Tom Hardy

Tiefdunkle Körperlichkeit

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Der 1977 geborene britische Schauspieler Tom Hardy ist Action- und Charakterdarsteller in einem. © AFP / GABRIEL BOUYS
Von Hartwig Tegeler · 06.12.2014
Er war zu sehen in "Inception" und in der John-le-Carré Verfilmung "Dame, König, As, Spion". Jetzt spielt Tom Hardy im Thriller "The Drop - Bargeld" die Hauptrolle und überzeugt vom ersten Auftritt an - ein Schauspieler, der seine Rolle nicht spielt, sondern ist.
Steven Knight: "He has something."
Sagt Steven Knight, der ihn einen Film lang nur in einem Auto sitzend zeigte. In "No Turning Back". Nur das Gesicht, die Arme, der Oberkörper und nur das zur Verfügung habend entwickelt er eine ungeheure Intensität. Ausstrahlung pur.
"Ist, ist alles in Ordnung?"
"Ja, ja, die Fenster sind jetzt zu."
"Hast du das mit deinen Schmerzen gesagt?"
"Nein, es war noch niemand da."
"Geht es dir denn besser als vorhin?"
"Nein."
"Also, ich bin auf der M6, ich brauche noch ein, ein Viertelstunden wenn der Verkehr so bleibt. Du musst was wegen der Schmerzen sagen."
Regisseur Steven Knight: Er spielt das nicht, er hat das
Er hat etwas, sagt Regisseur Steven Knight über Tom Hardy, den Mann im Auto in "No Turning Back". Charakterdarsteller und Actiondarsteller, fähig, den Körper zu präsentieren und gleichzeitig eine ganze Psychopathologie mitzuliefern. Kein Spiel, er spielt das nicht, er hat das. Es gibt diese Schauspieler, die sind damit geboren; du guckst sie an und sie fesseln deine Aufmerksamkeit. Tom Hardy ist so einer, meint "No Turning Back"-Regisseur Steven Knight.
Dabei hat der "Marlon Brando der BluRay-Generation", wie er einmal genannt wurde, in seinem eigenen Leben gerade mal so noch die Kurve gekriegt. 1977 in Südwest-London geboren, sozialer Außenseiter, viele Nächte im Knast, besoffen. Dann die Theaterbühne, eine kurze Karriere als Model. Weiter Alkohol. Plus Kokain. Suchtkrank. Eine erste Ehe. Und 2001 eine kleine Rolle in der von Tom Hanks und Steven Spielberg produzierten Miniserie "Band of Brothers", leicht auffällig dabei, wie kurz danach in einem weiteren Kriegsdrama: "Black Hawk Down" von Ridley Scott.
Und dann, die Explosion diesen Typen auf der Leinwand, bei uns allerdings nur auf DVD herausgekommen: Tom Hardy als Gewaltbesessener Knacki in Nicolas Winding Refns "Bronson". Abgrundtiefe wie tiefdunkle Körperlichkeit
"Mein Name ist Charles Bronson"
dunkle Sinnlichkeit
"[…] und ich hatte immer nur ein Ziel: Ich wollte berühmt werden."
Hardy: "Bin gebucht auf diese verrückten Charaktere"
Höllenschlunde reisst Tom Hardy gerne mit seinen Figuren auf. In "Bronson", aber auch später.
"Ich spürte eine Berufung in mir. Bedauerlicherweise konnte ich nur nicht sagen welche."
Spricht die Filmfigur. Meint der schauspielernde Mensch.
Tom Hardy: "Ich bin ja irgendwie gebucht auf diese Charaktere, die verrückt sind, die aber taff sein wollen, aber alle spiele ich so, als seien sie ein Teil von mir."
Sagt Tom Hardy auch über die schauspielerische Arbeit als Kampf mit den eigenen Dämonen.
Verbindung von männlichem Panzer und verletzter Seele
Ähnlich wie der frühe Robert de Niro ist auch Hardy dafür bekannt, dass er seinen Körper für die Rolle umformt. Für "Bronson" trainierte er sich ebenso Muskelmasse an wie auch für die Rolle des Ex-Marines und Martial-Arts-Kämpfers Tommy in "Warrior", bei uns wie "Bronson" als DVD herausgekommen. Und natürlich für die Rolle von Bane, Batmans Gegenspieler mit der Maske. Doch um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Es geht hier nie um plumpes Adrenalin-Macho-Kino. Tom Hardy verbindet vielmehr den gepanzerten männlichen Körper und die verletzte Seele mit dieser Dämonen-Geschichte und lässt so Figuren entstehen, die anrühren, aber auch Angst machen.
"Weißt du was, du kannst noch so viel mit Fotos von deiner Frau rumlaufen und sagen 'Ich verzeih dir!', aber trotzdem bist du einfach nur ... Scheiße!"
Auch im aktuellen Film, der Dennis-Lehane-Verfilmung "The Drop" - hier legt der belgische Regisseur Michael R. Roskam sein US-Debüt vor - ist es eine nicht klar zu ortende, zu beschreibende, nicht zu rationalisierende Bedrohlichkeit, die von Tom Hardys Figur, diesem Barkeeper in einer Mafiabar, ausgeht. Schon, wenn wir Hardy das erste Mal über eine Straße gehen sehen, etwas vornüber gebeugt, wuchtig, nicht sehr groß, leicht humpelnd.
Dennis Lehane, der eine eigene Kurzgeschichte für Michael Roskam als Drehbuch adaptiert hat, meint, dieser Typ, den Tom Hardy spielt, hat immer eine andere Biografie, die untergründig quasi mitläuft. Ein präzises Bild für die Vielschichtigkeit einer Filmfigur. Und wenn dann Bob, der Barkeeper in "The Drop", vor diesem anderen Typen steht, der den Welpen blutig geschlagen hat, den Bob an diesem kalten Winterabend in der Mülltonne fand und den er nun liebevoll hegt und pflegt.
"Hör zu, wenn du den Hund willst, dann gibst du mir zehn. - Was? - Zehn Riesen. - Hör mal gut zu, Kumpel. Du kannst nicht in anderer Leute Leben reinplatzen und erwarten ... - Hör zu, so ist das Leben. Menschen wie ich tauchen auf, wenn du es nicht erwartest."
Gary Oldman: "Tickende Zeitbombe"
Nein, es wird hier keine Schlägerei geben, aber wir spüren, das kann nicht gut ausgehen. Das spielt Tom Hardy, das lässt er von seinem ersten Auftritt an in "The Drop" spüren.
Gary Oldman, der mit ihm zusammen in der John-le-Carré-Verfilmung "Dame König As Spion" spielte, meinte über Tom Hardy:
"Man meint, eine Zeitbombe immer ticken zu hören."
Präziser geht´s nicht.
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