Thomas Demand über US-Präsident Trump

"Moralisch verkommene Sauereien"

10:52 Minuten
Porträt von Thomas Demand auf dem Balkon der Berliner Akademie der Künste.
Der Künstler Thomas Demand lebte länger in den USA und hofft, dass sich das Land von der Ära Trump wieder erholt. © Picture Alliance / Eventpress / Rekdal
Thomas Demand im Gespräch mit Britta Bürger · 03.11.2020
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Der Fotokünstler Thomas Demand pendelt seit zehn Jahren zwischen Berlin und Los Angeles. Zu Beginn von Donald Trumps Präsidentschaft warnte Demand vor dessen Dummheit. Seine Niedertracht habe er jedoch unterschätzt.
"Niemand hat sich ausdenken können, wie bösartig man Politik betreiben kann", sagt der Künstler Thomas Demand mit Blick auf Donald Trumps US-Präsidentschaft. Die Niedertracht, mit der Trump seine Projekte verfolgt, habe er unterschätzt. Ihm sei auch nicht klar gewesen, dass es in den USA gegen viele dieser "Sauereien" gar keine Handhabe gebe. "Die waren ganz offensichtlich moralisch verkommen und unter aller Kritik, aber sie waren nicht illegal."

US-Künstlerkreise sind "total depressiv"

In Los Angeles, wo Demand als Fotokünstler ein zweites Standbein hat, habe sich die Stimmung stark verändert. Sie sei "total depressiv". In den vergangenen Jahren hätten sich Gespräche fast ausschließlich um Politik gedreht. Seine Bekannten wüssten alle, dass das eine "furchtbare Katastrophe" sei und dass die USA international sehr viel an Respekt verloren hätten.
Allerdings befänden sich die Künstler zum Teil in einer "Blase". Dort hätten sie auch sehr viel Einfluss, so Demand. Aber das sei auch genau das Problem: In sogenannten "echo chambers" (Echokammern) befördere man lediglich seine eigene Meinung, höre aber selten von der anderen Seite. "Es gab überhaupt keinen Austausch mehr. Ich kannte ein paar Leute, die Trump gewählt haben, die reden heute nicht mehr darüber." Man müsse sich wirklich darum bemühen, die Argumentation des sogenannten Gegners zu verstehen.

Enorme Politisierung der US-Amerikaner

Die Trump-Präsidentschaft habe dazu geführt, dass sich die Amerikaner stärker politisiert hätten. "Und zwar vom ersten Tag an", sagt Demand. "Und auch der Widerstand hat sich auf jeden Fall sehr viel mehr manifestiert, als ich das in Amerika vorher kannte." In früheren Arbeiten hat sich der Foto-Künstler bereits mit dem Weißen Haus und dem Oval Office auseinandergesetzt. Was sich für seine künstlerische Arbeit aus den Trump-Jahren entwickeln werden, könne er noch nicht absehen.
Die Idee von Fake, die sich durch diese ganze Präsidentschaft gezogen haben, "also Fake als Lebensprinzip und auch als Moralprinzip", die sei für eine künstlerische Auswertung interessant. Jedoch gebe es auch Bilder von Grausamkeiten, die die Regierung verantwortet habe, die einem im Kopf bleiben würden, wie Bilder aus Texas, in denen Kleinkinder von Migranten in Käfigen isoliert worden sind. "Das ist unvergesslich. Solche Bilder werden bleiben."

Trump sät Mythologien für sein Nachleben

Daran, dass Trump jetzt schon vorab seinen Sieg proklamiere, könne man jedoch sehen, dass seine Präsidentschaft "zusammenfallen werde wie ein Soufflé". Mit der frühen Deklaration seines Wahlsiegs zeige Trump, dass er im Grunde schon die Mythologien für sein Nachleben säe. "Insofern hoffe ich auf jeden Fall, dass dieses Land wieder aus diesem Tunnel herausfindet."
Es werde aber Jahre dauern, bis sich das Land davon erholt habe. Aber das hätte schon Tradition, so Demand: "Was ich immer schon beobachtet habe in Amerika, dass meistens die Republikaner das Land in den Graben fahren und dann die Demokraten den Scherbenhaufen übernehmen müssen, acht Jahre brauchen, um das wieder einigermaßen aufzustellen, und so wird es wohl auch dieses Mal sein. Hoffentlich aber nicht in acht Jahren, sondern nach vier Jahren. Das ist natürlich ein Rekord."
(kpa)
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