Tschad sponsert FC Metz?

Die Implosion einer Kommunikations-Idee

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Florent Mollet im Trikot des FC Metz mit der Werbung: "Tschad - Oase der Sahel" © JEAN-CHRISTOPHE VERHAEGEN / AFP
Von Jens Borchers · 05.09.2016
Hunderttausende Menschen hungern im Tschad. Auch die Terroristen der Boko Haram treiben dort ihr Unwesen. Jetzt will die Regierung das Image des Landes aufbessern. Mit kostspieligem Fußball-Sponsoring. Dahinter steckt eine schräge Idee für eine Image-Kampagne.
Wenn die Mannschaft des französischen Erstligisten FC Metz stürmt, dann ist im Fernsehen der fette Schriftzug auf den Trikots zu sehen: "Tschad – die Oase des Sahel". Der Tschad liegt in Zentralafrika. Die Behauptung, das Land sei eine Oase der Sahel-Zone, ist ziemlich gewagt. Dennoch war das angeblich die Grund-Idee für eine Kommunikations-Strategie, die den Tourismus im Tschad fördern sollte. Aber die Regierung des tatsächlich bitterarmen Tschad bestreitet vehement, dafür Millionen Euro auszugeben.
Woher kommen also diese Meldungen? Sie sind offenbar das Produkt einer ziemlich schrägen Idee. Die stammt von Christian Lagnidé aus dem westafrikanischen Staat Benin. Christian Lagnidé hat in den 80er-Jahren mal beim FC Metz Fußball gespielt. Mittlerweile ist aus dem Kicker ein ziemlich erfolgreicher Unternehmer in Benin geworden.

Image aufpäppeln

Lagnidé ist Eigentümer eines privaten Medien-Unternehmens. Mit seinem Fernsehsender LC2 verdient er viel Geld mit der Übertragung afrikanischer Fußballspiele. Deshalb gibt es auch intensive Kontakte zwischen Lagnidé und dem Tschad – Fußball verbindet schließlich. Aus diesen Kontakten soll die Idee entstanden sein, das miserable Image des Tschad in Europa aufzupäppeln. Durch Trikotwerbung beim FC Metz, den Medien-Unternehmer Lagnidé ja ebenfalls gut kennt.
Finanziert werde die Trikotwerbung aber keineswegs aus dem Staatshaushalt des Tschad. Sondern von der Medien-Gruppe LC2, sagt Tschads Sportminister.
"Alle Gespräche mit dem Fußballclub sind von LC2 International geführt und abgeschlossen worden. Dieses Projekt erstreckt sich, über das Sportliche hinaus, auch auf die Bereiche Kommunikation, Tourismus und Wirtschaft."
Sagt der Sportminister des Tschad. Und das sagt auch der Präsident des Fußballclubs FC Metz. Alles sei von privaten Firmen finanziert. In welcher Höhe? – Keine Antwort. Dass zur Präsentation der Trikots mit dem Schriftzug "Tschad – die Oase des Sahel" gleich zwei Minister aus dem zentralafrikanischen Staat nach Frankreich reisten – naja, dass sei eine Geste der politischen Unterstützung für die Imagewerbung gewesen.

Menschenrechtsverletzungen sind die Regel

Der Tschad ist allerdings keineswegs eine Oase der Sahelzone: Seit 26 Jahren wird das Land autoritär von Präsident Idriss Deby regiert. Berichte über Menschenrechtsverletzungen und massive Korruptionsvorwürfe sind die Regel, nicht die Ausnahme. Wirtschaftlich geht es der Mehrheit der 13 Millionen Einwohner miserabel. Die Lebenserwartung der Menschen im Tschad liegt mit durchschnittlich 51 Jahren sehr niedrig. Obendrein steckt das Land gerade in einer schweren Wirtschaftskrise. Und Touristen kommen allenfalls vereinzelt in den Tschad: Zu groß ist die Gefahr von Anschlägen durch die Terrormiliz Boko Haram.
Die Vereinten Nationen haben zwar zwei Landschaften im Nordosten des Tschad zum Weltkultur- und Naturerbe erklärt – aber kaum jemand wagt sich dorthin. Französische und deutsche Regierungsstellen warnen vor Reisen in den Tschad.
Von einer Oase der Sahelzone kann also keine Rede sein. Nun braucht aber eigentlich selbst die penetranteste Imagewerbung einen minimalen realen Kern. Warum also angeblich tschadische und internationale Unternehmen Geld in eine solche Trikotwerbung stecken sollten – das ist evöllig ungeklärt.
Klar ist momentan nur: Die internationalen Schlagzeilen zu dieser Affäre helfen dem Image des Tschad kein bisschen.
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