Türkeiexperte Kreiser: Gebetsformel gegen Raddatz ist kein Mordaufruf

20.10.2005
Der Türkeiwissenschaftler an der Universität Bamberg, Klaus Kreiser, hält die auf der Internetseite "MuslimMarkt" veröffentlichte Gebetsformel gegen den Islamkritiker Hans-Peter Raddatz nicht für einen Mordaufruf.
Die Betreiber hätten "mit Sicherheit keinen Mordaufruf verbreiten, sondern eher sagen wollen: Wir legen es in Gottes Hände", erklärte der emeritierte Professor für türkische Sprache, Geschichte und Kultur im Deutschlandradio Kultur.

Die verwendete Gebetsformel sei aber auch keine Toleranzformel, wie manche behaupteten. Sie beziehe sich vielmehr auf die Niederlage eines christlichen Bischofs im Disput mit dem Propheten Mohammed im 7. Jahrhundert. Nach der Disputniederlage hätten sich die Christen in Südarabien auf einen rechtlich niedrigeren Status zurückziehen müssen.
Raddatz’ Aussage im Deutschlandradio Kultur, Auftragsmord sei im Islam von Beginn an Teil des Gottesdienstes gewesen, sei "nicht nur übertrieben, sondern auch unrichtig, wenn man sich mit dem real existierenden Islam" befasse.

Kreiser kritisierte, dass der Orientalist Raddatz die Staatsanwaltschaft eingeschaltet habe. "Ich halte es für hysterisch und kontraproduktiv, zur Staatsanwaltschaft zu gehen", sagte Kreiser. Es sei in allen Religionen üblich, Entscheidungen wie in diesem Fall an einen göttlichen Richter zu überweisen. Zudem machten es sich die Medien sehr leicht mit dem Wort "Mordaufruf". "Ich halte das für schädlich", sagte Kreiser.
Man müsse keine wissenschaftlichen Gutachten anfertigen, um dem Thema gerecht zu werden. "Ein guter Menschenverstand reicht", sagte Kreiser. Allerdings hätten sich die türkischstämmigen Betreiber des Internetportals mit dem Begriff "Hassprediger" für Raddatz keinen Gefallen getan. Auf den Internetseiten "MuslimMarkt" handele es sich aber in der Regel um moderate Texte.
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