darf man sein?" einen Zusammenhang her zwischen Reichtum und Würde. Können Sie das mal kurz erläutern? Sie wollen doch wohl nicht sagen, dass arme Menschen keine Würde haben?
Neuhäuser: Nein, was will ich nicht sagen. Ich glaube, das Grundgesetz liegt da ziemlich richtig, wenn es sagt, dass die Würde des Menschen unantastbar ist in dem Sinne, dass ein Mensch eine inhärente Würde hat, die unverlierbar ist, die aber verletzbar ist. Worum es also geht, ist nicht, dass arme Menschen gar keine Würde haben, sondern dass sie mit dem Problem konfrontiert sind, dass sie in der Gesellschaft, in ihrem alltäglichen Leben die Würde, die sie haben, nicht gut zum Ausdruck bringen können und dass das Würde verletzend ist, ohne dass die Würde dadurch verloren werden kann.
Das ist eine ganz alte Idee, das ist übrigens auch eine ur-liberale Idee. Die stammt nämlich von Adam Smith, gewissermaßen dem Begründer der Wirtschaftswissenschaften. Der nannte das Beispiel, dass zu seiner Zeit jemand, der sich kein Leinenhemd leisten konnte und keine Lederschuhe, sich aus Scham nicht auf die Straße getraut hat. Das Problem bei Armut ist, dass Menschen sich ihrer Armut schämen. Das ist auch empirisch sehr gut untersucht. Das ist weltweit so; in allen Gesellschaften der Welt ist Armut mit Scham verbunden.
Ich glaube, dass sich schämen zu müssen in der Öffentlichkeit etwas ist, was würdeverletzend ist, weil es zum Ausdruck bringt, dass man nicht als gleichrangiges Gesellschaftsmitglied auftritt.

Armut verletzt die Würde

Deutschlandfunk Kultur: Nun könnte man ja sagen: "Leute, es gibt keinen Grund, euch zu schämen."
Neuhäuser: Das ist aber ein stoischer Heroismus, dass man sagt:" Alle weltlichen Dinge, alle äußeren Dinge sind nicht wichtig. Schaut doch in euren inneren Kern. Da seht ihr, ihr seid genauso Mensch wie alle anderen auch."
Darüber hat sich schon Cicero lustig gemacht, der gesagt hat: "Der Stoiker ist auch auf der Folterbank glücklich, denn das ist ja nur was Äußerliches." – So sind wir Menschen einfach nicht, sondern wir sind zutiefst soziale Wesen. Unsere Selbstachtung ist in einem hohen Maße von der Achtung anderer abhängig. Und wenn die uns verwehrt wird in diesen gesellschaftlichen und kommunikativen Prozessen, dann schämen wir uns. Ich glaube, dass wir psychologisch auch einen Grund haben, weil es okay ist, dass wir von anderen anerkannt und geachtet werden wollen. Das ist Ausdruck unserer sozialen Natur, die in vielen Hinsichten ja auch sehr gut ist, weil sie dafür sorgt, dass wir doch relativ harmonisch und friedlich miteinander umgehen.
Deutschlandfunk Kultur: Wer wenig Geld hat oder nur durchschnittlich Geld hat, bekommt ja heutzutage handfeste Probleme auf dem Wohnungsmarkt in den Städten. Man muss schon wirklich sehr viel Geld haben, um eine einigermaßen anständige Wohnung in München oder in Stuttgart oder in Hamburg zu bekommen. Da kann man aber auch fragen: Ist das wirklich ein Reichtum-Armuts-Problem? Oder ist das nicht eher ein Wohnungspolitikproblem? Der Staat hat es einfach versäumt, für ausreichend bezahlbare Wohnungen zu sorgen.
Neuhäuser: Ja, bei Wohnungen wäre es vielleicht möglich, durch eine Politik den Effekt dieser großen Ungleichheit zwischen Reichtum und Armut zu reduzieren, indem man einfach in den Markt interveniert und dafür sorgt, dass sehr viel Wohnraum auf andere Art und Weise verteilt wird. Da gibt’s zwei Philosophien. Die einen sagen: "Wir müssen die Märkte kleiner machen und durch staatliche Wohnungspolitik usw. usf. dafür sorgen, dass der freie Wohnungsmarkt nicht so eine große Rolle spielt." Und die Alternative wäre, zu sagen: "Wir können das schon dem Markt überlassen, aber wir müssen dafür sorgen, dass die Akteure auf den Märkten nicht so unterschiedlich in der Lage sind, für Wohnraum zu sorgen oder nicht."
Ich neige tatsächlich eher der zweiten Position zu, weil ich auch denke, dass der Staat immer ein bisschen hinterherläuft und auch einfach viele Fehler macht. Und wie gerecht die Wohnungspolitik ist, die vom Staat gemacht wird, wäre auch kritisch zu hinterfragen.
Wenn es so wäre, dass die Leute ein weniger ungleiches Einkommen hätten, dann würde sich Wohnraum auch sehr viel gleichmäßiger verteilen. Was man bei Wohnraum sehr gut sieht, ist, dass das ein sogenanntes positionales Gut ist. Sehr viele Güter sind positional. Also, wie viel ich davon abbekomme, hängt davon ab, wie viel die anderen abbekommen. Und das wiederum hängt davon ab, wie viel Geld man hat.

Ungleiche Vermögensverteilung

Deutschlandfunk Kultur: Was das Wohnen angeht, hat es vielleicht gar nicht so viel mit Einkommen zu tun, sondern mehr mit Vermögen. Eindeutig privilegiert sin diejenigen, die eine Wohnung erben oder vielleicht sogar ein ganzes Haus. Da fällt ja eine Ungerechtigkeit sofort auf: Die Erben sind fast alle Westdeutsche. In der DDR gab’s so gut wie keinen Immobilienbesitz. Man könnte sagen: Tja, Pech gehabt. Geschichte ist nicht gerecht. Der Bauer in Niedersachsen konnte seinen Hof behalten, der in Ostpreußen oder in Thüringen nicht. Und wenn die Menschen in den Westen gegangen sind, gab es immerhin den Lastenausgleich.
Neuhäuser: Was stimmt, ist, dass in Deutschland die Vermögensungleichheit größer ist als die Einkommensungleichheit, weil wir bei den Einkommen eine relativ progressive Steuer haben, mehr als viele andere Länder. Das ist übrigens auch in den skandinavischen Ländern so, dort ist die Einkommens-Gleichheit noch höher, aber es gibt eine sehr hohe Vermögens-Ungleichheit. Das ist also auch da ein Problem.
Was die Vermögensbildung angeht zwischen Westdeutschland und Ostdeutschland gibt es riesige Probleme. Das wird politisch unterschätzt; es ist auch ein wichtiger Erklärungsfaktor für die große Unzufriedenheit sehr vieler Menschen in Ostdeutschland.
Was nur halb stimmt, ist, dass man sagt, die Geschichte ist nicht gerecht. Das stimmt natürlich schon. Die Geschichte selbst ist nicht gerecht, die Welt ist nicht gerecht. Sondern gerecht sind Menschen oder sie sind es eben nicht. Und gerecht ist dann der Umgang mit der Geschichte und der Umgang mit der Situation in der Welt. Die Aufgabe von uns ist gerade, das Unglück nicht Ungerechtigkeit werden zu lassen, sondern Gerechtigkeit entstehen zu lassen.
Bei Vermögen bin ich deswegen doch sehr davon überzeugt, dass man verhindern muss, dass sich über mehrere Generationen eine zu hohe Vermögensungleichheit aufbaut.

Erbschaften stehen im Widerspruch zum Liberalismus

Deutschlandfunk Kultur: Mir ist aufgefallen, dass sich selbst in wirtschaftsnahen Medien wie der Wirtschaftswoche oder auch dem Handelsblatt vermehrt kritische Artikel über den Erbschaftsboom finden. Ich glaube, es sind ungefähr hundert Milliarden Euro, die jedes Jahr in Deutschland vererbt werden. Das widerspricht dem Grundgedanken des Liberalismus - Sie haben das vorhin schon mit Adam Smith angedeutet -, freie Entfaltung für jeden, Leistung muss sich bezahlt machen. Und freie Märkte für alle. Bei Erbschaften wird aber nichts weiter getauscht auf einem freien Markt.
Neuhäuser: Tatsächlich ist es so, dass die liberale Ideengeschichte mit Erbschaften immer schon ein Problem hat. Der erzliberale John Stewart Mill war der Meinung, dass man eigentlich 100 % Erbschaftssteuer ab einem bestimmten Betrag braucht. Das soll so funktionieren: Wenn wir viel erwirtschaftet haben, dann dürfen wir das frei vererben. Aber jeder Mensch hat sozusagen ein absolutes Erbschaftslimit. Sagen wir, das liegt bei 500.000 Euro oder bei fünf Millionen Euro - das müsste man politisch festlegen -, mehr darf man nicht erben. Dann setzt diese Hundert-Prozent-Steuer ein. Und das hat sich Mill schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts überlegt, weil er damals schon gesehen hat, dass die Ungleichheit über die Erbschaften zunimmt und dass sie dem liberalen Gedanken, dass man durch eigene Leistung etwas erreicht und dass wir dieselben Startbedingungen haben, widersprechen.
In liberalen Kreisen gibt es einige, die das unterschreiben, während andere zwar für die Marktwirtschaft sind, aber den Familiengedanken, den nationalen Gedanken, also den Community-Gedanken sehr viel stärker machen. Für sie ist die Erbschaft eher Ausdruck von Tradition. Diesen Streit sieht man zum Beispiel bei Familienunternehmen.

Mein Geld - damit mache ich, was ich will

Deutschlandfunk Kultur: Die sind ein besonderer Fall. Das muss man ja sagen, dass der Erfolg der deutschen Wirtschaft auf Familienunternehmen und vor allem auf mittelständischen Unternehmen beruht. Wenn Sie denen jetzt das Kapital wegnehmen wollen, dann hat das negative Folgen für alle.
Aber bleiben wir nochmal bei dem persönlichen Erbe. Angenommen, ich habe mein Leben lang tüchtig gearbeitet, ganz viele tolle Interviews im Radio gemacht, und ich habe mein Geld klug angelegt, und versteuert habe ich es natürlich auch. Warum soll ich es dann nicht meinen Kindern hinterlassen dürfen? Es ist doch mein Geld, verdammt noch mal! Legal erworben, versteuert!
Neuhäuser: Gerechtigkeit kommt vor Steuern. Man fragt sich zuerst: Was ist gerecht? Und dann fragt man sich: Was ist das richtige Steuersystem, das sich daraus ergibt? So dass die Frage jetzt lautete: Ist es gerecht, dass Ihre Kinder so einen massiven Chancenvorteil anderen Kindern gegenüber haben? Wenn Sie der Meinung sind, das ist ungerecht, weil es beispielsweise im Berufsleben dafür sorgt, dass sie es sehr viel leichter haben, Jobs zu kriegen, die begehrt sind, und das nichts mit ihrer eigenen Leistung zu tun hat, sondern damit, dass sie sehr viel bessere Ausgangsvoraussetzungen haben - dann haben Sie einen Gerechtigkeitsgrund. Und darum man sagen kann, "das dürfen Sie nicht einfach so alles Ihren Kindern vererben".
Deutschlandfunk Kultur: Aber die Kinder meiner Freundin sind hochbegabt und hochmusikalisch, meine nicht. Das ist doch auch ungerecht.
Neuhäuser: Es gibt tatsächlich auch einen Philosophen, John Rawls, der der Meinung ist, dass das tatsächlich ungerecht ist, dass diese Kinder gewissermaßen in der "Gen-Lotterie" gewonnen haben. Der Unterschied seiner Meinung nach ist, dass wir im Fall der Hochbegabung nicht eingreifen können, weil das etwas Persönliches ist und durch Persönlichkeitsrechte geschützt ist. Und im Falle des schnöden Mammons können wir durchaus eingreifen, weil es nicht Teil der Persönlichkeit ist.
Wenn Sie jetzt sagen, "doch, mein Geld ist Teil meiner Persönlichkeit", dann hätten Sie ein Gegenargument.

Auch das Eigentumsrecht hat Grenzen

Deutschlandfunk Kultur: Es ist nicht Teil meiner Persönlichkeit, aber ich habe es auf legalen Wegen rechtmäßig erworben. Deswegen kann ich doch damit machen, was ich will.
Neuhäuser: Nee! Das ist ein falsches Verständnis von Freiheit. Freiheitsrechte stehen immer im Verhältnis zu anderen Freiheitsrechten. Deshalb dürfen wir auf der Autobahn nicht so schnell fahren, wie wir wollen beispielsweise. Und das Geld, das Sie erworben haben, das geht mit Eigentumsrechten einher. Das stimmt. Aber Eigentumsrechte sind ein sehr kompliziertes Bündel von Rechten, das nicht darin besteht, dass Sie mit Ihrem Eigentum machen können, was Sie wollen. Wenn Sie ein Haus besitzen, dürfen Sie es auch nicht einfach so abbrennen beispielsweise.
Bei bestimmten Eigentumsdingen gibt es sogar sehr strenge Regeln. Wenn Sie einen nationalen Kulturschatz zu Hause besitzen, ein Bild beispielsweise, dürfen Sie es nicht mal mit ins Ausland nehmen. Wenn Sie im Ausland Urlaub machen, dann muss das zu Hause bleiben. Das Eigentumsrecht muss immer schon in dieses komplizierte Netz von Freiheitsrechten eingebunden werden. Deswegen kann es erlaubt sein, Eigentum zu besteuern und auch Erbschaften so stark zu besteuern.

Höhere Steuern für altes Vermögen?

Deutschlandfunk Kultur: Es gibt ja eine Erbschaftssteuer in Deutschland, im Gegensatz zur Vermögenssteuer. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, wollen Sie auf jeden Fall die Sätze für die Erbschaftssteuer drastisch erhöhen, vor allen Dingen für große Vermögen.
Der politische Philosoph Daniel Halliday schlägt eine andere Staffelung vor. Die hat er von einem italienischen Ökonomen übernommen, dessen Namen ich gerade vergessen habe. [Eugenio Rignano, Nachtrag der Redaktion] Der schlägt vor, je älter das Vermögen, desto höher die Steuern. Das hätte den kleinen Nebeneffekt, dass heute niemand mehr von dem Vermögen profitieren würde, was beispielsweise im Sklavenhandel gemacht wurde.
Neuhäuser: Ich kenne Daniel gut, und wir streiten viel darüber. Ich habe da eher einen technischen Vorbehalt. Wenn wir beispielsweise ein Unternehmen haben, das soundso viel Wert ist, dann ist es schwierig zu sagen, welcher Wert ist der Wert, der drei Generationen alt ist? Und was ist der Wert, der jetzt dazugekommen ist? Es kann ja sein, dass das Unternehmen vor fünf Jahren vollkommen an Wert verloren hat und ich mich dann ins Zeug gelegt und einen Riesenwert wiederaufgebaut habe. Also, da gibt es technische Probleme.
Was Daniel Halliday damit möchte, ist genau das, was Sie auch gesagt haben: Was ich selbst geleistet habe, das darf ich noch frei weitergeben. Aber das, was mir von meiner Elterngeneration geschenkt wurde, darf ich nicht selbst frei weitergeben, weil das ja nicht etwas ist, was ich mir meinem Fleiß erreicht habe.
Deutschlandfunk Kultur: Das darf ich nur verprassen.
Neuhäuser: Ich denke stärker ergebnisorientiert als er und frage mich: Welche Effekte hat das beispielsweise für faire Chancengleichheit? Und wenn es nichts daran ändert, dass die Chancen sehr ungleich verteilt sind, dann würde ich sagen: Das reicht als Maßnahme nicht, beispielsweise auf dem Wohnungsmarkt. Man muss sich auch klarmachen, Wohnen ist nicht einfach nur die Befriedigung eines Grundbedürfnisses. Sehr viele Menschen träumen von ihren eigenen vier Wänden, von ihrem eigenen Zimmer. Das finde ich auch sehr nachvollziehbar. Das ist eben ein Lebenstraum. Und wenn man, wie Sie richtig gesagt haben, in einer Stadt lebt, in der man diesen Traum durch eigene Arbeit nicht mehr erreichen kann, dann ist es so, dass wir grundsätzlich in der Anreizstruktur, aber auch in der Möglichkeit für Menschen, ihr gutes Leben zu realisieren, ein großes Problem haben.

Reichtum als Motivation

Deutschlandfunk Kultur: Andererseits könnte ich Ihnen entgegenhalten: Wenn Sie große Erbschaften, große Vermögen alle wegversteuern, um nicht zu sagen vergesellschaften - warum sollte sich dann noch jemand anstrengen in der Gesellschaft? Denn bisher ist Reichtum doch ein unheimlich großer Motivator für Viele.
Neuhäuser: Das Argument habe ich, ehrlich gesagt, noch nie verstanden.
Deutschlandfunk Kultur: Sie wollen nicht reich werden.
Neuhäuser: Tatsächlich hatte ich mal die Möglichkeit in meinem Leben, reicht zu werden. Das war aber mit Tätigkeiten verbunden, die ich so blöd fand, dass ich mich dann dagegen entschieden habe. Nach meiner eigenen Definition bin ich ja als Universitätsprofessor hart an der Grenze zum Einkommensreichtum. Aber was ich meine: 95 Prozent der Bevölkerung arbeiten hart, ohne jemals irgendeine Chance zu haben, reich zu werden.
Das heißt, wir reden dann über maximal fünf Prozent der Bevölkerung, von denen wir glauben, die würden das, was sie tun, niemals tun, wenn sie damit nicht reich werden könnten. Das glaube ich einfach nicht.
Die meisten dieser Tätigkeiten sind doch auch interessant und intrinsisch wertvoll. Die Leute würden es trotzdem machen. Und es ist auch nicht so, dass ich denke, dass man Reichtum ganz verbieten muss. Bei Superreichtum bin ich der Meinung, dass es den nicht geben sollte.
Deutschlandfunk Kultur: Was ist "Superreichtum"?
Neuhäuser: Das kann man unterschiedlich definieren, aber ich denke, wenn man zurzeit mehr als dreißig Millionen Euro Vermögen hat und mehr als eine Million Einkommen im Jahr. Das ist also ein sehr kleiner Bestandteil, aber es ist ein mächtiger Bestandteil der Bevölkerung.

Vermögen besteuern oder Erbschaften?

Deutschlandfunk Kultur: Es gibt eine doppelte Spaltung in der Bevölkerung. Zum einen, wie Sie vorhin schon gesagt haben, gingen die Einkommen in Deutschland eine Zeitlang auseinander, das hat aber aufgehört. Die Einkommen – Gehälter, Löhne - liegen nicht so drastisch auseinander, aber die Vermögen. Und das dürfte auch an den Erbschaften liegen.
Es gab im Sommer eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, DIW. Danach ist der sogenannte Gini-Koeffizient auf 0,83 gestiegen. Dieser Gini-Koeffizient sagt etwas über die Verteilung des Vermögens aus. Wenn es komplett gleichmäßig verteilt ist, dann liegt er bei null. Und wenn nur ein Mensch das gesamte Vermögen besitzt, dann liegt er bei Eins. Und Deutschland liegt bei 0,83. Das ist international ziemlich hoch. Die USA liegen nur leicht darüber, 0,85. Man kann es auch anders ausdrücken: Ein Zehntel der Bevölkerung in Deutschland besitzt über zwei Drittel des gesamten Vermögens.
Trotzdem, nach Umfragen ist die Mehrheit der Deutschen, siebzig Prozent nämlich, für eine Vermögenssteuer. Aber eine ebenso große Mehrheit, nämlich siebzig Prozent, gegen eine Erbschaftssteuer, also eine höhere Erbschaftssteuer. Das ist doch verrückt.
Neuhäuser: Ja, das ist interessant. Das kann ich auch nicht erklären. Ich würde gerne mit den Leuten über die Gründe reden. Leider wird in den Sozialwissenschaften immer abgefragt, "wer ist dafür, wer ist dagegen?". Und es wird nicht so viel danach gefragt, "was sind denn eure Gründe dafür?". Was diese Untersuchungen sehr viel komplizierter machen würde. Und ich würde das wirklich gerne verstehen.
Ich glaube, bei Erbschaften sind auch sehr viele falsche Meinungen im Spiel. Dass man dann das kleine Häuschen nicht mehr an die eigenen Kinder vererben kann, die wollen da aber gerne leben, da spielen viele familiäre Werte eine Rolle. Oder viele denken, die Familienunternehmen gingen alle kaputt, dabei sei der Mittelstand doch so wichtig für die deutsche Wirtschaft.

Einkommen wird unwichtiger

Deutschlandfunk Kultur: Ist er ja auch.
Neuhäuser: Ja. Aber es gibt technische Lösungen, die zeigen, dass das überhaupt nicht das Problem ist. Beispielsweise können die Eigentümer von Unternehmen festlegen, wer das Vorkaufsrecht hat. Dann kann man für den Kauf von Unternehmen quasi staatlicherseits zinslose Kredite zur Verfügung stellen. Und ich als Kind eines Unternehmers oder einer Unternehmerin kann dieses Unternehmen mit einem zinslosen staatlichen Kredit kaufen, den ich nur über die Gewinne des Unternehmens im Laufe der Zeit abzahle. Ich kann mir überlegen, ob ich das machen will oder nicht.
Solche Lösungen gibt es, die werden schon lange diskutiert. Ich glaube, dass die Vermögenssteuer nicht ausreicht, sondern dass es über eine Erbschaftssteuer laufen muss, um diese sehr ungleichen Vermögen doch ein bisschen stärker über die Zeit hinweg anzugleichen.
Es ist auch kein Zufall, dass die Einkommen nicht so ungleich sind, sondern die Vermögen. Denn ich glaube, dass wir darauf zu steuern, dass markwirtschaftliche organisierte Arbeit immer unwichtiger wird, und die Gewinne und Profite über Vermögen verteilt werden.

"Superreichtum" verbieten?

Deutschlandfunk Kultur: Hundert Prozent Steuer heißt im Grunde genommen, große Vermögen verbieten, oder super große Vermögen. Das schreiben Sie auch in Ihrem Buch. Es klingt ein bisschen naiv, fürchte ich, leider. Aber eine Frage zum Schluss, Herr Neuhäuser: Warum reiben Sie sich überhaupt so am Reichtum und nicht an der Armut?
Es gibt ja diesen schönen Slogan: "Reiche Eltern für alle!" Sie scheinen eher zu fordern, "Reiche Eltern für niemanden!"
Neuhäuser: Zu der Naivität: Das stimmt natürlich, das ist gegenwärtig politisch naiv. Aber ich bin halt Philosoph. Wir haben damit nicht so ein Riesenproblem, auch weil sich Naivität im Laufe der Geschichte oft doch umdreht. Gegen die Sklaverei zu sein, für die Abschaffung der Sklaverei, das war auch einmal naiv. Für ein Wahlrecht der Frauen zu sein, das war auch einmal naiv. Also, da bin ich zuversichtlich.
Das Zweite ist: Mein Reichtumsbegriff ist ein relativer Reichtumsbegriff. Ich habe kein Problem damit, wenn alle Menschen in Wohlstand leben. Und Wohlstand ist für mich kein relativer Begriff. Und das tun wir ja faktisch auch. Wir haben zweihundertmal so viel Wohlstand wie noch vor 150 Jahren. Das finde ich –
[Und in diesem Moment war die Leitung zu Ende. Schade.]


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