Tiefseebergbau im Pazifik

Wettrennen um die letzten Rohstoffe

21:30 Minuten
Manganknollen auf dem Meeresgrund im Pazifik.
Manganknollen werden am Meeresboden in einer Tiefe von mehreren tausend Metern im Pazifik untersucht. © picture alliance / dpa / BGR
Von Marten Hahn · 11.12.2019
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Gut 4000 Meter tief im Pazifik lagern wertvolle Manganknollen. Sie enthalten Kobalt - nötig für Akkus und die Energiewende. Im nächsten Jahr soll die Ausbeutung starten, hoffen Firmen. Das wollen Umweltschützer verhindern. Es wäre ein Novum.
4000 Meter unter der Wasseroberfläche: Ein ferngesteuerter Metall-Schlitten gleitet über den Meeresboden im Pazifik. Ohne die Lichter der Maschine wäre es stockdunkel hier. Und überall liegen diese kleinen, schwarzen Klumpen: Manganknollen, die sich über Millionen von Jahren gebildet haben und viele Metalle enthalten. Über Pumpen werden sie nun an die Wasseroberfläche in ein Schiff befördert.
So stellen sich Firmen wie DeepGreen den Bergbau der Zukunft vor, ganz im Namen der Nachhaltigkeit, wie Firmenchef Gerard Barron in einem Werbevideo erklärt:
"DeepGreen is on a quest for a more sustainable planet to secure the supply of metals for our future. It’s a big responsibility on our shoulders. We need to make this happen."

Lieber Kobalt aus dem Pazifik als Kinderarbeit im Kongo

DeepGreen gehört zu den lautesten Firmen einer neuen Tiefsee-Industrie. Weltweit trommelt ihr CEO Gerard Barron gerade für seine Ideen. Und egal wo er auftaucht, ob in Kapstadt oder Oslo, hat Barron immer eine schwarze Knolle in der Tasche.
"Die polymetallische Knolle in meiner Hand ist ungefähr so groß wie eine Kartoffel. Es gibt sie in Hülle und Fülle. Sie liegen auf dem Meeresgrund. Die hier ist wahrscheinlich fünf oder sechs Millionen Jahre alt. Sie enthalten all die Metalle, die wir für die grüne Energiewende brauchen. Sie sind voller Nickel, Kupfer, Kobalt und Mangan."
Gerard Barron, CEO des Start-ups DeepGreen, wirbt bei der "Our Ocean"-Konferenz im November in Oslo für die Ausbeutung der Tiefsee. Er sitzt auf dem Podium mit dem Mikrofon.
Gerard Barron (m), CEO des Start-ups DeepGreen, wirbt bei der "Our Ocean"-Konferenz im November in Oslo für die Ausbeutung der Tiefsee.© Marten Hahn
Die Metalle aus Manganknollen können unter anderem für die Herstellung von Batterien genutzt werden. Batterien die wir benötigen, um fossile Brennstoffe hinter uns zu lassen, glaubt Barron.
"Wir werden unsere Fahrzeuge elektrifizieren müssen. Und wir werden zehntausende Kraftwerke und Batterien bauen müssen, um Energie aus erneuerbaren Quellen zu speichern, für Zeiten, wenn der Wind nicht weht. Addiert man all diesen Bedarf, werden wir hunderte Millionen Tonnen dieser Metalle brauchen."
Firmen wie das kanadische Start-up DeepGreen wittern ein Riesengeschäft. Aber Barron betont lieber einen weiteren Aspekt des Tiefseebergbaus: Er hält ihn auch für menschen- und umweltfreundlicher als bisherige Verfahren. Denn derzeit werden die Metalle an Land gewonnen.
"Der Großteil des Kobalts kommt aus dem Kongo, wo Kinderarbeit noch an der Tagesordnung ist. Nickel kommt aus einer der artenreichsten Gegenden der Welt in Indonesien. Um da heranzukommen roden wir Regenwälder und schütten den Abraum ins Meer. Das ist fürchterlich. Als Gesellschaft sollten wir uns fragen: Wo können wir diese Metalle am verantwortungsvollsten abbauen?"
Tiefseebergbau bedeutet: Keine Kinderarbeit, kein Kahlschlag an Land. Das heben DeepGreens Werbevideos immer wieder hervor. Dennoch gibt es Menschen, die würden Barron und seine Kollegen gern stoppen, bevor sie überhaupt begonnen haben.

Kritiker fordern Moratorium für Tiefseebergbau

Ellen Moore kommt aus den USA und leitet internationale Kampagnen gegen Bergbaukonzerne bei der Umwelt-NGO Earthworks:
"Wir wissen nicht viel über die Tiefsee. Aber wir wissen, dass die Organismen am Meeresboden sehr fragil sind und anfällig für Störungen im Ökosystem. Das deutet daraufhin, dass Tiefseebergbau sehr schädlich wäre und es sich ganz sicher nicht um einen verantwortungsvollen Weg der Mineralien-Beschaffung für die Energiewende handelt. Earthwork ist für ein Moratorium."
Der Australier John Tanzer ist bei der Umweltschutz-Organisation WWF für den Erhalt der Ozeane zuständig:
"Wir haben ein noch nie zuvor gesehenes Ausmaß an Verschmutzung erreicht. Die Fischbestände sind überfischt und nehmen ab. Wir verlieren Korallenriffe und Mangrovenwälder. Die Ozeane sind in keiner guten Verfassung. Wir sollten also dafür sorgen, dass sich die Meere erholen. Die Idee, den Druck durch Meeresbodenbergbau noch zu erhöhen, ergibt für mich keinen Sinn."
Matthew Gianni organisiert aus den Niederlanden den Widerstand vieler Organisationen gegen die Ausbeutung der Tiefsee:
"Tiefseebergbau sollte nicht erlaubt werden, bevor man zeigen kann, dass er absolut nötig ist und dass er betrieben werden kann, ohne marine Ökosysteme zu schädigen. Außerdem sollte die Meeresboden-Behörde ISA als regulierende Instanz reformiert werden. Aus unserer Sicht gibt es da einige ernstzunehmende Mängel."


Auch Verbände wie das London Mining Network, Mining Watch Canada und Greenpeace fordern eine Reform der zuständigen UN- Meeresboden-Behörde. Die ISA betreibe Lobbyarbeit für Firmen wie DeepGreen, statt sie zu kontrollieren. Würde der Tiefseebergbau jetzt starten, wären die Konsequenzen für Fische und andere Lebewesen verheerend, warnen Umweltschützer. Eine Sorge, die die europäische Fischerei-Wirtschaft teilt. In einem Statement des EU-Beirats für Fernfischerei heißt es:
Eine dunkle, mit metallischen Adern durchzogen Manganknolle aus der Tiefsee im Atlantik.
Das "Gold" der Tiefsee: Manganablagerungen aus einem Sediment im Atlantik.© imago images / Nature Picture Library / John Cancalosi
"In internationalen Gewässern muss ein Tiefseebergbau-Moratorium etabliert werden, ohne Ausnahmen, bis die Risiken vollständig bewertet und erfasst wurden."
Die Gegner des Tiefseebergbaus befürchten, dass alles viel zu schnell geht. Sie befürchten einen Goldrausch. Aber wäre die Industrie wirklich schon so weit?

Bisher keine technische Lösung für industrielle Förderung

"We hope to be shipping product to customers as early as 2024."
DeepGreen-Chef Gerard Barron will schon 2024 die ersten Kunden mit Metallen aus der Tiefsee beliefern. Für die nötige Ausrüstung arbeitet das kanadische Start-up mit einem Unternehmen in den Niederlanden zusammen. Die Firma Allseas hat sich auf das Verlegen von Unterwasser-Pipelines spezialisiert. Barron sagt, ich könne die Firma gern besuchen, bleibt dann aber einen Kontakt schuldig.
"Hi, this is Marten from German Public Radio. I was wondering if I could visit your offices in the Netherlands …."
Ich rufe bei Allseas an und bitte um einen Termin. Aber der Unternehmenssprecher lehnt ab.
Es sei noch zu früh. Das Projekt sei noch in der Konzeptphase. Es gäbe nichts zu sehen.
Stef Kapusniak überrascht das nicht. Fürs Meer bauen, ist schwierig, sagt der Ingenieur. Elektronik muss vor Salzwasser geschützt werden. Und Hydraulik vor dem steigenden Druck in zunehmender Tiefe. Kapusniak arbeitet für den Maschinenbauer SMD mit Sitz im britischen Newcastle. Am Telefon erklärt er, woran es derzeit mangelt.
"Es gibt Steigrohre und Pumpen, die Material in Form von Schlamm an die Oberfläche transportieren. Diese Technologie gibt es in der Öl- und Gasindustrie. Aber wenn wir über Tiefsee-Knollen in einer Tiefe von 4000 bis 6000 Metern sprechen, zum Beispiel in der Clarion Clipperton Zone, dann habe ich bisher niemanden gesehen, der eine brauchbare Lösung anbietet. Eine Lösung, die die Knollen zuverlässig, 300 Tage im Jahr, rund um die Uhr an die Oberfläche pumpt."

Manganknollen zwischen Hawaii und Mexiko

Kapusniak weiß, wovon er spricht. Sein Arbeitgeber SMD baut nicht nur Unterwasser-Ausrüstung für die Öl- und Gasindustrie. Die Firma hat auch einige der ersten Bergbaumaschinen für den Einsatz am Meeresgrund produziert. Sie sollten kupfer- und goldhaltige vulkanische Gesteine vor der Küste Papua Neuguineas fördern. Aber das Projekt scheiterte und ist mittlerweile bankrott. Noch komplexer wäre der Abbau von Manganknollen in sechs Kilometern Tiefe.
"Man könnte die sehr ineffizient einsammeln, mit Greifern, die an Kabeln heruntergelassen werden. Aber das ist keine industrielle Produktion."
Auf dieses ineffiziente Einsammeln sind die Forschungsschiffe angewiesen, die derzeit in der Clarion Clipperton Zone im Pazifik Proben nehmen. Das Gebiet zwischen Hawaii und Mexiko beherbergt die höchste Konzentration an Manganknollen weltweit. Viele Länder und Konzerne haben Interesse angemeldet. Dass noch niemand angefangen hat, Knollen zu sammeln, liegt aber nicht nur an der fehlenden Technologie. Es fehlt auch ein rechtlicher Rahmen.

UN-Meeresbodenbehörde plant Förderung ab 2020

"Ohne die Erlaubnis der Internationalen Meeresbodenbehörde gibt es keinen Zugang zu Tiefseemineralien und keinen Tiefseebergbau. Das ist ein einzigartiger Fall einer Ressource die international verwaltet wird."
Sagt Michael Lodge. Er leitet die UN-Behörde mit Sitz in Jamaika, die die Rohstoffe in internationalen Gewässern verwaltet. Seit ihrer Gründung 1994 hat die ISA nur Erkundungslizenzen vor allem für Forschungszwecke vergeben – unter anderem an China, Großbritannien und Deutschland. Firmen, die in Internationalen Gewässern Rohstoffe fördern wollen, müssen sich von einem der Länder sponsern lassen. Im Fall von DeepGreen sind das die Inselstaaten Kiribati und Nauru.
"Wir arbeiten gerade an den Bedingungen, die uns erlauben, zur Förderung überzugehen. Es geht um die Anforderungen für Umweltverträglichkeitsprüfungen, die Länge der Förderprojekte, die Größe der Flächen die zugeteilt werden können, die Arten der Flächen, die als Schutzzonen deklariert werden, das finanzielle System und so weiter. Wir arbeiten seit fünf Jahren an diesen Abbaurichtlinien."


Im kommenden Jahr soll es soweit sein. 2020 sollen die Gesetze verabschiedet werden. Im Gespräch wird klar: Auch Michael Lodge – Chef der UN-Meeresboden-Behörde – glaubt, dass der Vorstoß in Richtung Tiefsee unausweichlich ist.
Das Tauchboot "Jiaolong" an Bord eines Forschungsschiffes nach dem Testtauchgang.
Der Wettlauf der Nationen um Rohstoffe im Meer läuft. Hier sucht China im Pazifik mit einem Tauchboot, das eine Tiefe von 5057 Meter erreicht.© picture alliance / dpa / China Foto Press

Firmen entdecken den Ozean als Wirtschaftsfaktor

Ein Hotel im Zentrum Oslos. Das norwegische Außenministerium hat zur "Our Ocean"-Konferenz geladen. Ministerinnen, Firmenchefs und Wissenschaftlerinnen aus der ganzen Welt sind angereist. Es geht um Plastikmüll und Klimawandel, um Innovation und Nachhaltigkeit als Geschäftsmodell.
In einem Video auf der Bühne heißt es:
"The ocean is an economic powerhouse. It provides us with food and other essential resources, and livelihoods for millions of people worldwide. This ocean economy is said to double by 2030 – but only if the ocean is healthy."
Worte wie "Regulierung" oder "Weniger ist mehr" fallen nicht in Oslo. Umso häufiger hört man den Begriff "Blue Growth" – blaues Wachstum. Der Ozean als Wirtschaftsmotor. Schützen will man ihn, aber er soll auch liefern: Jobs, Nahrung, Energie. Und so wird auch über Tiefseebergbau gesprochen. Behörden-Chef Michael Lodge nimmt an Podiumsdiskussionen teil. Und auch DeepGreen-CEO Gerard Barron stellt sich auf der Bühne den kritischen Fragen der Moderatorin.
Im Publikum sitzt auch Karmenu Vella, der Meereskommissar der Europäischen Union. Am Tag zuvor hat Vella auf der gleichen Bühne über Verantwortung gegenüber der Umwelt gesprochen. Zum Thema Tiefseebergbau sagt er:
"Wir sind der Meinung, man sollte nicht mit ökonomischen Aktivitäten beginnen, bevor es vernünftige wissenschaftliche Gutachten gibt, die besagen, dass diese Aktivität nachhaltig ist."

Wo Manganknollen fehlen, kehrt das Leben nicht zurück

Derzeit sieht es nicht so aus. Eine von Forschern aus Deutschland und anderen europäischen Ländern durchgeführte Studie namens JPI Oceans Mining Impact zeigt: Veränderungen des Meeresbodens sind auch nach Jahrzehnten noch sichtbar. Und: Manganknollen-Felder sind Lebensräume für zahlreiche Organismen. Entfernt man die Knollen hat das verheerende Folgen, sagt Diva Amon, Meeresbiologin aus Trinidad.
"Mindestens 50 Prozent der größeren Tiere sind auf die Knollen als Untergrund angewiesen, um sich zu verankern: Korallen, Anemonen und Schwämme halten sich daran fest. Die JPI Oceans Forscher und andere haben festgestellt, dass das Leben in diesen Gebieten nicht zurückgekehrt ist, weil die Knollen fehlten."

Eine Tiefseequalle im Ozean. Ein bläulich schimmernde Qualle bewegt sich durchs Wasser.
"Wird dieses System beschädigt, erholt sich das weder in unserer Lebenszeit, noch in der unserer Kinder oder Enkelkinder." – Eine Tiefseequalle im Ozean.© imago images/Design Pics
Diva Amon bereitet sich gerade auf ihren Bühnenauftritt in Oslo vor. Sie hat sich auf Tiefseeforschung spezialisiert, gibt aber unumwunden zu: Wir wissen noch viel zu wenig.
"Was wir wissen ist: Das Leben da unten ist langsam. Tiere brauchen lange um zu wachsen. Sie brauchen lange, um geschlechtsreif zu werden und sich zu vermehren. Das heißt auch, dass Tiere und Artengemeinschaften länger brauchen, sich von Einflüssen zu erholen. Einige Korallen und Schwämme in der Tiefsee sind älter als 4000 Jahre. Wird dieses System beschädigt, erholt sich das weder in unserer Lebenszeit, noch in der unserer Kinder oder Enkelkinder."

UN-Meeresbodenbehörde ist intransparent

Matthew Gianni hat es nicht nach Oslo geschafft. Deswegen treffen wir uns in Amsterdam.
Der US-Amerikaner ist Mitbegründer der Deep Sea Conservation Alliance. Ein niederländischer Verband, der viele Tiefsee-Schützer weltweit vereint. Gianni selbst sitzt als Beobachter mit am Tisch, wenn die UN-Meeresbodenbehörde und ihre Mitgliedsländer über die Abbaurichtlinien verhandeln. Zumindest soweit das möglich ist.
"Die ISA wurde unter dem Seerechtsübereinkommen gegründet und soll Ressourcen zum Nutzen der gesamten Menschheit verwalten. Und da gibt es ein ernstes Transparenzproblem. Denn die Verträge, die die ISA zu Erkundungszwecken ausgegeben hat, sind vertraulich. Sie sind geheim. Wir als Öffentlichkeit haben da keinen Einblick."
Gianni kritisiert auch, manche Gremien der UN-Behörde hätten zu viel Macht und würden Entscheidungen hinter verschlossen Türen treffen. Behörden-Chef Michael Lodge weist diese Vorwürfe als falsch und unfair zurück. Umweltverbände und Öffentlichkeit seien immer eingeladen, Änderungswünsche vorzutragen. Aber Matthew Gianni winkt ab. Einwände von Nichtregierungsorganisationen oder kritischen Staaten fänden selten Beachtung. Zum Beispiel der Hinweis auf potenzielle Umweltschäden durch Sand und Schlamm, die beim Abbau aufgewirbelt oder nach dem Abpumpen wieder ins Meer geleitet werden.
"Wenn Sandwolken wandern, hat das Einfluss auf Lebewesen darüber und in der Nähe – abseits der eigentlichen Abbauflächen. Arten wie Korallen oder Schwämme, die auf den Knollen wachsen, filtern zum Beispiel organisches Material aus dem Wasser. Fährt nun eine schwere Maschinen über den Meeresgrund und wirbelt viel Sediment auf, schadet das den Organismen, die ihre Nahrung aus dem Wasser filtern."
Die Maschinen brächten außerdem Lärm und Licht in bisher nahezu unberührte Regionen. Dazu könnte eine wichtige Funktion der Ozeane leiden: Sie binden in großem Maßstab das Treibhausgas CO2. Alle Schäden wären nach menschlichem Maß unumkehrbar.

Besser Elektroschrott ausbeuten als den Meeresboden

Vom Argument der Befürworter – wir brauchen die Tiefseemetalle für die Energiewende und Autobatterien – hält Gianni nichts. Für ihn klingt das so, als würde man mehr Rinder züchten wollen, um den Hunger auf der Welt zu bekämpfen. Kurzfristig würde es helfen, aber klug wäre es nicht.
"Die Metalle sind in den Technologien, die wir schon besitzen. Wir werfen derzeit rund 85 Prozent unseres Elektroschrotts weltweit weg. Wir könnten erst einmal diese Metalle ernten, bevor wir uns entscheiden, nach neuen Quellen für Metalle zu suchen."


Vielleicht überdenken wir in Zukunft auch das Konzept Auto. Und vielleicht verändert sich in den kommenden Jahrzehnten die Zusammensetzung von Batterien, sagt Gianni. Was dann? Schon jetzt suchen Batterieforscher nach Alternativen für Kobalt.
Aufnahme eines 50 x 50 Zentimeter großen und rund 40 Zentimeter tiefen Stückes des Meeresbodens mit Manganknollen, im sogenannten Kastengreifer aus Metall.
Ein sogenannter Kastengreifer hat ein 50 x 50 Zentimeter großes und rund 40 Zentimeter tiefes Stück Meeresboden mit Manganknollen aus dem Pazifik ausgestanzt.© picture alliance / dpa / BGR

Neue Arten in der Tiefe entdeckt

In der Tiefsee gelingt Forschern heute, was an Land nur noch selten möglich ist. Immer wieder entdecken Forscherinnen wie Diva Amon in den Tiefen der Meere bisher unbekannte Lebewesen.
"Bei einem Projekt in der östlichen Clarion Clipperton Zone haben wir auf 30 Quadratkilometern, einer Fläche so groß wie Singapore, 1000 Arten entdeckt. Mehr als 90 Prozent waren der Wissenschaft unbekannt. So wenig wissen wir über diesen Lebensraum."
Tiefseebergbau würde nur eine kleine Fläche dieses Lebensraums betreffen, sagen Befürworter der Industrie. Aber das will Meeresbiologin Amon nicht gelten lassen.
"Unsere Ozeane sind so wichtig für unsere Existenz. Sie speichern Kohlenstoff. Sie regulieren das Klima, indem sie Wärme speichern. Sie sind wichtig für den Nährstoffkreislauf. Sie versorgen uns mit Essen und anderen Rohstoffen. Selbst wenn die Auswirkungen des Abbaus verhältnismäßig klein wären – heißt ‚klein‘ weniger wichtig? Ich weiß es nicht."

Politik kann den neuen Goldrausch noch aufschieben

Die Meeresbodenbehörde der UN hofft darauf, 2020 alle nötigen Gesetze zu verabschieden. Holt dann die Technologie auf, könnte der Goldrausch beginnen. Unausweichlich ist das nicht. Allerdings müsste die internationale Gemeinschaft an einem Strang ziehen und für einen Aufschub stimmen. Das EU-Parlament hat das bereits getan. Das Umwelt-Komitee des britischen Parlaments auch. Deutschland scheint noch unentschieden, setzt derzeit aber auf Forschung.
"Wir müssen auf die Wissenschaft hören. Gerade wenn wir verantwortungsvolle Entscheidungen treffen wollen."
Diva Amon und Kollegen haben Videos von ihren Tiefsee-Erkundungen mitgebracht. Darauf sieht man wundervoll bizarre Lebensformen.
"Die Artenvielfalt in der Tiefsee ist sehr hoch. Viele der Tiere dort sind aufgrund der extremen Bedingungen sehr ungewöhnlich und einzigartig."

Meere als Testlauf für Weltraumbergbau

Die Tiere sehen aus wie außerirdische Lebensformen in dunkler Schwerelosigkeit. Womit der nächste Industrietrend schon an die Tür klopft. In unserer Gier nach Rohstoffen schauen wir schon gen Himmel. Luxemburg hat bereits eine Weltraumagentur gegründet und jüngst einen Vertrag mit den USA geschlossen zum Abbau von Eisen, Nickel, Zink, Mangan und Kobalt auf erdnahen Asteroiden. Und bei meinen Gesprächen mit Menschen aus der Bergbauindustrie tauchten schon Firmen auf, die Maschinen testen für den Weltraumbergbau.
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