Über Juden in der AfD

"Die Angst schaltet das Hirn aus"

Ein Mann trägt während einer Kundgebung vor dem Bundeskanzleramt nach dem sogenannten "Frauenmarsch 2.0" eine Kippa mit Davidstern.
Treibt Angst vor Islamisten Juden in die AfD? © picture alliance / Stefan Jaitner / dpa
Moderation: Gerald Beyrodt · 28.09.2018
Juden, die mit der AfD sympathisieren, ließen sich von der Angst vor Islamisten leiten, glaubt Elio Adler, Vorsitzender der deutsch-jüdischen WerteInitiative. Sie suchten dort den Partner mit den scheinbar breitetesten Schultern, so Adler.
Gerald Beyrodt: Es ist unglaublich, aber es ist so: Es gibt Juden, die mit der AfD sympathisieren. Ich habe selbst welche getroffen. Und das, obwohl der Parteivorsitzende Alexenader Gauland den Nationalsozialismus als Vogelschiss bezeichnete. Und Björn Höcke nannte das Holocaustmahnmal ein Denkmal der Schande. Manche Juden werden sogar Mitglied. Demnächst soll es eine Gruppe "Juden in der AfD" geben. Elio Adler ist Vorsitzender der deutsch-jüdischen  WerteInitiative – eine Gruppe für zivilgesellschaftliches Engagement. Herr Adler, was halten Sie von dieser Allianz: Juden und AfD?

"Schwer verständliche Einlassung"

Elio Adler: Rechtsextreme, Linksextreme, Islamisten – alle können sich sehr schnell auf antisemitische Bilder einigen. Die haben dann eigene Erklärungswege, wie sie dahinkommen, aber am Ende des Tages, die Endstrecke ist Antisemitismus. Und darum ist es sehr schwer verständlich, warum sich jüdische Deutsche irgendwie mit einer Partei einlassen können, sich da irgendwie annähern können, die eben im ganz rechten Spektrum unterwegs ist und die letztendlich, früher oder später, in die gleiche Endstrecke münden wird
Gerald Beyrodt: Sie sagen es ist schwer verständlich, warum es Juden gibt, die mit der AfD sympathisieren. Ich muss Ihnen sagen: Ich verstehe es auch nicht ganz .Aber es gibt sie. Wie sind denn die Beweggründe?
Elio Adler: Ja, das ist ein Thema. Das ist ein Thema, weil es einige jüdische Menschen gibt, die der AfD ihr Vertrauen schenken, ihre Stimme schenken, womöglich Mitglieder sind und darum muss man da hinschauen. Der Hauptbeweggrund, so wie wir das wahrnehmen, ist, dass diese Leute Angst haben, dass sie eine Schulter suchen, an die sie sich lehnen können, den vermeintlich massivsten Partner suchen, der sie beschützen kann. Dass man die bisherige Regierungsform, würde ich schon sagen, nicht nur die Akteure, sondern die Regierungsform für nicht geeignet hält mit dieser Herausforderung umzugehen?.

"Vermeintliche Nähe zu Israel"

Gerald Beyrodt: Das heißt aber doch, eine ganz wichtige Überschrift heißt Islamfeindlichkeit?
Elio Adler Dass die Partei versucht, sich Juden als Partner zu suchen zeigt, zeigt, dass die Partei glaubt, dass Juden irgendwie antimuslimisch eingestellt seien, was einfach Quatsch ist. Genauso die vermeintliche Nähe und positive Einstellung zu Israel von der AfD beruht einfach nur darauf, dass die AfD Israel unterstellt, dass Israel die Muslime unterdrückt, und das ist der AfD sehr sympathisch -
Gerald Beyrodt Aber den Nahostkonflikt gibt es ja schon. Man kann ja jetzt nicht sagen, dass zwischen Israelis, jüdischen Israelis, und Palästinensern ausschließlich Ringelpietz mit Anfassen herrscht, oder?

"Ganz schräger, schlimmer Vergleich"

Elio Adler: Ja, es gibt den Nahostkonflikt, und er spielt auch bei uns eine Rolle und er ist emotional sehr aufgeladen. Unsere Wahrnehmung ist aber überhaupt nicht so, dass Israel Muslime unterdrückt oder irgendwie sowas. Sondern Israel befindet sich in der Situation, dass es ein Rechtsstaat ist, eine Demokratie ist, und sich konfrontiert sieht mit einer Gruppe von Menschen, seien es Teil der palästinensischen Bevölkerung oder Teile der umgebenden Staaten, die die Vernichtung des Landes als politisches Ziel haben.
In diesem Zusammenhang ist das teilweise für unsere Verhältnisse hier in Europa etwas breitschultrige Auftreten von Israel zu verstehen, im Sinne von Selbstbehauptung. Das wirkt vielleicht für unsere Verhältnisse hier nicht immer sympathisch. Aber man muss das ganze im Kontext verstehen. Und darum ist der Vergleich, den die AfD hier bewusst oder unbewusst zieht, nämlich, dass Israel Muslime unterdrückt und darum ein Partner sei, ein ganz schräger und ganz schlimmer Vergleich.
Gerald Beyrodt: Schräge Allianzen: Juden haben in der AfD nichts zu suchen, findet Elio Adler von der WerteInitiative. Die Initiative will Positionen von deutschen Juden in die Öffentlichkeit bringen. Das Interview haben wir vor der Sendung aufgezeichnet.
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