Tondichtungen von Jean Sibelius

"Eine Erscheinung aus den Wäldern"

Der finnische Komponist Jean Sibelius am Flügel in seinem Haus
Der finnische Komponist Jean Sibelius (1865 - 1957) © picture alliance / dpa / Akseli Neittamo
Michael Stegemann im Gespräch mit Olaf Wilhelmer · 29.11.2015
Das gesamte zurückliegende Jahr hat die Musikwelt den bevorstehenden 150. Geburtstag von Jean Sibelius gefeiert. Diese Sendung macht den finnischen Komponisten als Erzähler uralter Sagen hörbar.
Nach der Zeit Beethovens, im 19. Jahrhundert, kämpften in der Orchestermusik die Gattungen der Sinfonie und der Sinfonischen Dichtung um die Vorherrschaft – abstrakte Musik auf der einen, erzählende und malende Musik auf der anderen Seite. Der finnische Komponist Jean Sibelius (1865-1957) beherrschte als einer der wenigen Schöpfer dieser Epoche beide Disziplinen gleichermaßen: In seinem Werk, das im Wesentlichen zwischen 1890 und 1920 entstanden ist, stehen sieben Sinfonien rund zehn Tondichtungen gegenüber. Dabei sind die Grenzen zwischen beiden Gattungen kaum zu definieren – in seinen Sinfonien sind auch erzählerische Elemente zu finden, wie seine Tondichtungen auch einer abstrakten Formlogik folgen.
Und dennoch schlägt Sibelius in seinen Tondichtungen einen eigenen, unverkennbar poetischen Ton an – der Komponist war mit vielen Schriftstellern und Malern befreundet, interessierte sich besonders für die Mythen der gerade erst erwachenden finnischen Nation und empfand sich selbst als eine "Erscheinung aus den Wäldern". Die "Kalevala", eine im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts veröffentlichte Sammlung finnischer Epen, regte dabei so gut wie alle seiner Werke an.
Aufnahmen von der "ersten Stunde" der 1920er-Jahre bis zur Gegenwart
In der ersten Stunde der Sendung steht die vierteilige Tondichtung "Lemminkäinen" im Mittelpunkt, die mit dem "Schwan von Tuonela" eines der berühmtesten Werke von Sibelius enthält. Die zweite Stunde durchmisst das Schaffen des Komponisten vom frühen Werk "En Saga" über die etwas abseits stehende Klaviertondichtung "Kyllikki" bis hin zu "Tapiola" als seinem kompositorischen Vermächtnis.
Michael Stegemann, Professor für Musikwissenschaft an der Technischen Universität Dortmund, stellt im Gespräch Aufnahmen vor, die von der "ersten Stunde" der 1920er-Jahre bis in die Gegenwart hineinreichen. Das Radio erweist sich dabei als das Medium der Wahl, denn Sibelius' Gattin Aino schrieb 1947: "Im Radio können wir sehr oft, fast täglich hören, wie seine Musik in verschiedenen Städten gespielt wird, und oft haben wir auch im Voraus Nachricht aus dem Ausland erhalten, dass man seine Sinfonien oder anderes hören kann. Du kannst dir denken, was für ein Genuss das ist. Hier im Wald in seinem Haus zu sitzen und auf das zu hören, was man liebt."
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