Theo Deutingers "Handbook of Tyranny"

Die ganz normalen Grausamkeiten des 21. Jahrhunderts

09:02 Minuten
Strick,um eine Exekution in Afghanistan vorzubereiten
In dem Buch geht es auch um die Todesstrafe. © dpa / picture alliance / Wali Sabawoon
Theo Deutinger im Gespräch mit Shanli Anwar · 20.11.2018
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Wie werden Menschen heute in ihrer Freiheit behindert? Um diese Frage geht es in Theo Deutingers "Handbook of Tyranny". Die Beiträge und Illustrationen in dem Buch seien auch ein Appell, sich aufzulehnen, meint der Autor.
Die Seiten des "Handbook of Tyranny" haben die Anmutung technischer Zeichnungen, Bedienungsanleitungs-Illustrationen sowie grafischer Veranschaulichungen von Statistiken und Studienergebnissen. Es zeigt die ganz normalen Grausamkeiten des 21. Jahrhunderts. Das Buch erscheine "wie eine ausgegrabene Blaupausensammlung, die für oder von einem Diktator unserer Zeit" gezeichnet worden sei, heißt es im Vorwort von Autor Theo Deutinger.
Als Architekt habe er Interesse "an Entwürfen, die uns in unserer Bewegungsfreiheit einschränken", erklärt Deutinger im Deutschlandfunk Kultur. "Ich war nur auf der Suche nach negativen Architekturen, die gegen den Menschen gerichtet sind."
In dem Buch geht es in mehreren Zeichnungen um Todesstrafen im Iran, in Saudi-Arabien und in den USA. Die Gefahr, dass Gewalt verharmlost wird, wenn sie so steril dargestellt wird, sieht er nicht: "Ich glaube, gerade in der Sterilität wird die Gewalt wirklich erst sichtbar."

Das Buch als "Basis für Proteste"

In den Zeichnungen des Buches geht es auch um Terrorgruppen und um deren Symbole. Oft sind in den Zeichnungen Sonne, Halbmond, Sterne, Hammer, Sichel, aber auch arabische Schriftzeichen zu sehen. Terrororganisationen "denken sich ja was dabei, wenn sie ein Logo entwerfen. Die entwerfen eine Fahne für ihre Bestrebung, und das ist interessant für mich als Gestalter, was diese Gruppierungen verbindet."
Doch in dem Buch geht es nicht nur um Terror und Todesstrafe in fernen Ländern. Es geht in einem Kapitel auch darum, wie ungewolltes Verhalten in westlichen Industriestaaten abgewehrt wird, beispielsweise bei Sitzbänken. "Wenn eine Bank im Abstand von 40 Zentimetern Handlehnen hat, dann kann man sich dort einfach nicht hinlegen", sagt Deutinger. Der Entwurf selbst sei also ein physisches Gesetz.
Er selbst sieht in dem Buch auch einen Appell, um sich aufzulehnen: "Zum Teil ist es schon dafür gemacht als Basis für Proteste, dass man Beweismaterial hat, dass man das Buch nimmt und sagt: Sehen Sie: Hier steht's, so passiert's, und so wollen wir nicht, dass es passiert."
(mhn)
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