Tippen, senden, auflösen

Snapchat im US-Wahlkampf

Ein Foto des US-Senders CNN zeigt Hillary Clinton neben Bernie Sanders während einer TV-Debatte der Demokraten im US-Bundesstaat Michigan.
Hillary Clinton und Bernie Sanders - beide sind bei Snapchat. © picture alliance / dpa / Edward M. Pio Roda / CNN / Handout
Von Nicole Markwald · 07.06.2016
Über 100 Millionen Nutzer hat die App Snapchat bereits - Tendenz steigend. Gerade unter Teenagern ist der Dienst extrem erfolgreich. Es ist die perfekte Plattform, um mit jungen Wählern in Kontakt zu kommen. Das wissen die Kandidaten des US-Wahlkampfs: Man spricht schon von einem Snapchat-Wahlkampf.
Jeder der vier zurückliegenden US-Präsidentschaftswahlkämpfe hatte sein ganz spezielles Medium. Im Jahr 2000 nutzten Wahlkampfteams erstmals häufiger ihr Email-Programm als Fax-Geräte, um die Botschaften ihres Kandidaten zu verbreiten. 2004 waren Blogs der letzte Schrei. 2008 konnten Kandidaten über Facebook Millionen mögliche Wähler erreichen. Twitter sorgte schliesslich 2012 dafür, dass die Halbwertszeit einer Meldung noch weiter sank und die Botschaft auf 140 Zeichen begrenzt werden musste. Sehen wir nun 2016 also den Snapchat-Wahlkampf, fragte Fernsehmoderator Stephen Colbert Snapchat-Gründer Evan Spiegel:
"Nein, es ist kein Snapchat-Wahlkampf. Aber wir haben eine Möglichkeit gesehen, Politikern zu helfen, ihre Wähler zu erreichen und den Nutzern etwas mehr zu bieten an die üblichen Artikel oder Sendungen."
Snapchat, das ist die App, mit der sich Bilder und Videos verschicken lassen, die kurz nach dem Öffnen wieder verschwinden – wie von Geisterhand. Deshalb ist das Markenzeichen der App ein kleiner weißer Geist. 100 Millionen Menschen nutzen Snapchat, täglich werden sieben Milliarden Videos über die Anwendung angesehen. Evan Spiegel hat die App gemeinsam mit einem Kommilitonen vor fünf Jahren entwickelt, als beide noch an Standford studiert haben.
Inzwischen hat Snapchat ein eigenes Politikteam, über seine "Discover”-Rubrik können Anbieter wie CNN, Daily Mail oder Vice eigene Inhalte anbieten. Snapchat übertrug auch die erste Debatte der republikanischen Kandidaten. Nach eigenen Aussagen haben die fast zweimal so viele 18-24-Jährige auf der App verfolgt, statt im traditionellen Fernsehen. Und genau da wird die App für die Kandidaten interessant: hier können sie die jüngsten Wähler erreichen, diejenigen, deren Eltern bei Facebook sind und denen Snapchat zu kompliziert, zu bunt, zu wild erscheint.

Am Ende nur eine Momentaufnahme

Bernie Sanders meldet sich mit einem gerade mal Sechs-Sekunden-langen Clip aus Charleston - und natürlich sind auch Hillary Clinton und the realdonaldtrump - so sein Snapchat-Name - auf der Plattform unterwegs. Jennifer Glover-Konfrst beschäftigt sich an der Drake University mit Öffentlichkeitsarbeit:
"Jedes Wahlkampfteam stellt sicher, dass nur das richtige Material rausgeht, dass die Kandidaten sich korrekt präsentieren. Obwohl das sehr lässig und authentisch wirkt, ist es am Ende nur eine Momentaufnahme.”
Hier ein kurzer Gruß von Hillary Clinton, die - wie sie sagt - ein bisschen in Cedar Rapids 'abhängt':
"I’m just chillin’ in Cedar Rapids”
Jennifer Glover-Konfrst fügt hinzu:
"Mit Snapchat lässt sich Aufmerksamkeit erregen. Und wenn man die Aufmerksamkeit hat, dann muss die Botschaft kommen, die den Betrachter bei der Stange hält.”
Doch die Aufmerksamkeitsspanne scheint immer kürzer zu werden. Und damit ähnelt der aktuelle Wahlkampf ganz dem Konzept von Snapchat. Kaum hat man eine Botschaft gesehen, "puff" ist sie schon wieder weg.
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