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Christian von Stetten (CDU)
Erbschaftsteuerreform ist "ein guter Kompromiss"

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten hält die vereinbarte Reform der Erbschaftsteuer für einen guten Kompromiss, um "die Familienunternehmen im Lande zu behalten". Wenn die Kinder übernähmen, werde man künftig einen Großteil der Firma steuerfrei in die nächste Generation bringen können, sagte er im DLF.

Christian von Stetten im Gespräch mit Daniel Heinrich | 22.09.2016
    Der CDU-Politiker Christian Freiherr von Stetten.
    Die Gefahr einer Verfassungsklage bestehe bei einem solchen Gesetzgebungskomplex wie der Erbschaftsteuer immer, sagte Christian von Stetten (CDU) im DLF. (imago / Müller-Stauffenberg)
    Das Interview in voller Länge:
    Daniel Heinrich: Am Telefon ist Christian von Stetten (CDU), Vorsitzender des Parlamentskreises Mittelstand der Union. Herr von Stetten, Horst Seehofer ist sehr zufrieden. Sie auch?
    Christian von Stetten: Ja. Das erzielte Ergebnis spiegelt im Prinzip die Mehrheitsverhältnisse im rot-grün dominierten Bundesrat wieder und von daher sind die jetzt erzielten Ergebnisse wahrscheinlich das Maximalste, was die Verhandlungsführer rausholen konnten.
    Heinrich: Glück hört sich anders an.
    "Als Kompromiss kann man das so stehen lassen"
    von Stetten: Nun, es ist so: Es ist eine Erbschaftssteuer, die den Ländern zusteht, und deswegen haben die Bundesländer auch ein besonderes Gewicht. Wenn ich allein zu entscheiden hätte, hätte ich vielleicht das eine oder andere noch geändert, aber ich glaube, als Kompromiss kann man das so stehen lassen. Es ist immerhin gelungen, die Änderungen, die die rot-grünen Bundesländer durchsetzen wollten, was wirklich massive Verschlechterungen und auch Gefährdungen der deutschen Familienunternehmen bedeutet hätte, dann doch zu verhindern.
    Heinrich: Was hätten Sie denn geändert?
    von Stetten: Wir haben jetzt bei den Stundungsregelungen einen Zinssatz von sechs Prozent. Das halte ich zwar etwas für weltfremd, aber es ist eben der Steuersatz, der bei Stundung momentan gewährt wird. Und auch der Bewertungsfaktor, der jetzt gefunden worden ist, das 13,75fache des Ertrages eines Unternehmens, wenn man berechnet, was das Unternehmen wert ist, finde ich etwas zu hoch. Aber wenn man bedenkt, dass die Bundesländer das 18fache haben wollten, dann ist das, glaube ich, mit 13,75 noch erträglich.
    Heinrich: Volker Wissing - das ist ein Finanzexperte bei der FDP -, der hat in unserem Programm gesagt, eine Klage reicht und "das Ganze fällt wie ein Kartenhaus in sich zusammen". Sehen Sie diese Gefahr auch?
    von Stetten: Die Gefahr besteht immer bei einem Gesetzgebungskomplex, das wirklich so kompliziert und komplex ist, und deswegen bin ich mir auch sicher, dass es eine Verfassungsklage geben wird. Aber da werden die Verfassungsrichter jetzt entscheiden. Wir haben uns eng orientiert an dem, was die Verfassungsrichter uns aufgegeben haben, und vor Gericht und hoher See, da ist man in Gottes Hand.
    Nur mit Flat Tax möglich: "hundertprozentig verfassungssicheres Gesetz"
    Heinrich: Es gibt doch noch Schlupflöcher?
    von Stetten: Nein, es geht nicht um Schlupflöcher, sondern wir wollen bei der Erbschaftssteuer, wenn man etwas ganz gerecht machen möchte und viele Ausnahmen einbringt, dann kann es auch passieren, dass Verfassungsrichter das eine oder andere anders sehen. Wenn Sie ein hundertprozentig verfassungssicheres Gesetz machen wollten, dann hätten Sie eine Flat Tax machen müssen, über die ich auch gerne diskutiert hätte, was aber mit den Mehrheitsverhältnissen im Bundesrat nicht möglich gewesen wäre. Aber das wäre dann absolut verfassungsfest gewesen.
    Heinrich: Sie schieben die Schuld wem zu, der SPD?
    von Stetten: Wir haben im Vorfeld über zwei Punkte gesprochen. Das Erste war: Es handelt sich ja hier um eine Ländersteuer. Das heißt, die Steuereinnahmen stehen den Ländern zu. Da ist die Frage, warum muss der Deutsche Bundestag da überhaupt drüber diskutieren, während dem die Bundesländer ja auch Ansprüche stellen. Deswegen ist von Anfang an klar gewesen: Wir hätten als Bund auf diese Gesetzgebungskompetenz verzichtet und jedes Land hätte gerne selber entscheiden dürfen. Das ist aber erstaunlicherweise so gewesen, dass die Länder das nicht wollten, und von daher müssen wir uns mit dem Thema beschäftigen. Und dann wollen die Länder auch mitreden, weil es eben ihre Steuer ist, und dann wird es kompliziert, und alles, was kompliziert ist, ist natürlich juristisch anfällig.
    Flat Tax: "Dieses Verhetzungspotenzial hat die SPD scheinbar gescheut"
    Heinrich: Auch der Sachverständigenrat hat sich für diese Flat Tax ausgesprochen. Warum haben Sie sich denn als stärkerer Verhandlungspartner da nicht durchsetzen können?
    von Stetten: Wir haben das in den Verhandlungen besprochen und da war relativ klar, dass bei der SPD da Ablehnung ist. Sie müssen sich vorstellen: Es ist natürlich ein großes Verhetzungspotenzial. Momentan liegt der Spitzensteuersatz bei Familienangehörigen bei 30 Prozent, mit vielen Ausnahmen, sodass wesentlich weniger gezahlt werden muss. Hätten wir uns auf 10 Prozent geeinigt, hätten wir ungefähr genauso viel Steuereinnahmen gehabt wie heute, aber der eine oder andere hätte dann gesagt, warum senkt ihr den Reichen die Steuern von 30 auf 10 Prozent. Dieses Verhetzungspotenzial hat die SPD scheinbar gescheut.
    Heinrich: Herr von Stetten, Sie sind selber Unternehmer. Was sagen Sie denn Familienunternehmen, die sagen, dass Planungssicherheit jetzt nicht gewährleistet ist?
    von Stetten: Doch, die Planungssicherheit ist da. Wir haben ein Gesetz, was jetzt der Bundestag, oder ein Vermittlungsergebnis, das bestätigt wird, und auch der Bundesrat. Und selbst wenn irgendwann ein Verfassungsgericht diese Regelung angreift, gilt selbstverständlich, dass wer jetzt in dieser Zeit schenkt und wer dann auch vererbt, dass das erhalten bleibt. Das heißt, rückwirkend wird ein solches Gesetz nie geändert.
    Das Schlimmste, dass große Familienunternehmen uns den Rücken kehren
    Heinrich: Sie können sozusagen den Familienunternehmen oder den Unternehmen generell sagen, ja, investiert weiter, bleibt weiter in den Ländern?
    von Stetten: Das war ja unser Ziel. Das Schlimmste was passiert wäre, dass große Familienunternehmen Deutschland den Rücken kehren wegen der Erbschaftssteuer. Wenn Unternehmen Deutschland verlassen wegen hohen Lohnkosten, oder weil die Kunden ins Ausland gezogen sind, dann ist dies das eine. Aber es durfte nicht passieren - und das war die Gefahr mit den Vorschlägen aus dem Bundesrat -, es durfte nicht passieren, dass auch nur ein einziger deutscher Unternehmer oder ein einziges deutsches Unternehmen unser Land verlässt.
    Und wenn ich das noch sagen darf: Es ist ja auch so eine Diskussion. Wir haben natürlich einen Wettbewerbsnachteil für Familienunternehmen. Wenn sie die Erbschaftssteuer zahlen müssen in erkläglicher Höhe, dann haben sie bei der Preiskalkulation gegenüber DAX-Unternehmen, die ja keine Erbschaftssteuer haben müssen, immer einen Wettbewerbsnachteil, wenn sie bei der Preiskalkulation die Erbschaftssteuer noch draufschlagen müssen. Das konnten wir jetzt verhindern und ich glaube, das ist ein gutes Ergebnis.
    Heinrich: Die Kritik, die kommt - ich beharre mal ein bisschen darauf -, die kommt auch noch aus einer anderen Ecke. Gerhard Schick von den Grünen sagt: Große Vermögen, wenn sie vererbt werden, werden sie einen geringeren Steuersatz haben als kleinere. Finden Sie das nicht ungerecht?
    Große Vermögen ohne gesellschaftliche Bindung maximal besteuert
    von Stetten: Das kommt auch darauf an. Wenn Sie ein großes Vermögen haben, was keine gesellschaftliche Bindung hat und wo Sie auch keine Arbeitsplätze garantieren, dann ist das völlig falsch. Dann wird das mit 30 Prozent auch in Zukunft besteuert. Und wenn ein Firmeninhaber sein Unternehmen vererbt und die Kinder verkaufen das und wandern nach Mallorca aus oder was auch immer, dann ist die Erbschaftssteuer auch das Maximalste. Das ist auch so gewollt.
    Wenn jetzt aber die Kinder, der Sohn oder die Tochter ins Unternehmen einsteigt, die Mitarbeiter behält, nicht kündigt, das Risiko eingeht, dann haben wir Möglichkeiten geschaffen, dass zumindest ein Großteil dieses Unternehmens erbschaftssteuerfrei in die nächste Generation geht, und das muss auch Herr Schick von den Grünen wissen. Das ist sinnvoll und auch notwendig, denn nur so können wir die Familienunternehmen im Lande behalten.
    Heinrich: Bei der ganzen Kritik, wie blicken Sie der Abstimmung im Bundesrat entgegen? Letzte Frage.
    von Stetten: Völlig gelassen, denn der baden-württembergische Ministerpräsident, auch wenn er den Grünen angehört, ist auch der Meinung, dass das ein guter Kompromiss ist. Er wird da zustimmen. Ich gehe auch davon aus, dass das von den Grünen mitregierte Land Hessen dementsprechend zustimmen wird, und auch sogar Nordrhein-Westfalen - da bin ich mir relativ sicher, nachdem der dortige Finanzminister maßgeblich bei den Verhandlungen dabei war - wird auch zustimmen, sodass die Mehrheit gesichert ist.
    Heinrich: Das sagt Christian von Stetten (CDU), Vorsitzender des Parlamentskreises Mittelstand der Union. Vielen Dank für das Gespräch.
    von Stetten: Danke schön!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.