Trendfarbe Lila

Thomas Macho im Gespräch mit Dieter Kassel · 27.10.2009
Johann Wolfgang von Goethe brachte Lila mit den "Schrecken des Weltuntergangs" in Verbindung und für Wassily Kandinsky hatte sie etwas Trauriges an sich. Jetzt aber ist Lila Trendfarbe Nummer eins. Mauve und Purpur waren nach Meinung von Thomas Macho als ihre Vorläufer bereits früher Mode.
Fazit sprach mit dem Professor für Kulturgeschichte an der Berliner Humboldt-Universität über die wechselvolle Geschichte der Farbe, die sowohl Bischöfe als auch Feministinnen schmückte. Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Gespräch:

Thomas Macho: Lila hatte eine ganz große Modezeit - übrigens noch bevor Kandinsky sein Votum ausgesprochen hat - als Mauve. Als Mauve war Lila im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts die Super-Modefarbe schlechthin. Und das hing damit zusammen, dass man erst in dieser Zeit Lila synthetisch herstellen konnte. Das geht auf eine Entdeckung des Chemikers William Perkin im Jahr 1856 zurück. Und erst seit dieser Zeit war Lila auch farbstabil herstellbar und war dann eine große Modefarbe, die allerdings eben auch ein bisschen was Melancholisches, Trauriges haben sollte.

Dieter Kassel: Kann man das erklären, wie eine Farbe in ist und plötzlich wieder out?

Thomas Macho: Das ist ganz schwer nachvollziehbar und erklärbar. Das ist im Moment etwas, das von einer großen Marketinggruppe, wo glaube ich mehr als 2000 internationale Farbdesigner, Leute aus der Werbung und vom Marketing zusammenarbeiten, die entscheidet nach langen Umfragen, Vorstudien, Expertengutachten, was die Mode- und Trendfarben sind. Man sieht schon an diesem komplizierten Verfahren, und die können sich nebenbei gesagt auch noch irren, wie heikel und kompliziert das ist. Im Fall von Lila waren es sicher auch eine Menge Zufälle: Dass die Farbe erzeugbar war, hat eine große Rolle gespielt, dann hat die Kaiserin Eugenie, die Gemahlin Napoleons III., die eine Mode-Primadonna in der Zeit war, hat Mauve plötzlich zu einer Farbe erkoren, in der sie sich gern gekleidet hat. Das waren Effekte, die waren nicht vorweg kalkulierbar - und so ist es zum Teil auch heute noch.


Sie können das vollständige Gespräch mindestens bis zum 26.3.2010 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.