Ukraine-Krise

EU-Außenminister beraten in Riga

Militärisches Gerät in der Nähe von Debalzewo in der Ukraine
Kämpfe in der strategisch wichtigen Stadt Debalzewo © dpa / picture alliance / Dan Levy
Von Annette Riedel · 06.03.2015
Die EU hält trotz der offenkundigen Verstöße gegen den Waffenstillstand in der Ostukraine weiter am Minsker Abkommen fest und zieht damit mehr oder weniger an einem Strang gegenüber Moskau. Kritische Stimmen gibt es vor allem aus den baltischen Ländern.
Warum hält die EU an den Minsker Vereinbarungen zur Befriedung der Ostukraine fest, wenn sich die Verstöße gegen die Abmachungen und gegen den Geist der Abmachungen kaum zu zählen sind? Zum einen, weil es auch positive Entwicklungen gäbe, sagt zum Beispiel der Bundesaußenminister:
"Erste Schritte zum Austausch von Geiseln, eine im Ganzen deutliche Beruhigung der Kampfsituation und wir haben erlebt den Rückzug schwerer Waffen."
Die Kämpfe in der strategisch wichtigen Stadt Debalzewo, die Einnahme der Stadt durch die Separatisten – beides nach den Verabredungen von Minsk – blenden viele in der EU aus. Die Vorgänge lassen manch Einem Minsk als Makulatur erscheinen. Aber, würde zum Beispiel Frank-Walter Steinmeier jenen wohl entgegenhalten: Die Minsker Vereinbarungen sind nun mal das Einzige, was wir im Moment in der Hand haben, auf das sich alle Seiten zumindest mal mit ihrer Unterschrift festgelegt haben.
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Auch aus Sicht von Bundeskanzlerin Merkel sollte sich die EU jetzt andere Fragen stellen als die, ob das in Minsk Vereinbarte überhaupt das Papier wert ist, auf dem es aufgeschrieben wurde:
"Wie wir die OSZE-Mission so stärken können, dass die Überwachung stattfinden kann. Wie wir gegebenenfalls humanitäre Hilfe leisten können. Wie wir gemeinsam hilfreich sein können bei der Bewältigung der Reform-Agenda für die Ukraine."
Was aber ausdrücklich nicht heißt, dass die EU die Augen verschließen werde vor dem, was sie als grobe Verstöße gegen Minsk bezeichnen würde. In diesem Falle käme die Frage der Verschärfung der Sanktionen wieder auf den Tisch, wo sie beim Treffen der Außenminister in Riga erst einmal nicht liegt – vorbereitet sei man aber sehr wohl, jederzeit draufzulegen, wenn es sein müsse.
Keine Abstriche bei Sanktionen
Eine Abschwächung der Sanktionen steht ebenfalls momentan nicht zur Debatte. Wird aus Sicht Merkels so lange nicht zur Debatte stehen, wie nicht alle 13 Punkte von Minsk umgesetzt sind.
"Es gibt einen Zusammenhang zwischen den jetzt bestehenden Sanktionen und der vollständigen Umsetzung des Minsker Pakets. Die territoriale Integrität der Ukraine ist erst dann wieder hergestellt, wenn ukrainische Grenzbeamte die gesamte ukrainisch-russische Grenze wieder bewachen können."
Das ist Teil der Verabredungen, aber im Zeitplan für deren Umsetzung erst Richtung Ende des Jahres hin vorgesehen. Das würde bedeuten, dass bis dahin keine Erleichterungen bei Sanktionen denkbar sind.
Kritische Stimmen
Es gibt auch Stimmen in der EU, namentlich in den baltischen Ländern, die die Minsker Vereinbarungen ohnehin sehr kritisch sehen, wie die litauische Präsidentin Grybauskeite.
"Wir hatten schon einmal ein Abkommen von Minsk vor fünf Monaten – ein deutlich umfassenderes, das nicht umgesetzt wurde. Jetzt haben wir ein Teil-Abkommen für einen Waffenstillstand, ohne dass damit der Fluss von russischen Militärs und Waffen über die Grenze gestoppt wird. Der geht unkontrolliert weiter. Es ist ein schwaches Abkommen."
Die große Schwierigkeit der EU und zugleich die große Leistung der EU ist, gegenüber Moskau mehr oder weniger uneingeschränkt an einem Strang in die gleiche Richtung zu ziehen. Das sieht auch die EU-Außenbeauftragte Mogherini so, wenngleich sie in die Minsker Vereinbarungen nicht einbezogen war, nur über sie informiert wurde.
"Wir haben unsere Reaktionen koordiniert: zwischen der EU-Kommission, EU-Ratspräsident Tusk und den 28 Mitgliedsländern, sodass wir tatsächlich mit einer Stimme sprechen. In schwierigen Zeiten unsere Einheit zu bewahren – das ist unsere große Stärke."
Wobei 'schwierige Zeiten' tatsächlich noch ziemlich untertrieben ist. Es steht in der Ukraine nicht mehr und nicht weniger auf dem Spiel als die europäische Sicherheitsarchitektur, wird der Bundesaußenminister nicht müde zu sagen. Ebenso sieht es der polnische EU-Ratspräsident Tusk.
"Es hat Auswirkungen auf die gesamte geopolitische Grenzziehung nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989. Alle Vorgänge in der Ukraine haben auch mit europäischer Sicherheit zu tun."
Auch wenn sicherheitspolitische Aspekte im Moment dominieren – außer Frage ist in der EU, dass finanzielle Unterstützung für die extrem wirtschaftsschwache Ukraine an spürbare Reformanstrengungen von Kiew geknüpft sein muss. Es gelte, wie bekanntermaßen in anderen Fällen auch: Geld nur gegen Auflagen.
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