TV macht nur manchmal schlau

Von Michael Meyer · 14.12.2005
Früher nahm das öffentlich-rechtliche Fernsehen seinen Bildungsauftrag sehr ernst und produzierte Formate wie "Schulfernsehen" und "Telekolleg". Diese speziellen Bildungsangebote sind allgemein auf dem Rückzug. Gleichzeitig verbuchen unterhaltende Bildungssendungen wie "Galileo" Publikumsgewinne.
Wenn Wissenschaftssendungen wie "Galileo" auf PRO7 Bildung vermitteln wollen, dann geht es weniger um schulische Inhalte oder gar tiefgehende Analyse. Eher geht es um spektakuläre Bilder oder um Antworten auf populäre Fragen, nach dem Motto: Wie entstehen eigentlich Gummibärchen? Allerdings muss man zugeben, dass selbst in Sendungen des kommerziellen Fernsehens gelegentlich Wissenswertes vermittelt wird, etwa wenn es in Reportagen um die zunehmende Verschmutzung der Meere oder um neue medizinische Entwicklungen geht.

Das Fernsehen ist mit seinen Bildungsangeboten sozusagen ein Spiegel der allgemeinen Situation. Zum einen gibt es das "formelle Bildungsangebot", welches der institutionalisierten Wissensvermittlung entspricht. Parallel zum Vorbild der Schule gibt es auch hier ein Lernziel, welches auch am Ende einer Sendereihe geprüft wird.

Dieses Angebot ist unter der Bezeichnung "Schulfernsehen" oder "Telekolleg" traditionell in den Dritten Programmen zu finden. Diese Angebote werden speziell zur Bildung der Fernsehzuschauer produziert, wurden aber quantitativ in den letzten Jahren immer weniger - einzig der Bayerische Rundfunk produziert mit "BR-alpha" ein eigenes Programm, das sich ausschließlich der Weiter- und Fortbildung widmet.

Betrachtet man diese Sendungen unter dem Aspekt der allgemeinen Bildung, so stellt sich die Frage, ob dieses Genre im engeren Sinne Bildung ermöglicht, beziehungsweise, ob es ausreicht, wenn Menschen vor dem Bildschirm sitzen und sich z.B. Mathematik anschauen.

Auf der anderen Seite gibt es noch andere Formen, die auch Wissen vermitteln, aber zusätzlich unterhalten wollen - natürlich mit umgekehrter Priorität. So besitzt beispielsweise "Wer wird Millionär" durchaus einen Bildungsanteil, wobei sich die Frage stellt, wie viele Fakten sich die Zuschauer überhaupt merken können. "Bildungsmillionäre" werden so sicher nicht entstehen - aber: Vielleicht machen derlei Sendungen doch Lust auf Bildung.

Insgesamt sind anspruchsvolle Programme, die Bildung vermitteln, auf dem Rückzug: Einzig 3sat und ARTE liefern jeden Abend gleich mehrere Sendungen, die bilden können oder sollen - in den Hauptprogrammen bei ARD und ZDF sieht es hingegen düster aus - von den kommerziellen Programmen nicht zu reden.

Geistreiche Sendungen wie "Das Philosophische Quartett" mit Peter Sloterdijk oder das "Nachtstudio" mit Volker Panzer sind löblich, werden jedoch zu nachtschlafender Zeit gegen Mitternacht im Programm versteckt. Allgemein gilt: Was der Zuschauer wirklich durch eine Sendung gelernt hat, prüft keiner nach.

Lernen kann also nur im gesellschaftlichen Kontext gesehen werden. Dieses Lernen sollte aber nicht unterschätzt werden. Das Bildungsfernsehen klassischer Prägung ist tot - es lebe das unterhaltende TV-Angebot, das vielleicht auch die so genannten "bildungsfernen" Schichten erreicht.

Das Gespräch zum Thema mit der Medienwissenschaftlerin Prof. Petra Grimm über das Medienethik-Symposium in Stuttgart können Sie bis zu acht Wochen nach der Sendung in unserem Audio-On-Demand-Player hören.