Theater in Bayern in Gefahr

Intendanten fordern Rücknahme verschärfter Corona-Maßnahmen

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Abendlich erleuchtetes Residenztheater am Max-Joseph-Platz in München.
Auch das Residenztheater in München sei durch die neuen Antipandemiemaßnahmen bedroht, sagt Intendant Andreas Beck. © imago-images / imagebroker / Marc Rasmus
Andreas Beck im Gespräch mit Johannes Nichelmann · 23.10.2020
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Intendanten bayerischer Bühnen haben Ministerpräsident Söder aufgefordert, die verschärften Corona-Auflagen für Theater zurückzunehmen. Die Häuser seien in ihrer Existenz bedroht, obwohl es keine einzige Infektion durch einen Theaterbesuch gebe.
In einem offenen Brief haben Intendanten führender bayerischer Bühnen Ministerpräsident Markus Söder (CSU) aufgefordert, die verschärften Corona-Auflagen für Theater zurückzunehmen. Es habe bisher keine einzige nachweisliche Infektion durch einen Theaterbesuch gegeben, heißt es in dem Brief.
Darin wird gefordert, den bisherigen Spielbetrieb mit 200 bzw. 500 Zuschauern auch bei hohem Inzidenzwert aufrecht erhalten zu dürfen. Alles andere käme für die Theater einem zweiten Lockdown gleich und bedeute eine Existenzbedrohung für alle Bühnen in Bayern.

Absurdes Messen mit zweierlei Maß

Er wolle die Pandemie nicht kleinreden und sei wie viele in großer Sorge um die gesundheitlichen Folgen, sagt Andreas Beck, Intendant des Münchner Residenztheaters und einer der Unterzeichner des Briefs. "Aber ich glaube, dass wir jetzt bewiesen haben, dass die Hygienekonzepte funktionieren, die wir erarbeitet haben. Und ich glaube, man kann fast sagen: Nirgendwo ist es sicherer als im Theater, man kann sich nicht sicherer unterhalten als im Theater!"
Es sei absurd, dass scheinbar mit zweierlei Maß gemessen werde, denn die Lufthansa werde auch nicht mit unter 50 Passagieren pro Flugzeug fliegen müssen und auch die Züge der Deutschen Bahn werden weiterhin voll sein. Da sei es klar, dass das zunehmend auf Unverständnis beim Publikum stoße.
Er sehe ein, dass gerade die Theater Vorbildcharakter haben und mit gutem Beispiel in der Pandemie vorangehen sollten, sagt Beck. "Gleichwohl muss ich aber festhalten: Wenn man immer mehr eingeschränkt wird, dann muss man nicht gerade das einschränken, was die sicherste Form der Freizeitgestaltung ist."

Geplante Maßnahmen sind de facto neuer Lockdown

Deswegen habe man in dem Brief einen Sonderweg gefordert. Theater seien keine Schulen oder Behörden, die man wieder öffnen könne und dann funktioniere alles wieder. "Wir müssen auch noch Kunst herstellen. Innerhalb dessen, was Theater ausmacht, ist das Publikum ein wichtiger Teil."
Schon bei den bisherigen Einschränkungen sei das kommende finanzielle Defizit der Theater nicht zu vermeiden. Aber die nun wegen hoher Inzidenzzahlen geplante Beschränkung auf maximal 50 Zuschauer käme de facto einer Schließung gleich.
Die Vorstellungen bisher seien an den Häusern sehr schnell ausverkauft gewesen, sagt Beck. Die Menschen hätten also durchaus Lust auf Theater. Außerdem sehe man, dass in Ländern, in denen die Infektionszahlen höher sind, trotzdem weiter Theater gespielt werde. Man müsse deswegen genau hinschauen und vermeiden "intelligente, geistreiche und ungefährliche Freizeitgestaltung" zu unterbinden in Zeiten, in denen gerade sehr viel unterbunden werde.
(rja)
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