Tradition und Gegenwart des Chorsingens im Advent

"Wie soll ich dich empfangen?"

Ein Kind betrachtet brennende Kerzen auf einem Adventskranz.
Ein Kind betrachtet brennende Kerzen auf einem Adventskranz. © imago/blickwinkel
Von Claus Fischer · 04.12.2019
Diese Frage formulierte Paul Gerhardt in einem seiner bekanntesten Lieder zum Advent. Und die Frage ist, auch musikalisch, ausgesprochen aktuell. Was bedeutet Advent eigentlich? Wie verändern sich musikalische Traditionen? Verschwinden sie gar?
"Wie soll ich dich empfangen und wie begegn’ ich dir?" Diese Zeile von Paul Gerhardt, dem wohl wichtigsten Kirchenlieddichter des Protestantismus drückt - in Frageform formuliert - aus, was Advent im christlichen Sinne meint, nämlich nicht Vorweihnachtszeit. Gemeint ist eine vierwöchige Phase der stillen Vorbereitung auf das Kommen des Herrn, in der man über sein Leben nachdenken soll, auch über Schuld und Versäumnisse. Seit dem Mittelalter ist der Gesang ein fester Teil dieser Zeit der Bereitung, denn er hilft, für das Wesentliche, für die essenziellen Fragen offen zu werden. Die traditionellen Adventsmusiken, die im kirchlichen Raum beider Konfessionen stattfinden, sind ein Mittel, um das zu erreichen.

Besinnung versus Basar?

Doch im Zuge zunehmender Säkularisierung verändern auch sie ihre Struktur: Statt meditativer Choralsätze und Motetten alter Meister hört man häufig Gospel- oder Popchöre. Sogar das bis vor zwei Jahren traditionell ausgerichtete Adventssingen im ARD-Fernsehen präsentiert sich inzwischen in diesem Gewand. Doch kommt dabei nicht das eigentliche Anliegen des Advents, die stille Bereitung, unter die Räder? Sicher haben auch Gospel und Pop ihre Berechtigung, aber was ist, wenn sie an die Stelle der Tradition treten? Claus Fischer geht diesen Fragen nach, u.a. im Gespräch mit dem Leipziger Thomaskantor Gotthold Schwarz, dem Landeskirchenmusikdirektor der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz Gunter Kennel und mit Chorsängerinnen und -sängern aus Deutschland, die im Advent aktiv sind.
Mehr zum Thema