Ungewöhnliche documenta-Orte

Sozialtourismus in einem brisanten Viertel

Das Brutalismus-Postamt wird documenta-Kantine und Austellungsgebäude.
Das Brutalismus-Postamt wird documenta-Kantine und Austellungsgebäude. © Deutschlandradio / Ludger Fittkau
Von Ludger Fittkau · 19.06.2017
Das riesige Postamt in der Kasseler Nordstadt steht seit Langem teilweise leer. In einigen Bereichen wird das Gebäude im Brutalismus-Stil von der Post genutzt, die anderen Flügeln beherbergen Sozialprojekte und ein Fitness-Studio - nun zieht die documenta 14 hier ein.
Eine Autofahrt durch die Kasseler Nordstadt – ein altes Arbeiter- und Einwandererviertel. In diesem Sommer aber auch ein wichtiger Ausstellungssektor der documenta 14:
"Wir sind jetzt gerade hier an der Ecke Jägerstraße. Manche Kasselaner bezeichnen das als sozialen Brennpunkt, andere eben als ganz normales migrantisches Viertel."
Am Steuer des Wagens, der an einem hässlichen Wohnblock mit unzähligen Satellitenschüsseln vorbeifährt, sitzt Christoph Platz. Er leitet die Ausstellungsabteilung der documenta 14:
"In der Tat ist es so, dass natürlich hier ganz verschiedene Gruppen aufeinandertreffen. Das hier beispielsweise gerade auch ein phantastischer syrischer Supermarkt aufgemacht hat und wir nicht weit weg von der Uni sind. Dennoch ist natürlich die Kasseler Nordstadt ja im Grunde sozial brisanter Bereich. Weil natürlich hier sehr viele Gruppen angesiedelt sind mit niedrigem Einkommen. Mit um die Ecke Straßenprostitution und ähnlichen Sachen. Es ist also spannend …"

Zwischen Agiprop und Kunst

Christoph Platz stoppt das Auto an einem riesigen Waschbetongebäude und geht zu Fuß durch eine breite Toreinfahrt auf den weitläufigen Innenhof des unansehnlichen Gewerbekomplexes:
"Dieses Waschbetongebäude hier , das wie gesagt ein riesiger Komplex ist mit sehr vielen Quadratmetern wird eben von der Deutschen Post in einem kleinen Bereich, von Mc Fit in einem anderen und von Hephata in einem dritten genutzt."
Hephata ist eine Sozialeinrichtung der evangelischen Kirche, Mc Fit eine Fitnessstudio-Kette.
Wie so oft bei dieser documenta 14 verschwimmen auch an diesem ungewöhnlichen Ausstellungsort die Grenzen von Kunst, Agitprop und Sozialtourismus.
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