Model und Unternehmerin Sara Nuru

Von der Kraft der äthiopischen Kaffeezeremonie

34:01 Minuten
Sara Nuru geht eine Treppe herunter. Sie trägt einen violet, blau, rot karierten Anzug und einen gelben Gürtel.
Botschafterin von Hilfsorganisationen und Kaffeezeremonien: Sara Nuru. © Getty Images / Thomas Niedermueller
Moderation: Ulrike Timm · 05.03.2020
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Einst gewann Sara Nuru die Show "Germany's Next Topmodel" und begann eine internationale Karriere auf dem Laufsteg. Heute leitet sie eine Firma für fairen Kaffeehandel und unterstützt mit ihrem Verein nuruWomen äthiopische Frauen mit Mikrokrediten.
In den 80er-Jahren floh Sara Nurus Familie vor Bürgerkrieg und Hunger auf abenteuerlichen Wegen aus Äthiopien nach Deutschland. Sie selbst wurde in dem bayerischen Ort Erding geboren, als angeblich erstes dunkelhäutiges Baby im dortigen Krankenhaus, worauf die Kleinstadt bei München damals stolz war. So wuchs Nuru mit der bayerischen wie mit der äthiopischen Kultur gleichermaßen auf:
"Ich mag deftiges Essen und Bier. Aber ich mag es auch, wenn es hektisch und laut ist. Ich habe beide Kulturen in mir und bin froh, dass ich mich nicht entscheiden muss."
Wenn sie heute gemeinsam mit ihrer Schwester Sali Nuru fair gehandelten Kaffee aus dem Herkunftsland ihrer Familie vertreibt, geht es ihr dabei nicht nur um den wirtschaftlichen Aspekt. Es geht ihr auch darum, die Kaffeekultur Äthiopiens zu vermitteln:
"Viele assoziieren Äthiopien mit Dürre, Armut und Hunger. Uns ist wichtig, den Blick auf dieses Land zu ändern. Da war Kaffee sehr nahe liegend. Jeder trinkt Kaffee. Und nur die wenigsten wissen, wo er herkommt. Dafür wollen wir ein Bewusstsein schaffen."

Kaffee ist vielfältiger als Wein

Nur wenige, die ihn trinken, wissen, dass der Kaffee ursprünglich aus Äthiopien kommt. Obwohl er hierzulande zu den wichtigsten Konsumgütern zählt, bleibt er in Zubereitung und Herstellung meist weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Von der äthiopischen Kaffeekultur können sich die Deutschen einiges abgucken, meint Nuru:
"Man muss Kaffee wie Wein betrachten. Kaffee hat sogar noch mehr Geschmacksnuancen als Wein, je nachdem, wo er herkommt. Manchmal wird der Kaffee in Äthiopien in Gärten angebaut, neben Bananenstauden und Mangobäumen. Diese Früchte kann man in der Bohne schmecken."
In jedem äthiopischen Haushalt gibt es eine klassische Kaffeezeremonie: "Auf offenem Feuer werden die grünen Kaffeebohnen geröstet, mit der Hand gemahlen und drei Mal aufgegossen. Der erste Aufguss dient dem reinen Genuss. Der zweite Aufguss dient dem Ansprechen von Problemen. Und beim dritten Aufguss werden diese Probleme gelöst."

Frauen mit Krediten fördern

Neben dem fairen Handel mit Kaffee vergibt ihre Organisation auch Mikrokredite an Frauen. Aus dem Verkauf des Kaffees wird dies finanziert, ein eigener Verein vergibt sie in Summen von 100 bis 250 Euro.
"Es sind die Frauen, die von der Armut betroffen sind. Es sind auch die Frauen, die die meiste Arbeit machen, aber leider keinen Zugang zu eigenem Einkommen haben".

Erfolgreiche Modelkarriere

Bekannt geworden ist Sara Nuru als Model. Sie gewann Heidi Klums Wettbewerb "Germany’s next Topmodel" – dabei wollte sie anfangs gar nicht teilnehmen.
"Mein Freund hat sehr viel in mir gesehen, viel mehr als ich selbst, und hat mich dort hingeschleppt."
Dass sie die erste Gewinnerin mit dunkler Hautfarbe war, führte 2009 zu hoher Aufmerksamkeit. Es folgte eine internationale Modelkarriere – mit Licht- und Schattenseiten:
"Man muss wissen, dass man als Model eine ausführende Kraft ist", sagt sie. "Die Kunden haben eine genaue Vorstellung, was sie haben wollen. Da geht es nicht darum, ob ich gut aussehen will."

Ein Eisbecher für 1000 Euro

Sie drehte Werbespots und wurde das Gesicht bekannter Modelabels. Bis zu einem Schlüsselerlebnis, bei dem ihr klar wurde, dass ihr soziales Engagement für Äthiopien nicht gut mit diesem Beruf vereinbar ist. Sie sollte einen mit Blattgold verzierten Luxuseisbecher probieren, der 1000 Euro gekostet hatte.
"Ich habe mich geschämt. Ich habe mich damals schon sozial engagiert für Arme in Äthiopien. Und das war das, was die Leute von mir sahen. Diese zwei Welten konnte ich nicht mehr miteinander vereinen."
Als Botschafterin von Hilfsorganisationen bereist sie heute regelmäßig das Land ihrer Vorfahren, um vor allem Frauen zu begegnen und gemeinsame Projekte zu befördern.
(AB)
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