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Nachhaltigkeitsforum der Wirtschaft
Freiwillig umweltfreundlich

Das Unternehmensnetzwerk "Econsense" möchte die nachhaltige Entwicklung in der Wirtschaft fördern und gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Greenpeace kritisiert, dass der Einsatz der Firmen für Umwelt und Nachhaltigkeit oft wenig mit deren Kerngeschäft zu tun habe.

Von Benjamin Dierks | 04.04.2017
    Windenergieanlagen sind am 04.09.2016 unter dunklen Gewitterwolken über dem Landkreis Oder-Spree nahe Sieversdorf (Brandenburg) zu sehen.
    "Econsense" will großen wie kleinen Unternehmen helfen, das Thema Nachhaltigkeit anzugehen. (picture alliance/dpa - Patrick Pleul)
    Wie können wir am besten auf Forderungen nach Umweltschutz und Einhaltung der Menschenrechte eingehen, dabei aber mitbestimmen, wohin die Reise geht?
    So in etwa lautet die Frage, die hinter Econsense steht. Dieses "Forum Nachhaltige Entwicklung", wie der Verein sich nennt, ist so eine Art Arbeitskreis, in dem sich Deutschlands Unternehmen treffen, wenn sie über Umwelt und soziale Fragen reden wollen. Es wurde im Jahr 2000 auf Initiative des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) gegründet. Als Nachhaltigkeit zum Thema wurde und die Schonung von Ressourcen wie auch die Bekämpfung von Ungleichheit immer mehr Fürsprecher fand, wollte auch die Wirtschaft nicht hintenanstehen. Econsense soll großen wie kleinen Unternehmen helfen, das Thema anzugehen.
    "Dass also vom Familienunternehmer bis zum Mitarbeiter in einem multinationalen Unternehmen ein klares Verständnis dafür besteht, wie wichtig das Thema nachhaltige Entwicklung ist und was es auch praktisch bedeutet. Da sehen wir unserer Kernaufgabe."
    Thomas Koenen ist der Geschäftsführer von Econsense. Der Verein bietet Workshops an und diskutiert mit Vertretern aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft. Dazu beraten die Mitarbeiter Unternehmen, wie sie nachhaltig wirtschaften können.
    "Wenn Sie so wollen, ist das ein internes Trainingscamp."
    "Wir verstehen uns nicht als Lobbyorganisation"
    Alles, was in der deutschen Wirtschaft Rang und Namen hat, macht bei Econsense mit, von den Chemiekonzernen Bayer und BASF über die großen Autobauer BMW, Daimler und VW, die Energieversorger Eon oder RWE bis hin zu Industriegrößen wie Siemens und Thyssen. Die Unternehmen wollen aber auch ein Wörtchen mitreden, wenn die Politik neue Regularien plant. Derzeit etwa beraten Bundesregierung und Bundestag darüber, wie sie bis 2030 die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele umsetzen können, die auch die Bundesregierung unterschrieben hat.
    "Wir verstehen uns nicht als Lobbyorganisation, das heißt, wir greifen nicht in Gesetzgebungsvorgänge ein, und dennoch glauben wir, dass es wichtig ist, dass man der Politik klar macht, wie Märkte arbeiten, gerade auch wie Unternehmen in internationalen Märkte arbeiten."
    Was Unternehmen mehr als gewünscht einschränkt, wird auch bei den Nachhaltigkeitsverfechtern der deutschen Wirtschaft rasch als Überregulierung bezeichnet.
    "Es müssen gute Gesetze sein, die dann optimal sind aus unserer Sicht, wenn sie die Innovationskraft der Unternehmen mit Blick auf das Thema Nachhaltigkeit freisetzen. Sie dürfen diese Innovationskraft nicht strangulieren."
    Das bedeutet ein bisschen verklausuliert so viel wie: Lasst uns mal machen, wir wissen am besten selbst, wie wir nachhaltig werden. Dabei sind Neuerungen in der Umwelttechnik beispielsweise fraglos wichtig. Die meisten Unternehmen investierten allerdings zu wenig in Umwelttechnik, um die Ressourcenschonung allein ihrer Innovationskraft zu überlassen, sagt Tobias Austrup von Greenpeace.
    "Sie investieren meistens in die Dividende ihrer Aktionäre, das heißt, der Staat ist schon in der Pflicht, die Rahmen so zu setzen, dass es auch einen Innovationsdruck gibt."
    Probleme mit arbeitsrechtlichen Standards
    Auch Unternehmen, die sich der Nachhaltigkeit verpflichtet haben, würden nicht von sich aus aktiv, wenn sie nicht vom Gesetzgeber in die Pflicht genommen werden. Das zeige der Dieselskandal. Der Einsatz von Unternehmen für Umwelt und Nachhaltigkeit habe mit ihrem Kerngeschäft darüber hinaus oft wenig zu tun, kritisiert Austrup.
    "Wenn ein großer Autobauer ein Schutzprojekt für Reptilien oder Amphibien initiiert, dann macht es die Autos nicht sauberer."
    Unternehmen ernten auch Kritik, wenn in Zulieferunternehmen keine ausreichenden sozialen und arbeitsrechtlichen Standards eingehalten werden. Econsense verlangt von der Bundesregierung, Druck auf die jeweiligen Staaten auszuüben, anstatt deutsche Unternehmer stärker in die Pflicht zu nehmen. Überhaupt sollten Gesetze eher international durchgesetzt werden. Geschäftsführer Thomas Koenen:
    "Für ein Unternehmen ist es enorm schwer, auf unterschiedliche Standards zu reagieren. Und insofern würden wir uns wünschen, dass es auf internationaler Ebene ambitionierte Standards gibt, die aber gleichermaßen für alle Staaten gelten."
    Das sehen Umweltschützer wie Tobias Austrup von Greenpeace anders:
    "Leider muss man feststellen, dass internationale Regeln dazu tendieren, dass man sich auf das Tempo des Langsamsten oder des Störrischsten einigt."
    Und damit sei für die Umwelt dann nicht viel gewonnen.