Theatertreffen will Regisseurinnen fördern

Quote gegen drastisches Missverhältnis

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Yvonne Büdenhölzer, Leiterin des Berliner Theatertreffens, steht mit verschränkten Armen vor einer Holzwand.
"Die Quote ist ein Instrument der Steuerung", sagt die Leiterin des Theatertreffens, Yvonne Büdenhölzer. © dpa / Jörg Carstensen
Yvonne Büdenhölzer im Gespräch mit Vladimir Balzer · 30.04.2019
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Das Berliner Theatertreffen führt eine Frauenquote ein. In den kommenden Jahren soll mindestens die Hälfte der zehn ausgesuchten Stücke von Regisseurinnen stammen. Noch gebe es ein Missverhältnis der Geschlechter, sagt Festivalleiterin Yvonne Büdenhölzer.
Für das Theatertreffen in der Hauptstadt wählt eine Jury jedes Jahr die "zehn bemerkenswertesten Inszenierungen" aus dem deutschsprachigen Raum aus. Bei der aktuellen Ausgabe, die am 3. Mai beginnt, stammen drei der zehn ausgesuchten Stücke von Regisseurinnen oder einem weiblichen Kollektiv.
Die Festivalleiterin Yvonne Büdenhölzer erklärt im Deutschlandfunk Kultur, sie habe sich lange mit dem Thema Quote auseinandergesetzt, doch reine Absichtserklärungen, mehr Regisseurinnen zum Festival einzuladen, reichten einfach nicht aus, weswegen es nun zu diesem Entschluss gekommen sei.

Das Theatertreffen bildet die aktuelle Lage ab

Büdenhölzer ruft das drastische Missverhältnis in der sogenannten "10er Auswahl" des Festivals seit 1964 in Erinnerung. Von den 231 eingeladenen Regisseurinnen und Regisseuren waren nur 27 Frauen. Und die ersten beiden Regisseurinnen wurden erst 1980 eingeladen. Momentan bilde das Theatertreffen die aktuelle Lage ab: 30 Prozent der Inszenierungen an deutschsprachigen Theatern stammten von Frauen. Dieses Verhältnis findet sich auch in der diesjährigen Auswahl: Zwei Regisseurinnen und ein weibliches Kollektiv wurden eingeladen.
Die Einführung einer Quote habe keine soziale Funktion, betont Büdenhölzer. Vielmehr sei sie ein Instrument der Steuerung. Die Jury werde auch weiterhin die zehn bemerkenswertesten Inszenierungen suchen, dann eben in den zwei Kategorien "Regisseurin" und "Regisseur", doch letztendlich verhandelten alle Künstlerinnen und Künstler gesellschaftlich relevante, aktuelle Fragestellungen, sagt Büdenhölzer. "Wir werden nicht männliche und weibliche Kunst miteinander vergleichen."

Verändertes Sichtungsverhalten der Jury

Durch die Quote verändere sich das Sichtungsverhalten der Jurorinnen und Juroren, erklärt Büdenhölzer. Deutlich mehr Inszenierungen von Frauen würden gesichtet als zuvor. "Das Ergebnis erhoffe ich mir dann im Festival nächstes Jahr auch zu sehen."
"Ich glaube, dass man durch so eine Quote wirklich was bewegen kann, dass man auch einen Impuls setzen kann in die Landschaft hinein. Und meine Hoffnung ist, dass mehr Regisseurinnen auch auf den großen Bühnen werden inszenieren können."
Als Theatertreffen wolle man mit der Quote einen Impuls setzen und zeigen, dass man Wert auf Gendergerechtigkeit lege, dass man Regisseure und Regisseurinnen in der "10er Auswahl" sehen möchte. Andererseits wolle man aber auch einen Impuls in die Theaterlandschaft hinein setzen - in die hierarchisch geprägten Betriebe hinein, gerade weil die dortigen Strukturen der Grund seien, warum die Quote nötig sei.

Die gläserne Decke

Büdenhölzer weist unter anderem darauf hin, dass es sehr viele junge Regisseurinnen gebe, die frisch von der Schule kommen und anfänglich unterstützt und gefördert werden, doch dann relativ schnell gegen eine gläserne Decke stoßen. Nur sehr wenige schafften es dann weiter und könnten sich behaupten, erklärt die Festivalleiterin.
Als Gründe für diesen abrupten Stopp nennt sie unter anderem die Organisationszusammenhänge an Theatern, die sich spätestens bei Familiengründungen vor allem auf Frauen negativ auswirkten. Letztlich müsse sich aber etwas an den Theatern selbst ändern, das Theatertreffen bilde lediglich ab, was die Theater liefern.
(can)
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