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Klassen-Aufteilung im Flugzeug
Vorne hui, hinten pfui?

Den Fluggästen in der First- und Business Class wird zunehmend mehr geboten. Das zeigt sich auch auf der Aircraft Interior Expo, einer Messe in Hamburg, in der es um die Kabinenausstattung geht. In der Economy gilt hingegen eine andere Devise: Hier sollen immer mehr Passagiere auf dichtem Raum sitzen.

Von Axel Schröder | 05.04.2016
    Ein fliegendes Flugzeug aus der Froschperspektive
    Einen Trend zu mehr Arm- und Beinfreiheit sucht man im Economy-Segment der Flugzeugausstattungen vergeblich. (dpa/ picture-alliance/ Horst Ossinger)
    Vor Dominik Schmitt von der französischen Firma ISS steht ein Flugzeugsitz, in dem die meisten Fluggäste niemals Platz nehmen werden. Das breite, schwarzgemusterte, von einem Möbeldesigner entworfene Polster lässt sich in jede erdenkliche Sitz- oder Liegeposition verstellen.
    "Die wird hauptsächlich mit dem Smartphone gesteuert. Da gibt es einen Code und die Person, die sich in den Sitz setzt, die hat diesen Code und die kann das alles von selbst steuern: die Lampen, die Stimmung, anschalten, ausschalten, das ganze Szenario, das kann sie einstellen."
    Auf der Hamburger Aircraft Interior Messe werden aber natürlich auch Sitze für Normalsterbliche präsentiert. Zum Beispiel vom süddeutschen Hersteller Recaro:
    "Das Produkt ist der BL 3710, unser neues Kurzstrecken-, Economy-Class-Produkt. Hat ein sehr schlankes Design, so dass der Sitz möglichst wenig Platz benötigt und dem Passagier möglichst viel Platz gibt."
    Und dabei gelten, erklärt Recaro-Chef Mark Hiller, bestimmte Mindestbreiten, auch Mindesthärtegrade für die Sitze, die man auch auf Kundenwunsch nicht unterschreiten werde. Einen Trend zu mehr Arm- und Beinfreiheit sucht man in Economy-Segment der Flugzeugausstattungen vergeblich. Aber immerhin setzen die Airlines auf eine steigende Segmentierung ihres Angebots. Längst gibt es nicht nur die Economy- die Business und First-Class, sondern oft bis zu sechs verschiedene Abstufungen, je nach Geldbeutel.
    Breitband-Internet für alle Fluggäste
    Wer für sein Flugticket tief in die Tasche greift, wird in Zukunft von einer Innovation profitieren, die gute Chancen hat, den jedes Jahr vergebenen Preis der Messe, den "Crystal Cabin Award", zu gewinnen: Das erste Induktions-Kochfeld, entwickelt von Lufthansa Technik:
    "Ich kann mir jetzt frisch ein Spiegelei machen! Oder ein Rührei, was ich bisher im Flugzeug nicht kann! Ich kann im Flugzeug eben nur warm machen, aber ich kann da nicht kochen."
    Eine andere Innovation, erklärt Thomas Erich von Lufthansa Technik, sei hingegen nicht nur für die oberen Zehntausend, sondern für alle Passagiere gedacht:
    "Der große Trend in der Kabine ist das Stichwort "Conectivity". Das heißt, alles was Verbindungen vom Flugzeug nach draußen angeht. Wir haben die Technologie, auch Kurz- und Mittelstrecken-Flugzeuge mit Breitband-Internet ausstatten zu können. Das ist also im Moment wirklich der Trend, dass die Passagiere mit ihrem eigenen Smartphone, mit ihrem eigenen Tablet ins Flugzeug kommen und dieselben Anwendungen erwarten wie zu Hause!"
    Technisch möglich sei es mittlerweile sogar, an Bord mit dem eigenen Gerät zu telefonieren. Ob und wenn ja, wem die Fluggesellschaften diese Freiheit gestatten, ist aber noch nicht absehbar. Auch den Geräuschpegel, das Dröhnen der Triebwerke können die Ingenieure immer besser dämpfen. Zu leise dürfe es an Bord aber auch nicht sein. Denn dann, das haben Umfragen unter Passagieren ergeben, wäre man allzu schnell genervt vom Zeitungsrascheln, Husten, dem Geplauder der Mitreisenden. Neue Technik für Jetlag-geplagte Menschen will der Flugzeugbauer Airbus auf den Markt bringen. Mit speziellen Lichtfrequenzen soll die Produktion des körpereigenen Botenstoffs Melatonin angeregt werden, erklärt Ingo Wuggetzer von Airbus:
    "Und wenn ich die entsprechend beeinflussen kann, dann kann ich bis zu drei Stunden Zeitunterschied im Körper quasi simulieren."
    Mit diesem Trick lässt sich der Körper bei langen Flugreisen also überlisten. Nur die Idee, wie man den Economy-Class-Passagieren eine größere Beinfreiheit vorgaukelt kann, die gibt es noch nicht.