Trendfarbe 2017

Besser Wohnen mit grünen Wänden

Eine Kommode vor einer Wand mit weiß-gepunkteter grüner Tapete
Eine Kommode vor einer Wand mit weiß-gepunkteter grüner Tapete. © Imago/Westend61
Von Katja Bigalke · 25.03.2017
Die offizielle Farbe des Jahres 2017 ist "Greenery" – zu Deutsch: Grünzeug. So will es das amerikanische Farbforschungsinstitut "Pantone". Grün soll den Neubeginn symbolisieren. Und tatsächlich hält die Farbe Einzug in städtische Wohnungen.
"Eine frische Farbe ist wie ein neuer Anfang: wir wollten ja den Versuch machen durch andere Farben im Wohnbereich andere Probleme in den Griff zu kriegen."
Und was sollte da besser helfen als:
"Ein Apfelgrün?"
"In den Zeitschriften wird überall grün proklamiert. Das Thema grün ist ja eine spannende Farbe auch in der Psychologie: weil Grün ist ne Farbe der Entspannung, Neubeginn, Verjüngung, Wachstum."Mehr Farbe wagen
"Wir waren mit grau eigentlich sehr zufrieden. Ich habe hier eine Graukollektion von einer belgischen Firma. Da haben sie 28 Grautöne in jeder Qualität, da werden Sie bestimmt zufrieden sein: mausgrau, steingrau, aschgrau."
Das Ehepaar Melzer in Loriots Film "Ödipussi" neigt zum grau und hängt damit noch beim letzten Trend fest.
"Da zeigt sich auch die Angst vor Farbe."
Adrian Ochse, Farbberater und Inhaber des Berliner Ladens "bluegray"-Design, kämpft schon seit acht Jahren mit einer Auswahl an britischen, belgischen und italienischen Edelfarben gegen das ewig dominante Einheits-Weiß im deutschen Interior. Zuletzt wurde es nur durch verschiedenste Grau-Schattierungen aufgemischt. Mit Grün zieht nun aber wieder eine richtige Farbe ein in die Wohnwelt, freut sich Ochse:
”Studio Green oder Curlish Green, Green Ground oder Cooking Apple Green.”

Jetzt kommt Farbe ins Spiel

Teresas Green, Arsenic, Vert De Terre: Die Farben der englischen Manufaktur "Farrow and Ball" genießen Kultstatus bei stil- und qualitätsbesessenen Großstädtern. So haben sie auch den Sprung in Jonathan Safran Foers letzten Roman geschafft. Allein die Namen der pigmentgesättigten Farben versetzen ja direkt in die Welt des distinguierten britischen Landadels. Und der brachte bekanntlich auch dem Grün - und zwar in jeglicher Form - immer viel Sympathie entgegen. Nehmen Sie etwa:
"Das Green Smoke - eine Farbe, die in der zweiten Hälfte des 19 Jahrhunderts populär war."
Oder Ball Green – eine altmodische Temperfarbe oder der Calke Green aus dem Frühstückszimmer des Calke Abbey. Oder:
"Ich hab mehrfach jetzt Schlafzimmer in Studio Green kreiert. Ich liebe Goethe in dem Zusammenhang: in der Dunkelheit liegt das Licht. Wenn man ein dunkles Studio Green hat und ein strahlendes weißes Leinen ...,"
Dann ist schon einiges gewonnen. Im Schlafzimmer macht Grün ohnehin Sinn, meint Maria Kleinschmidt, Illustratorin und Dozentin für Farblehre an der Universität Potsdam:
"Es gibt einen sachlichen Grund, der für Grün im Schlafzimmer gut ist, weil unsere Haut einen Rotanteil hat, das ist komplementär. Im Farbkreis liegen die fast gegenüber und grün bringt die Haut mehr zum leuchten, lässt sie frischer aussehen."
Ein anderer Grund, warum sich grün so gut als Trendfarbe eignet, könnte sein:
"Weil wir viele Farben als grün bezeichnen, umgangssprachlich könnte man sagen: Grün hat ein breites Spektrum. Aber genau formuliert wäre es so, dass wir viele Wellenlängen des Spektrums als grün bezeichnen."

Warum ausgerechnet Grün?

Was hier im zersiedelten Deutschland auch noch zum Tragen kommt: Unser verklärtes Naturbild.
"Wir haben ein romantisches Verhältnis zur Natur, irgendwie "back to the roots" und so. Wenn man aber in einem Land lebt, wo die Natur übermäßig ist, dann ist das Grün nicht so eine Sehnsuchtsfarbe."
Grüne Smoothies, Bio-Lebensmittel, Urban Gardening oder das Comeback der Zimmerpflanzen: Großstädter können vom Chlorophyll derzeit kaum genug kriegen.
Wer seine Innenwände nicht gleich in vertikale Gärten verwandelt, streicht sie wenigstens grün. Zum Glück ist das auch nicht mehr so giftig wie die Trendfarbe aus Napoleons Zeiten:
"Das berühmte "Schweinfurter" im 19. Jahrhundert. Das ist so das wirkliche Giftgrün, daher kommt zumindest dieses Wort. Und das so eine Kupfer-Arsen-Verbindung, die extrem giftig war, aber trotzdem sehr beliebt, weil sie eben lichtecht ist und sehr leuchtend. Die setzt auch Arsen frei. Es gab diese Hypothese, dass Napoleon damit vergiftet worden ist, weil seine Tapeten in St. Helena damit gestrichen sind, was aber inzwischen widerlegt ist. Es gab keine Vergiftung, die zum Tod geführt hat."
Das Schweinfurter Grün wurde aber trotzdem verboten. Heute lässt sich beruhigt leben in den grünen vier Wänden. Bis die nächste Trendfarbe kommt.
"Was könnten Sie sich denn vorstellen was nach dem grün kommt? Blau wieder! Die Lieblingsfarbe aller!"
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