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Kulturagenten in Schulen
"Schüler für Kunst und Kultur begeistern"

Vor vier Jahren startete in fünf Bundesländern das Modellprojekt "Kulturagenten für kreative Schulen". Es sollte Kooperationen zwischen Schulen und Kultureinrichtungen vermitteln. Kristin Bäßler vom Kulturagenten-Programm sagte im DLF, dass künstlerische Fächer gestärkt werden sollten - das sei eine wichtige Basis, um Kunst und Kultur in der Schule zu vermitteln.

Kristin Bäßler im Gespräch mit Michael Böddeker | 02.11.2015
    NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne)
    Die Modellphase endet gerade, aber das Programm soll noch weitergehen, unter anderem in Nordrhein-Westfalen, wo Schulministerin Sylvia Löhrmann eine Auftaktveranstaltung besuchte. (picture alliance / dpa / Maja Hitij)
    Michael Böddeker: Wie vermittelt man Kunst und Kultur an der Schule? Klar, da gibt es klassischerweise Kunst- und Musikunterricht, aber in Sachen kulturelle Bildung ist noch mehr drin. Das ist zumindest die Idee hinter dem Programm "Kulturagenten für kreative Schulen". Das ist vor vier Jahren als Modellprojekt in fünf Bundesländern gestartet, es sollte Kooperationen zwischen Schulen und Kultureinrichtungen vermitteln. Die Modellphase endet gerade, aber das Programm soll noch weitergehen, unter anderem in Nordrhein-Westfalen, wo heute auch eine Auftaktveranstaltung mit Schulministerin Sylvia Löhrmann stattfindet. Über das Projekt habe ich mit Kristin Bäßler von Kulturagenten gesprochen und sie gefragt, wer sind denn diese Kulturagenten, die an die Schulen gehen?
    Kristin Bäßler: Die Kulturagenten, die in unserem Programm mitgemacht haben, sind Personen mit einem künstlerischen Hintergrund. Das sind Filmemacher, wir haben Kultur- oder Kunstvermittler selber, wir haben bildende Künstler, Theaterpädagogen, also Menschen, die immer an der Schnittstelle zwischen Kultur und Schule auch gearbeitet haben.
    Kulturfahrplan entwickelt
    Böddeker: Und was haben die dann an den Schulen gemacht?
    Bäßler: Ganz konkret sind sie in die Schulen gegangen und haben erst mal eine Erhebungsphase gemacht. Sie haben zusammen mit den Schulen überlegt, wie die Schule ein künstlerisch-kulturelles Profil entwickeln kann, wie können Räume in den Schulen geschaffen werden für kulturelle Bildung, mit welchen Kooperationspartnern kann man vor Ort arbeiten. All diese Dinge wurden zunächst erst mal erhoben, dann haben die Kulturagenten mit den Schulen einen sogenannten Kulturfahrplan entwickelt, und der wurde dann in vier Jahren umgesetzt, und zwar mit ganz konkreten Projekten, die an den Schulen stattgefunden haben. Das waren Museumsprojekte mit verschiedenen Kulturinstitutionen, wie hier in Berlin zum Beispiel mit dem Bode-Museum oder der Berliner Schaubühne oder mit dem LWL-Museum in Münster. Also da gab es einfach ganz verschiedene Projekte, die umgesetzt wurden in den vier Jahren, um eben auch die Schülerinnen und Schüler für Kunst und Kultur zu begeistern und sie auch selber da ranzuführen und partizipativ teilhaben zu lassen.
    Böddeker: Haben Sie ein Beispiel für ein bestimmtes Projekt?
    Bäßler: Wir haben zum Beispiel ein Projekt hier aus Berlin mit dem Bode-Museum. Da war es so, dass über mehrere Monate zusammen sowohl die Museumspädagogen, die Museumsleitung und die Lehrer und Schüler zusammen ein großes Vermittlungsformat haben, nämlich dass fast tausend Schüler einer Schule einen ganzen Tag auf der Museumsinsel in Berlin waren, die verschiedenen Museen besucht haben und dafür auch Vermittlungsformate entwickelt haben und geschaut haben, was interessiert eigentlich die Schüler an Skulpturen, an den Gemälden und wie kann das vermittelt werden. Das ist ein ganz wesentliches, großes Projekt gewesen, was eben auch gezeigt hat, wie was geleistet werden kann, wenn Schulen und Kultureinrichtungen wirklich zusammenarbeiten und dann auch die Bedarfe sowohl der Schulen als auch Kulturinstitutionen, aber vor allem auch der Schülerinnen und Schüler eben zu treffen.
    Interkulturelle Bildung
    Böddeker: Kulturagenten heißt dieses Programm ja, "Kulturagenten für kreative Schulen", was genau ist da gemeint mit Kultur?
    Bäßler: Im Programm gehen wir auf jeden Fall von einem weiten Kulturbegriff aus. Das bedeutet, dass es natürlich um die Sparten, also um Theater, um Museen, um Museums- und bildende Kunst, um Tanz, um Musik vor allem auch, aber es geht letztendlich darum auch, verschiedene Zugänge zu diesen Sparten zu finden und auch diese Sparten miteinander zu verknüpfen. Wir haben auch Projekte zum Beispiel zum Thema Nachhaltigkeit, es gab verschiedene Projekte zum Thema interkulturelle Bildung beispielsweise, also das sind sehr vielfältige Herangehensweisen.
    Böddeker: Kunst und Kultur an der Schule ist wichtig, da würden wahrscheinlich viele zustimmen, aber in der Diskussion um Schule und auch darüber, welche Schulfächer besonders wichtig sind, da werden ja meist die naturwissenschaftlichen Fächer genannt oder auch Technik und Informatik, also die MINT-Fächer. Ist das schwierig, sich da mit Kunst und Kultur dagegen durchzusetzen?
    Bäßler: Es ist sicherlich nicht ganz einfach, aber – und das war eben auch ein Ansatz des Programms – es ging im Grunde genommen darum, auch zu zeigen, welche Möglichkeiten durch kulturelle Bildung in Schule tatsächlich möglich sind und wie auch Fächer verbunden werden können, wie beispielsweise bildende Kunst oder Theater mit Physik oder Mathematik verbunden werden können. Ich glaube, das Programm bei uns ist tatsächlich gestartet ausgehend immer von den künstlerischen Fächern und dass die natürlich auch gestärkt werden sollen, denn das ist natürlich eine ganz wichtige Basis, um Kunst und Kultur in Schule auch zu vermitteln.
    Veränderungsprozesse an Schulen anstoßen
    Böddeker: Die Modellphase endet jetzt, was haben Sie daraus gelernt, wo gab's zum Beispiel noch Schwierigkeiten?
    Bäßler: Wir haben tatsächlich festgestellt, dass solche Prozesse oder Veränderungsprozesse, die in Schulen angestoßen werden – in unserem Fall jetzt durch Kunst und Kultur –, dass das Prozesse sind, die nicht durch ein Projekt oder durch eine Aktivität an der Schule tatsächlich umgesetzt werden sollen. Es braucht dafür Zeit, es braucht Zeiträume, es braucht Verantwortlichkeiten, es braucht ganz klare Strukturen, und es braucht vor allem Allianzen in der Schule – Schulleitung, Lehrer, Eltern, Schülerinnen und Schüler, aber auch eben die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern wie Kultureinrichtungen oder eben Künstlerinnen und Künstlern.
    Böddeker: Wie soll es jetzt nach der Modellphase weitergehen mit den Kulturagenten?
    Bäßler: Das Programm wird in den fünf beteiligten Bundesländern weitergeführt werden noch die nächsten vier Jahre. Erfahrungen aus dem Programm, Arbeitsmaterialien, die wir im Rahmen des Programms entwickelt haben, die werden sowohl den "alten" Schulen, in Anführungsstrichen, aber neuen Schulen zur Verfügung gestellt werden, sodass sich eben dieses Programm beziehungsweise die Arbeit der Kulturagenten, nämlich Teilhabe zu schaffen für Kunst und Kultur, stark verankern kann, vor allem vor Ort in den Schulen und in den Kommunen.
    Böddeker: Sagt Kristin Bäßler vom Projekt "Kulturagenten für kreative Schulen", das gerade seine Modellphase abgeschlossen hat. Jetzt beginnt ein Folgeprogramm, und zwar in Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Berlin, Baden-Württemberg und Thüringen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.