Terrorgefahr

Wann kann ich meine Reise stornieren?

Impression aus dem Voyage Belek Golf & Spa Hotel Ressort, aufgenommen am 08.01.2016 in Belek, Türkei
Voyage Belek Golf & Spa Hotel Ressort, Belek, Türkei © Thomas Eisenhuth/dpa
Von Timo Conraths und Gigi Deppe · 05.08.2016
Nach dem Putschversuch und Anschlägen in der Türkei ist die Lage dort unübersichtlich. Türkei-Urlauber fragen sich, ob sie in das Land reisen können oder stornieren müssen. Allein die Angst vor der Reise, wird nicht als Rücktrittsgrund akzeptiert, so ein Rechtsexperte.
Der Reiserechtsexperte Kay Rodegra gibt eine zweideutige Antwort: Wer reine Reiseängste hat, kann zwar vom Vertrag zurücktreten, muss dann aber mit Stornokosten rechnen.
"Etwas anderes gilt, wenn es am Reiseziel wirklich gefährlich wird für den Reisenden oder mit erheblichen Beeinträchtigungen zu rechnen ist. Dann schützt einen das Pauschalreiserrecht. Dann kann man eine Reise wegen höherer Gewalt kündigen. Das bedeutet, man kriegt seinen Reisepreis zurück und muss keine Stornokosten bezahlen."

Fürsorgepflicht des Veranstalters

Das gilt natürlich auch, wenn Reisende bereits vor Ort sind. Dann trifft den Reiseveranstalter eine Fürsorgepflicht. Er muss die Reisenden in Sicherheit bringen.
"Er darf mich nicht allein lassen. Es zählt keine Ausrede. Er muss mich zurückbefördern nach Hause, wenn der Rückflug Bestandteil des Reisevertrages ist."

Türkei gilt nach Putschversuch als sicher

Aber: Fälle Höherer Gewalt sind die Ausnahme - zum Beispiel Naturkatastrophen oder Krieg. Die Türkei gilt auch nach dem Putschversuch als sicher. Hier heißt es abwarten, meint der Rechtsanwalt Rodegra.
"Derzeit ist es so, dass die typischen Urlauberregionen in der Türkei weiterhin als sicher gelten. Auch das Auswärtige Amt spricht keine Reisewarnung für die Türkei aus. Sollte sich das aber mal ändern, das innere Unruhen entstehen im Land, dann zählt die aktuelle Lage und dann kann es sein, dass Fälle von Höherer Gewalt gegeben sind."
Rücktritt wegen Höherer Gewalt gibt es nur bei Pauschalreisen, nicht wenn Reisende den Flug oder das Hotel einzeln gebucht haben.
"Der Pauschaltourist wird ganz klar besser geschützt. Er hat einfach mehr Rechte als der Individualtourist. Wenn ich als Individualtourist einen Flug buche und auf ein Mal wird es gefährlich in dem Land, die Flüge werden aber trotzdem durchgeführt, dann gibt es kein Kündigungsrecht wegen Höherer Gewalt. Das kennt eben nur das Pauschalreiserecht."
Häufig zeigen sich Reisedienstleister nach dramatischen Ereignissen als kulant. Eine Anfrage lohnt sich also immer.

Wann zahlt eine Rücktrittsversicherung?

Auch wenn persönliche Gründe einer Reise im Wege stehen - etwa ein kranker Angehöriger, eine Schwangerschaft oder eine Kündigung - muss man die Reise nicht antreten, sagt Rechtsanwalt Holger Hopperdietzel:
"Jeder Reisende hat vom Gesetz her die Möglichkeit, den Reisevertrag zu kündigen. Dieses Recht räumt das deutsche Pauschalreiserecht jedem Touristen ein. Allerdings muss man beachten, man kann das nach der gesetzlichen Regelung nicht umsonst tun, sondern man muss eine gewisse Quote des Reisepreises als Stornokosten bezahlen."

Entscheidendes Kriterium: Zumutbarkeit

Gut, wer da eine Reiserücktrittsversicherung hat. Aber die zahlt nicht immer: Die Reise muss dem Urlauber nämlich auch unzumutbar geworden sein. Da sind die Richter ziemlich streng. Sie überlegen ganz objektiv, wie das für einen durchschnittlichen Mensch sein würde. Das führt manchmal zu abstrusen Ergebnissen. So hat das Landgericht Essen entschieden: Wer eigentlich in den Sporturlaub wollte und dann auf einmal Hüftprobleme kriegt, dem ist die Reise nicht mehr zumutbar. Hat er aber einen Erholungsurlaub gebucht, kann er trotzdem fahren, findet das Gericht. Denn im Erholungsurlaub muss man sich nicht viel bewegen.
Und noch eines ist wichtig: Wenn die Urlauber irgendwie voraussehen konnten, dass sie etwas am Urlaub hindern wird - zum Beispiel also eine schwere Erkrankung - dann übernimmt die Versicherung nichts. Allerdings kommt es nur darauf an, was der Urlauber vor der Reise als Laie erkennen konnte. Heißt konkret: Wer vor der Buchung bestimmte Rückenschmerzen hat, dem muss nicht gleich klar sein, dass seine Bandscheibe operiert werden muss. Und das obwohl ein Arzt die Symptome gleich richtig gedeutet hätte.

Übertragung der Reise auf andere möglich

Das Gleiche gilt, wenn während dem Urlaub ein Angehöriger stirbt. Für die so genannte Reiseabbruchversicherung kommt es nur darauf an, ob der Urlauber vor der Reise erkennen konnte: Um meinen Angehörigen steht es wirklich schlecht. Dass ein Arzt den Ernst der Lage sofort gesehen hätte, ist also egal.
"Wer aber sich darüber Gedanken macht, ob er die Reise vielleicht überträgt auf einen Anderen, der tut wirklich Gutes für sich, denn die Übertragung der Reise auf einen Anderen ist möglich, das hat der Gesetzgeber ausdrücklich so vorgesehen in unserem Reiserecht. Der Reiseveranstalter muss es akzeptieren. Wenn der Reisende sagt, anstatt meiner Person fahren jetzt beispielsweise die Eltern, das muss der Reiseveranstalter hinnehmen."
Er hat allerdings das Recht die Mehrkosten, die im Zusammenhang im Zusammenhang mit der Umschreibung der Flugtickets entstehen, vom Reisenden zu verlangen. Obergrenze dafür ist typischerweise ein Betrag von 30 Euro pro Person.
Die ARD-Rechtsredaktion hat auf Facebook Informationen zusammengestellt, was man bei Reisemängeln tun kann.
Mehr zum Thema