Übergangsregierung

Ukraine sucht neuen Premier

Ein Ukrainer hält in Kiew die Nationalflagge in die Höhe.
Die Ukraine braucht dringend Geld, um die Veränderungen anzuschieben © picture-alliance/ dpa / Sergey Dolzhenko
Von Sabine Adler · 24.02.2014
Die Regierungsbildung in der Ukraine ist trotz der fieberhaften Arbeit des Parlaments nicht abgeschlossen, die Wahl des Regierungschefs lässt auf sich warten. Inzwischen wird Ex-Präsident Viktor Janukowitsch per Haftbefehl wegen des Vorwurfs des Massenmordes gesucht.
Janukowitschs Widersacherin Julia Timoschenko ließ erklären, dass sie bei der Präsidentschaftswahl am 25. Mai nicht antreten wird. Sie nimmt das Angebot von Kanzlerin Merkel an, sich in Deutschland behandeln zu lassen.
Der amtierende Präsident Alexander Turtschinow rief die bisherigen Anhänger von Viktor Janukowitsch auf, einen Kandidaten aufzustellen und an den Wahlen teilzunehmen.
Turtschinow: "Ich wende mich an die Bürger, die bei den vergangenen Wahlen für Janukowitsch gestimmt haben und jetzt enttäuscht sind, aber auch an die, die bis jetzt mit ihm sympathisieren. Betrachten Sie das nicht als eine persönliche Niederlage, ein Drama oder eine Niederlage. Er hat zu allererst Sie verraten. Ich glaube, dass Sie für diese freien und demokratischen Wahlen einen würdigen Kandidaten finden."
Den neuen Machthabern in Kiew liegt daran, dass sich auch der Osten des Landes an der Wahl beteiligt. Der Gouverneur von Charkow, Michail Dobkin, erklärte am Abend seine Kandidatur. Der Janukowitsch-Getreue hatte zuletzt am Samstag gemeinsam mit seinem Chef einen Parteitag für den Osten des Landes abhalten wollen, allein der Präsident war nicht erschienen, obwohl er sich bereits in Charkow aufhielt.
Worte statt Gewalt
Der neue Innenminister Awakow und Geheimdienstchef Naliwaitschenko sind auf die Krim gereist, um dort Separationsbestrebungen zu unterbinden. Mit Worten, nicht mit Gewalt, wie der Klitschko-Vertraute Nailwaitschenko betonte.
"Es ist sehr wichtig, dass niemand provoziert wird. Die Situation darf sich nicht noch einmal so entwickeln wie in Kiew, als die Sicherheitskräfte gegen das Volk vorgegangen sind. Das darf nicht geschehen, auf dem Weg des friedlichen Dialoges können wir Ruhe schaffen."
Der Fraktionschef der Janukowitsch-Partei in der Werchowna Rada, Jefremow, erklärte heute den Übergang seiner inzwischen stark geschrumpften Fraktion in die Opposition.
"Das ist eine normale Arbeit in jedem Staat und in jedem Staat muss es eine Opposition geben. Mehr noch: Die Opposition muss konstruktiv auftreten, damit sich das Land entwickeln kann."
Entscheidungen im Minutentakt
Seit der Absetzung von Viktor Janukowitsch haben sich rund 70 Volksvertreter der ehemaligen Präsidentenpartei für fraktionslos erklärt und verschaffen der bisherigen Opposition die nötigen Mehrheiten. Das Parlament arbeitet mit Hochdruck und verabschiedet neue Gesetze bzw. entlässt und ernennt Minister und Behördenchefs im Minutentakt.
Besorgniserregend ist der Vorschlag der nationalistischen Partei Swoboda von Oleg Tjagnibok, der das freie Tragen von Waffen erlauben möchte. Bereits beschlossen ist das Gesetz, das Russisch als erste Landessprache dort erlaubt hat, wo die Bevölkerung überwiegend russischsprachig ist. Es wurden fast alle Richter des Verfassungsgerichts abgesetzt, weil sie 2010 der Entmachtung des Parlaments und der Ausweitung der Vollmachten des Präsidenten zugestimmt hatten.
Ernannt wurde ein neuer Generalstaatsanwalt, ein neuer Nationalbankchef. Besorgnis hat die Mitteilung des Finanzministers ausgelöst, dass im Haushalt 25 Milliarden Euro fehlen für dieses und nächstes Jahr. Eine schnelle Kredithilfe von EU und Internationalem Währungsfonds ist nötig, denn Renten und Löhne können möglicherweise schon bald nicht mehr ausgezahlt werden.
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