Til Schweigers neuer Film

Geschmacklos und durchgeknallt

04:39 Minuten
Szenenbild aus "Die Rettung der uns bekannten Welt". Eine Personengruppe ist mit einem Floß am Ufer gestrandet. Im Hintergrund ist ein Bergpanorama mit See zu sehen.
Til Schweigers Film "Die Rettung der uns bekannten Welt" sei mit der realen Welt nicht kompatibel, kritisiert unser Kritiker Jochen Werner. © Warner Bros
Jochen Werner im Gespräch mit Boussa Thiam · 11.11.2021
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"Die Rettung der uns bekannten Welt" zeigt eine Therapiegruppe von Jugendlichen, die an unterschiedlichen psychischen Krankheiten leiden. Der Film sei eine unsensible, teilweise peinliche "Freakshow" voller Karikaturen, sagt der Kritiker Jochen Werner.
Der mit Abstand erfolgreichste deutsche Filmemacher des 21. Jahrhunderts ist Til Schweiger. Dass seine Werke große Kassenschlager sind, liegt vielleicht nicht nur an der Komponente Humor, sondern auch daran, dass sich Schweiger immer wieder mit psychischen Krankheiten beschäftigt. So auch im neuen Opus "Die Rettung der uns bekannten Welt".

Bipolar und zu viel Energie

Der Film hat zwei Handlungsstränge, die die Geschichten des alleinerziehenden Vaters Hardy (gespielt von Til Schweiger) und seines ältesten Sohnes Paul erzählen, berichtet der Filmkritiker Jochen Werner.
Paul leidet an einer bipolaren Störung und hat seine überbordende Energie nicht unter Kontrolle. Nach wahnwitzigen Mutproben in manischen Phasen und einem Suizidversuch bringt der Vater ihn in eine psychiatrische Klinik, wo dann der Hauptteil des Films beginnt.

Der letzte deutsche Autorenfilmer? - Til Schweiger polarisiert: Von vielen belächelt, führen seine Filme regelmäßig die Kinocharts an. Was sagt uns dieses Kino über die deutsche Gegenwart und den Blick seines Machers darauf? Solche Fragen stellen sich unsere Filmkritiker Jochen Werner und Matthias Dell. Hören Sie hier dazu unser cineastisches Filmgespräch ohne Scheuklappen [AUDIO] .

© imago/Barefoot Films/Gordon Timpen/Warner Bros.
Der Film falle von den Stimmungen ein Stück weit auseinander, kritisiert Werner, was unter anderem an einer "komplett überflüssigen" Parallelerzählung um den Witwer Hardy und seiner "dauergrinsenden Freundin" liege. Aber auch die Art und Weise, wie die Patientinnen und Patienten in der Klinik porträtiert würden, sei problematisch.

Alles dabei, alles reingeworfen

Im Grunde sei die Therapiegruppe eine "atemberaubend geschmacklose Freakshow" in einem völlig unrealistischen Umfeld, einer riesigen Villa auf dem Land. Die Jugendlichen hätten ein Sammelsurium aller möglichen psychischen Krankheiten: "alles dabei, alles reingeworfen, alles als völlig überzeichnete Karikatur". Auch das Thema sexueller Missbrauch tauche auf, "was die ganze Mischung noch geschmackloser macht".
Solch ein Zerrbild wäre vielleicht in den 50er-Jahren noch durchgegangen, sagt Werner, aber heutzutage wirke das alles "einfach nur unsensibel". Der Film leiste sich viele Entgleisungen und peinliche Fehltritte, doch sei er zumindest kein allzu glatter, kommerzieller Mainstream. Er zeige wieder einmal all die merkwürdigen Obsessionen und Idiosynkrasien von Til Schweigers Kino: "In seiner Durchgeknalltheit ist er auch irgendwie einzigartig und faszinierend."

"Die Rettung der uns bekannten Welt"
Deutschland 2021, 136 Minuten
Regie: Til Schweiger
Mit: Til Schweiger, Emilo Sakraya, Herbert Knaup, Tijan Marei, Bettina Lamprecht, Maya Lauterbach, Emily Cox, Emma Schweiger

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