Tape Art in Berlin

Raffiniert geklebt

Das Plakat zur Tape Art Convention in Berlin.
Das Plakat zur Tape Art Convention in Berlin. © Deutschlandradio / Jule Hoffmann
Von Jule Hoffmann · 10.10.2016
Tape-Art-Künstler arbeiten inzwischen für große Firmen wie Mercedes, Porsche oder Nike. Noch wird ihre Kunst häufig auf die Verwendung eines banalen Alltagsgegenstandes reduziert. Eine Ausstellung in Berlin zeigt aber, dass Tape Art deutlich mehr zu bieten hat.
Am Samstagabend ist der Laden voll. Alle neun Künstler sind anwesend und auch das Fernsehen ist da. Neben einer begehbaren Rauminstallation aus weißem Klebeband sind raffiniert geklebte Bilder auf Leuchtkästen, Designobjekte und Skulpturen ausgestellt.
In einer Ecke steht mit einem Bier in der Hand der Australier Buff Diss, der das Tapen einst beim Sprayen erfunden haben soll. Er nutzte Klebeband als Schablone für Graffitis. Als "Tape Artist" möchte er aber nicht bezeichnet werden.
"Maybe that sounds awkward in a tape art show, but no. In terms of yes, it's a really new medium, its really exciting and then I'm really happy that I came across it, but in terms of how you define the art itself is more than just the medium here, I think. It's a horrible name as well, it sounds super kitsch." (lacht)
Eine Kunstform, die das Material im Namen trägt. Irgendwie scheint es da konsequent, dass die Tape-Art-Szene ihre Blüten in einem Laden treibt, der Klebeband in allen Varianten verkauft. Stefan Busch vom Berliner Künstlerkollektiv Tape That:
"Das ist in erster Linie ein Treffpunkt für Künstler, kein klassischer Laden in dem Sinne, wie man sich´n McPaper oder so vorstellt."

"Ich hab solche Farben noch nie gesehen"

Auch der aus der Ukraine stammende Wahlberliner Slava Ostap entdeckte zuerst einen Stand des Klebebandladens auf dem Flohmarkt im Mauerpark
"Und da waren verschiedene Klebebänder, verschiedene Farben, ich hab solche Farben noch nie gesehen, Gaffa-Tape in Neonfarben. Und als ich das gesehen hab, dachte ich, wow, ich mach Kunst daraus, ich hab was Neues erfunden, wow! Ich hab mich so gefreut, Street Art! Dachte ich. Und die sagten, mach halblang. Hier Visitenkarte, komm vorbei, wir zeigen dir, was du erfunden hast." (lacht)
Kunst bei der Tape Art Convention in Berlin.
Kunst bei der Tape Art Convention in Berlin.© Deutschlandradio / Jule Hoffmann
Tape Art gilt als das neue Ding im Bereich der Urban Art. Die Kunstwerke verbreiten sich vor allem über die sozialen Medien. Längst lässt sich damit gutes Geld verdienen. Tape That hatten schon Aufträge für Firmen wie Mercedes, Porsche, Nike, Krombacher, verschiedene Festivals und Clubs. Stefan Busch:
"Wenn wir keine Auftragsarbeiten machen würden, könnten wir sowas wie die Tape Art Convention auch gar nicht organisieren."

In der Werbung, im Design und in der Kunst

Geklebt wird inzwischen in der Werbung, im Design und in der Kunst. Nur auf der Straße findet man es kaum, sagt Stefan Busch.
"Im Graffiti ist es ja so, dass man was Bleibendes machen will, man will ja quasi sein Revier markieren und man will auf Dauer irgendwie seine Spur in der Stadt hinterlassen. Das funktioniert halt einfach mit Tape nicht so gut, weil es normalerweise an Außenwänden irgendwann wieder abgeht oder die Farbe verliert und weil es halt jeder, den es stört, auch einfach wieder abmachen kann."
Auch sehen sich die Künstler teils in ganz anderen Traditionen. Jay Walker ist für die Tape-Art-Ausstellung aus Philadelphia angereist:
"It also harkens back to the past because like Matisse would like create cut outs and then he would glue the back of them and then stick them on the wall which in a sense is tape. You know like he was a proto tape artist in a sense."
Kunst bei der Tape Art Convention in Berlin.
Kunst bei der Tape Art Convention in Berlin.© Deutschlandradio / Jule Hoffmann
Mit Klebeband hat Jay Walker ein großes anatomisches Herz an die Wand geworfen, in knalligen Popart-Farben. Eine Wand weiter hängen Bilder, die wie Öl-Gemälde aussehen. Sie stammen von Evi Kupfer.

"Es gibt auch ganz klare Farben"

"Also das ist das Spannende an Tape, dass es ein sehr starres Material ist, es gibt auch ganz klare Farben. Und ich versuch einfach alles rauszuholen, malerisch damit umzugehen. Dass aus starrem Material irgendwie ein flüssiges Bild wird."
Evi Kupfer "klebt und arbeitet in Nürnberg" – so steht es im Internet. Die "Kunst von der Rolle", "das Kleben ist schön" – die peinlichen Wortspiele, wenn es um Tape Art geht, zeigen: an Tape Art interessiert bisher vor allem, dass sie aus einem banalen Alltagsgegenstand entsteht. Zu Unrecht, die Kunst hat mehr zu bieten.
Die Ausstellung "Tape Art Convention" ist noch bis zum 5.November in der Berliner Neurotitan Galerie zu sehen.
Mehr zum Thema