Trotz der Friedensbemühungen

    Erneut Gefechte in der Ostukraine

    Ukrainischer Soldat an einem Checkpoint in der Nähe von Slawjansk
    Ukrainischer Soldat an einem Checkpoint in der Nähe von Slawjansk © AFP / VASILY MAXIMOV
    15.05.2014
    Runder Tisch, Runde der Außenminister, Deutsch-Russisches Forum, Gespräche von NATO- Generalsekretär Fogh Rasmussen in der Slowakei - in und um die Ukraine wird gesprochen und verhandelt. Dennoch liefern sich Regierungstruppen und Separatisten in der Ostukraine wieder Gefechte. Für weitere Unruhe sorgt Russlands Präsident Putin. Er droht erneut, dem Land ab Juni kein Gas mehr zu liefern.
    Trotz Friedensbemühungen gleich auf mehreren Ebenen in mehreren Foren haben sich Regierungskräfte und Separatisten in der Ostukraine erneut Gefechte geliefert. Vor allem in den Hochburgen der prorussischen Aktivisten, in den Städten Slawjansk und Kramatorsk kam es nach Medienberichten auch am Donnerstag zu Kämpfen. Dabei stellten die bewaffneten Separatisten der Kiewer Übergangsregierung ein Ultimatum und drohen mit einer Offensive, falls die Regierungseinheiten sich nicht binnen 24 Stunden zurückziehen.
    Wie Medien aus der Ukraine berichteten, nahmen Spezialeinheiten am Donnerstag in den Vororten von Slawjansk und Kramatorsk die Stellungen prorussischer Aktivisten unter Beschuss. Dem Verteidigungsministerium in Kiew zufolge besetzten Soldaten dabei einen wichtigen Fernsehturm. Interimspräsident Alexander Turtschinow sprach von einem "bedeutenden Erfolg im Anti-Terror-Kampf". Die bewaffneten Separatisten reagierten mit der Forderung nach einem Rückzug der Truppen bis Freitag und der Drohung zur "Offensive übergehen" zu wollen. Die prorussischen Separatisten hatten sich nach einem illegalen und international nicht anerkannten Referendum von der Ukraine losgesagt und ihre selbst ernannten "Volksrepubliken" Donezk und Lugansk für unabhängig erklärt.
    Die Generalstaatsanwaltschaft in Kiew räumte ein, die Zentralmacht habe die Kontrolle über zahlreiche Behörden in der Ostukraine verloren. Dies habe etwa dazu geführt, dass "verantwortungslose" Regierungsmitarbeiter den Separatisten Zugang zu Munitionsdepots verschafft hätten.
    Putin droht mit Gaslieferungsstopp
    Für weitere Unruhe sorgte nun eine Warnung: Russlands Präsident Wladimir Putin betonte, Moskau lägen noch "keine spezifischen Vorschläge" der europäischen Partner oder der Ukraine vor, um einen drohenden Stopp russischer Gaslieferungen ab Juni abzuwenden. Zugleich betonte er, er sei weiter "offen" für Gespräche über den Gasstreit.
    Die Ukraine ist ein wichtiges Transitland für russisches Gas, weshalb ein Lieferstopp auch Auswirkungen auf die Energieversorgung in Europa haben könnte. Europa deckt rund ein Drittel seines Gasbedarfs durch Lieferungen aus Russland, die auch durch die Ukraine laufen. Vor wenigen Tagen hatte der russische Energiekonzern Gazprom damit gedroht, seine Erdgaslieferungen an die Ukraine ab dem 3. Juni einzustellen.
    Rasmussen versichert Ukraine-Nachbarn der Solidarität und fordert höhere Verteidigungsausgaben der Länder
    Die Lage in der Ukraine war am Donnerstag Thema gleich bei mehreren internationalen Treffen und Runden. Bei einem Treffen von NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in der slowakischen Hauptstadt Bratislava trifft mit Vertretern der Ukraine-Nachbarn stand die Sorge um die Sicherheit im Vordergrund. Rasmussen versicherte die Anrainerstaaten des Konfliktlander der Solidarität innerhalb des Verteidigungsbündnisses. Die Nato sorge für die Sicherheit ihrer Mitglieder, betonte er. Bedingung dafür aber sei es , dass Länder wie die Slowakei ihre Verteidigungsausgaben erhöhten. Die Entwicklungen auf der Krim und in der Ostukraine wecken in den Nachbarländern mit russischstämmigen Minderheiten alte Ängste vor russischer Hegemonie.
    Der Ukraine-Konflikt war in London auch Thema bei einem Treffen der Außenminister aus den USA, Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands. US-Außenminister John Kerry betonte nach den Gesprächen, Russland müsse mit neuen Sanktionen rechnen, sollte die ukrainische Präsidentenwahl am 25. Mai von Moskau oder seinen Gefolgsleuten in der Ostukraine gestört werden. Europa unterstütze diesen US-Standpunkt, fügte er hinzu.
    Von den USA sanktionierter Unternehmer Jakunin spricht in Berlin
    Am Rande des in Berlin am Donnerstag stattfindenden Deutsch-Russischen Forums sprachen die Teilnehmer ebenfalls über die Lage in der Ukraine. Der Chef der russischen Staatsbahn und Putin-Vertraute Wladimir Jakunin - von den USA aufgrund seiner Rolle im Ukraine-Konflikt mit Einreise und Geschäftssanktionen belegt - sagte vor der Runde der Deutschen Welle: Die USA sprächen vom Kampf für die Demokratie, wollten aber anderen ihre Werte aufzwingen. Als Beispiel nannte er US-Sanktionen gegen die russische Initiatorin eines Gesetzes zum Schutz Jugendlicher vor Homosexualität. "Ein vulgärer Ethno-Faschismus aus ferner Vergangenheit ist wieder Teil unseres Lebens geworden."

    Am Mittwochabend hatten sich in Kiew die Teilnehmer des so genannten "Runden Tischs zur nationalen Einheit", darunter Regierungs- und Kirchenvertreter, Abgeordnete und ehemalige Staatschefs, nach etwa zweieinhalb Stunden vertagt. Der deutsche Diplomat Wolfgang Ischinger, der für die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) an den Beratungen teilnahm, sagte, das Treffen solle die aufgeheizte Atmosphäre vor der Präsidentenwahl am 25. Mai beruhigen helfen. Vertreter der prorussischen Separatisten waren nicht eingeladen.
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    Programmtipp: Sabine Adler berichtet in der Ortszeit ab 17.07 Uhr über die diplomatischen Bemühungen um eine Einigung in der Ukraine.

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