Tannhäuser in die Seele gesehen
Regisseur Claus Guth erzählt die Geschichte konsequent aus der Innensicht Heinrich Tannhäusers, der mit dem allumfassenden Anspruch auf Liebe und Anerkennung scheitert. Die gesellschaftliche Sprengkraft bleibt in der Inszenierung seltsam unterbelichtet.
Als teure Halle grüßt Elisabeth auf der Staatsopernbühne das minutiös nachgebaute Schwind-Foyer der Wiener Staatsoper. Statt auf der mittelalterlichen Wartburg spielt der neue Wiener "Tannhäuser" in der Hauptstadt der verfallenden Donaumonarchie um 1910. Schon im ersten Aufzug zeigte er Heinrich Tannhäuser als Opernenthusiasten mit narzisstischer Störung. Er spiegelt sich in den Bühnenhelden, die aus einem roten Theatervorhang auftauchen und wieder in seinen Falten verschwinden.
Als er davon genug hat und die Traumwelt des Theaters verlässt, findet er sich in einem stadtbekannten Stundenhotel wieder. Dort trifft Tannhäuser seine Freunde von früher, die sich offenbar ganz handfest mit den dortigen Damen vergnügt haben. Im zweiten Akt dann, beim Sängerkrieg im Schwind-Foyer, wird endgültig klar, dass Regisseur Claus Guth die Geschichte konsequent aus der Innensicht Tannhäusers erzählt, und dass mit dessen Wahrnehmung irgendetwas nicht stimmt.
Die Wände brechen surreal auf, schwarz verschleierte Personen betreten den Raum. Sie erinnern an die Geheimgesellschaft aus dem Film "Eyes Wide Shut", Stanley Kubricks Adaption von Arthur Schnitzlers "Traumnovelle". Richtig, Wien ist ja auch die Stadt der Psychoanalyse und in der "Traumnovelle" geht es vor allem darum, dass eigentlich nichts geschehen ist, jedenfalls nichts Sexuelles, und trotzdem alle Beteiligten ins Unglück gestürzt werden.
Regisseur Guth erklärt Tannhäuser dann kurzerhand zum klinischen Fall und zeigt ihn im dritten Aufzug als Patienten im Otto-Wagner-Spital, einer damals hochmodernen Klinik. Damit macht er es sich aber ein bisschen zu einfach mit dem allumfassenden Anspruch Tannhäusers auf Liebe und Anerkennung. Wenn der ganz zu Recht in die Psychiatrie abgeschoben wird, dann ist er bloß eine mäßig interessante Fallstudie aus der Frühzeit der Psychoanalyse und kein faszinierender Mensch mehr, der durch seine kompromisslose Lebensweise die Gesellschaft bis heute herausfordern kann. Schließlich zerstört dieser Suchende nicht bloß sich selber, sondern auch ausnahmslos alle Personen um sich herum. Venus genauso wie Elisabeth, und auch sein Freund Wolfram bleibt schließlich auf der Strecke.
Die gesellschaftliche Sprengkraft des hemmungslos ichbezogenen Tannhäuser bleibt in Claus Guths Inszenierung jedoch seltsam unterbelichtet. Der Eklat im Sängerkrieg verpufft ebenso wie seine Verzweiflung in der abschließenden Suche nach dem Venusberg. Allzu reibungslos kann er von der guten Gesellschaft entsorgt werden, ohne dass auch nur ein Hauch von Beunruhigung zurückbliebe.
Mit einem beachtlichen Staraufgebot verabschiedete sich der scheidende Staatsoperndirektor Ioan Holender, und das Publikumsinteresse wurde durch viele Rollendebüts noch mal gesteigert. Dabei war deutlich spürbar, warum "Tannhäuser" als die schwierigste Wagneroper gilt. Der Heldentenor Johan Botha trat in der Titelrolle nicht ganz so elegant auf wie sonst, die Elisabeth der Anja Kampe klang mitunter angestrengt, Michaela Schuster nahm als Venus manchen hohen Ton eher von der sportlichen Seite. Einzig der Bariton Christian Gerhaher hat mit der Rolle des Wolfram keinerlei Probleme und neigt vielleicht deshalb zu einigen störenden Manierismen. Der Dirigent Franz Welser-Möst animierte sie alle wie auch das Orchester zu großer Lautstärke, sodass die Subtilitäten der Partitur nur zeitweise aufscheinen konnten. Heftige Buhs trafen jedoch alleine den Regisseur Claus Guth und seinen Ausstatter Christian Schmidt.
Homepage "Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg" an der Wiener Staatsoper
Als er davon genug hat und die Traumwelt des Theaters verlässt, findet er sich in einem stadtbekannten Stundenhotel wieder. Dort trifft Tannhäuser seine Freunde von früher, die sich offenbar ganz handfest mit den dortigen Damen vergnügt haben. Im zweiten Akt dann, beim Sängerkrieg im Schwind-Foyer, wird endgültig klar, dass Regisseur Claus Guth die Geschichte konsequent aus der Innensicht Tannhäusers erzählt, und dass mit dessen Wahrnehmung irgendetwas nicht stimmt.
Die Wände brechen surreal auf, schwarz verschleierte Personen betreten den Raum. Sie erinnern an die Geheimgesellschaft aus dem Film "Eyes Wide Shut", Stanley Kubricks Adaption von Arthur Schnitzlers "Traumnovelle". Richtig, Wien ist ja auch die Stadt der Psychoanalyse und in der "Traumnovelle" geht es vor allem darum, dass eigentlich nichts geschehen ist, jedenfalls nichts Sexuelles, und trotzdem alle Beteiligten ins Unglück gestürzt werden.
Regisseur Guth erklärt Tannhäuser dann kurzerhand zum klinischen Fall und zeigt ihn im dritten Aufzug als Patienten im Otto-Wagner-Spital, einer damals hochmodernen Klinik. Damit macht er es sich aber ein bisschen zu einfach mit dem allumfassenden Anspruch Tannhäusers auf Liebe und Anerkennung. Wenn der ganz zu Recht in die Psychiatrie abgeschoben wird, dann ist er bloß eine mäßig interessante Fallstudie aus der Frühzeit der Psychoanalyse und kein faszinierender Mensch mehr, der durch seine kompromisslose Lebensweise die Gesellschaft bis heute herausfordern kann. Schließlich zerstört dieser Suchende nicht bloß sich selber, sondern auch ausnahmslos alle Personen um sich herum. Venus genauso wie Elisabeth, und auch sein Freund Wolfram bleibt schließlich auf der Strecke.
Die gesellschaftliche Sprengkraft des hemmungslos ichbezogenen Tannhäuser bleibt in Claus Guths Inszenierung jedoch seltsam unterbelichtet. Der Eklat im Sängerkrieg verpufft ebenso wie seine Verzweiflung in der abschließenden Suche nach dem Venusberg. Allzu reibungslos kann er von der guten Gesellschaft entsorgt werden, ohne dass auch nur ein Hauch von Beunruhigung zurückbliebe.
Mit einem beachtlichen Staraufgebot verabschiedete sich der scheidende Staatsoperndirektor Ioan Holender, und das Publikumsinteresse wurde durch viele Rollendebüts noch mal gesteigert. Dabei war deutlich spürbar, warum "Tannhäuser" als die schwierigste Wagneroper gilt. Der Heldentenor Johan Botha trat in der Titelrolle nicht ganz so elegant auf wie sonst, die Elisabeth der Anja Kampe klang mitunter angestrengt, Michaela Schuster nahm als Venus manchen hohen Ton eher von der sportlichen Seite. Einzig der Bariton Christian Gerhaher hat mit der Rolle des Wolfram keinerlei Probleme und neigt vielleicht deshalb zu einigen störenden Manierismen. Der Dirigent Franz Welser-Möst animierte sie alle wie auch das Orchester zu großer Lautstärke, sodass die Subtilitäten der Partitur nur zeitweise aufscheinen konnten. Heftige Buhs trafen jedoch alleine den Regisseur Claus Guth und seinen Ausstatter Christian Schmidt.
Homepage "Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg" an der Wiener Staatsoper