Umstrittener Werbefilm eines Rasierer-Herstellers

"Ich bin dankbar für diesen Clip"

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Screenshot von YouTube: Männer stehen hinter ihren Grills
Was ist typisch männlich? Der Werbespot sucht darauf eine zeitgemäße Antwort. © Youtube / Gillette / Screenshot
Nils Pickert im Gespräch mit Shanli Anwar · 16.01.2019
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Der Werbefilm des Rasierer-Herstellers Gillette propagiert ein neues Männerbild. Er richtet sich gegen sexuelle Belästigung. Ist das nur Verkaufsstrategie oder auch Zeichen für den Wandel? Journalist Nils Pickert begrüßt die umstrittene Kampagne.
Das Motto des Werbevideos lautet "Der Glaube an das Beste im Mann". Damit sind in dem Clip Männer gemeint, die sich gegen Mobbing, sexuelle Belästigung und Schlägereien stellen – insgesamt gegen sogenannte toxische Männlichkeit. Der Werbefilm, der sich auf die #Metoo-Debatte bezieht, wird von einigen gefeiert, aber in der Mehrheit im Netz als feministische Propaganda kritisiert.

"Zeit, etwas zu tun"

Man habe den Geist der Zeit erkannt und visiere gleichzeitig eine neue Zielgruppe an, sagt Nils Pickert, Chefredakteur von "Pinkstinks", einer Protest-Organisation. Diese setzt sich gegen Sexismus und Homophobie ein, bei ihr kann man auch sexistische Werbung melden: "Ich glaube, dass sie diesen Zeitgeist zum einen zufriedenstellen wollen, aber dass sie auch gemerkt haben, dass sich tatsächlich etwas verändert und dass es Zeit ist, etwas zu tun."
Pickert verweist darauf, dass die Vereinigung der amerikanischen Psychologinnen und Psychologen ein umfangreiches Papier herausgegeben habe, um zu zeigen, wie traditionelle Männlichkeitsbilder krankmachen können und wie sie dafür sorgen, dass sie die Lebenserwartung verkürzen. Der Clip sei sowohl Verkaufsstrategie als auch ein Zeichen für den Wandel, findet der Chefredakteur von "Pinkstinks".
Screenshot von YouTube: Eine rothaariger Kunge schaut vor grünemHintergrund in die Kamera. Über senem Gesicht ist die Schrift "The best a man can get" zu lesen.
Der Werbespot umwirbt auch schon mal die Kunden von morgen. © YouTube / Gillette / Screenshot

Manche sind "sehr wild dagegen"

Der Journalist zieht eine Parallele zu einer Werbekampagne von Nike mit dem Footballspieler Colin Kaepernick:
"Er protestiert seit zweieinhalb, drei Jahren gegen Rassismus und rassistische Gewalt in den Vereinigten Staaten, indem er kniet, während die Hymne läuft und sich damit einen Shitstorm eingefangen hat, wo Leute ihre Nike-Schuhe verbrannt haben und gesagt haben: Das kaufe ich nicht mehr! Dann ist das genau das, was auch mit Gillette passiert. Das heißt, es gibt Leute, die sind sehr, sehr wütend und sehr wild dagegen."

Für ein gewaltfreies Männerbild

Pickert stimmt es hoffnungsvoll, dass ein Großkonzern wie Procter & Gamble, zu dem Gillette gehört, auf ein neues, modernes, gewaltfreies Männerbild setzt:
"Es kann passieren, dass Leute das ablehnen, dass sie sich abgestoßen fühlen. Toxische Männlichkeit ist ein schwieriges Thema, weil Männer oft das Gefühl haben, es meint sie und nicht ein gewisses Set von Verhaltensmustern und Regeln, das man ihnen beigebracht hat, um sich angeblich genau wie ein Mann zu verhalten. Aber diese Debatte ist überfällig und ich bin dankbar für diesen Clip."
(cosa)
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