Ukraine-Krise

Die Kriegsangst der Ukrainer

Ukrainische Soldaten an einem Checkpoint in der Nähe von Slawjansk, im Hintergrund Reifen
Ukrainische Soldaten an einem Checkpoint in der Nähe von Slawjansk © AFP / VASILY MAXIMOV
Von Sabine Adler · 07.05.2014
Die Mehrheit der Ukrainer fühlt sich von Russland kriegerisch bedroht, hat eine Umfrage ergeben. Im Osten des Landes halten die Kämpfe gegen die Separatisten an.
Russland führt Krieg gegen ihr Land, davon sind laut einer aktuellen Umfrage 56 % der Ukrainer überzeugt, 38 % rechnen damit, dass die russische Armee in die Ukraine einmarschiert. Juri Jakimenko vom Kiewer Razumkow-Zentrum, das die Befragung durchgeführt hat:
"Die Mehrheit der Bürger fühlt sich von Russland bedroht. Von den russischen Streitkräften oder von prorussischen Extremisten. In der Ostukraine stellt sich allerdings ein anderes Bild dar, dort glauben die meisten, dass eine solche Bedrohung nicht existiert."
Kämpfe in Maripoul und Slawjansk
Heftige Kämpfe werden aus der Industriestadt Maripoul gemeldet, dicker schwarzer Rauch lag am Morgen über der Stadt, es soll Tote gegeben haben, die Separatisten mussten das besetzte Rathaus räumen. In Slawjansk geht die Regierung erneut gegen die pro-russischen Milizen vor, zwischen Slawjansk und Kramatorsk wurde schwere Militärtechnik gesichtet.
In Odessa ist der abgesetzte Polizeichef in der Nacht vom Geheimdienst verhaftet worden. Die Polizei soll am Freitag bei den schweren Ausschreitungen zunächst die prorussischen Kräfte unterstützt und bei der Brandkatastrophe im Gewerkschaftshaus nicht eingegriffen haben.
Präsidentschaftskandidat Poroschenko, der heute Berlin besucht, sprach von einem Terrorakt, bei dem Gift verwendet wurde, was den urplötzlichen Tod vieler Opfer erklären könnte.
71% der Ukrainer sehen Putin negativ
Laut der Umfrage des Razumkow-Instituts bewerten 71 % der Bürger den russischen Präsidenten negativ. Vitali Switschinski leitet in der südrussischen Hafenstadt Odessa die Bürgerwehr, er will seine Stadt keinesfalls kampflos den Separatisten oder gar Russland überlassen. Er hat seit Langem mit Aggressionen Russlands gegen die Ukraine gerechnet:
"Als Putin Jelzin abgelöst hat, habe ich gedacht, dass er jemand ist, der Krieg führen könnte. Er hat Hass gesät, die Propaganda im russischen Fernsehen erzählt doch schon seit Jahren, dass die Ukrainer ein Volk zweiter Sorte sind, eine solche Nation überhaupt nicht existiert, das hat auch Putin selbst gesagt. Dass Odessa, Mikolajew und Cherson eigentlich Noworossija, Neurussland sind und nicht die Ukraine."
OSZE-Vorsitzender Burkhalter in Moskau
Vor seinen Gesprächen in Moskau mit der russischen Führung hatte der derzeitige OSZE-Vorsitzende Didier Burkhalter eine Waffenruhe angeregt. Nur so könnte die Präsidentschaftswahl am 25. Mai stattfinden, sagte der Schweizer Bundespräsident. Der Aufruf des SPD-Politikers Gernot Erler, die Ukraine möge ihre Offensive stoppen, dürfte in der Ukraine auf wenig Gehör stoßen, in den vergangenen Tagen ist vielmehr gefordert worden, die Anti-Terror-Operation effizienter zu führen.
Da am Kampf gegen die pro-russischen Milizen auch Armee-Einheiten beteiligt sind, ist der Einsatz rechtlich angreifbar. Doch die Regierung in Kiew scheut sich, den Ausnahmezustand auszurufen, da dann die Wahl abgesagt werden müsste.
Die ukrainische Nationalbank bestätigte den Eingang der ersten Tranche von 3,2 Milliarden Dollar, die der Internationale Währungsfonds zur Verfügung stellt. Insgesamt sind über die nächsten zwei Jahre 17 Milliarden Dollar vorgesehen.

Programmhinweis:
Ausführlich über den Ukraine-Konflikt berichtet die "Ortszeit" ab 17:07: unter anderem über den Besuch des ukrainischen Präsidentschaftskandidaten Poroschenko in Berlin und das Treffen von OSZE-Chef Burkhalter mit der russischen Führung in Moskau.

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