Ultraschall Berlin 2015

Ein Sommertag

24.01.2015
Ein Festival, zwei Sender und viele musikalische Entdeckungen - Ultraschall Berlin bietet auch dieses Jahr ein reichhaltiges Programm. Heute beginnen wir den dritten Abend mit einem Porträtkonzert des Schweizer Komponisten Michael Pelzel. Darauf folgt live aus dem Radialsystem V die erste Oper des Münchner Komponisten Nikolaus Brass nach einem Theaterstück von Jon Fosse.
"Meiner Meinung nach bezieht die Kunst ihre Würde aus ihrer erneuernden Energie" - das sagt Helmut Lachenmann, der dieses Jahr 80 Jahre alt wird. Doch nicht nur Vaterfiguren wie Lachenmann oder Nikolaus Brass widmet sich Ultraschall Berlin, sondern auch zahlreichen jüngeren Komponisten. Mehr als 25 Ur- und Erstaufführungen – unter anderem von Michael Pelzel, Sergej Newski, Sarah Nemtsov und Vito Žuraj – bilden mit Wiederaufführungen wichtiger Werke der jüngsten Vergangenheit ein Netz von Bezügen und neuen Kontexten.
Es ist seit jeher der Ehrgeiz von Ultraschall Berlin, das Deutschlandradio Kultur und das Kulturradio vom RBB gemeinsam veranstalten, die besten Interpreten von Neuer Musik einzuladen. In diesem Jahr sind die großen Ensembles wie das Klangforum Wien, das Ensemble Modern, das ensemble recherche oder die Neuen Vocalsolisten Stuttgart ebenso vertreten wie jüngere Formationen, darunter das Trio Catch, das zu den hoffnungsvollen Entdeckungen der Neue Musik-Szene gehört, oder das Ensemblekollektiv Berlin.
Sein Ziel sei es, den Hörer "in einen traumhaften Sog von Farben und Klangströmen zu entführen", sagt der Schweizer Komponist Michael Pelzel. Dabei arbeitet er mit äußerster Präzision, mit klarem Sinn für das Detail und einer Liebe zum Exzentrischen, ja Manieristischen. "Das Raffinierte, das Feine, das Ziselierte steht am Anfang und wird rückverwandelt in die rohe Kraft, in Urgewalt. Man kann sich das vorstellen wie einen Strom, in dem verschiedene Elemente mitgerissen werden, mal ein Fisch hochspringt, wieder verschwindet, ein altes Blech fast zum Vorschein kommt, wieder verschwindet, ein Holzast, von mir aus ein Baum mitschwimmt, mal eine Coladose und verschiedene Elemente parallel mitgerissen werden und entwickelt werden." Seit einigen Monaten ist Pelzel Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD. Im gemeinsamen Konzert von Ultraschall Berlin und BKP spielt das Klangforum Wien drei groß besetzte Ensemblewerke, in denen Pelzels Kompositions- Artistik wunderbar zum Tragen kommt.
Eine Frau wartet auf ihren Mann, der vor langer Zeit auf den Fjord hinausfuhr und spurlos verschwand. In Rückblenden erinnert sie sich an diesen Tag, den Besuch ihrer Freundin, die Sprachlosigkeit in ihrer Beziehung, ihre Angst und ihr allmähliches Begreifen... Der Münchner Komponist Nikolaus Brass hat in seinem ersten Musiktheater die bedrückende Atmosphäre von Jon Fosses Theaterstück "Sommertag" musikalisch aufgenommen und eindringlich in Musik übersetzt. Die Aufhebung der Zeit – für Brass seit langem schon Thema seines Komponierens – wird in seiner Musik unmittelbar erfahrbar. In eineroffenen Szene, ohne Trennung zwischen Bühne und Publikum, spielt sich ein packendes Drama der Erinnerung ab. Nikolaus Brass schrieb sein Musiktheater den Neuen Vocalsolisten auf den Leib. Die Uraufführung war einer der Höhepunkte der Münchener Biennale für neues Musiktheater 2014. Jetzt ist das Stück im Rahmen von Ultraschall Berlin erstmals in Berlin zu erleben.
Ultraschall Berlin - Festival für neue Musik
Hebbel am Ufer Berlin, HAU 2
Aufzeichnung vom 23. Januar 2015
Porträtkonzert Michael Pelzel
Michael Pelzel
"... along 101 ... " für Ensemble
"... sentiers tortueux ..." für Ensemble
ca. 19.45 Uhr Konzertpause, darin:
Ein Hang zum Manieristischen? - Leonie Reineke über den Komponisten Michael Pelzel
Michael Pelzel
"Sempiternal Lockin" für Ensemble (Uraufführung)
Klangforum Wien
Leitung: Johannes Kalitzke
21.00 Uhr
Live aus dem Radialsystem V, Berlin
Nikolaus Brass
"Sommertag" - Kammermusiktheater nach dem gleichnamigen Bühnenstück von Jon Fosse
Konzeption und Textfassung: Nikolaus Brass
Neue Vocalsolisten Stuttgart:
Sarah Maria Sun, Sopran
Truike van der Poel, Mezzosopran
Susanne Leitz-Lorey, Sopran
Martin Nagy, Tenor
Andreas Fischer Bass
Instrumentalsolisten:
Oliver Klenk, Klarinette/Bassklarinette
Felix K. Weber, Violine
Gunter Pretzel, Viola
Stephan Lanius, Kontrabass
Kai Wangler, Akkordeon
Fabian Strauß, Schlagzeug