Tagung über Prostitutionsbekämpfung

Das Geschlecht nicht zur Ware machen

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Rotlichtviertel in Frankfurt © picture alliance / dpa / Salome Kegler
Von Ludger Fittkau · 25.04.2015
Seit zehn Jahren gibt es in Marburg eine Bürgerinitiative, die sich für das Verbot des Sexkaufs engagiert. Mit Unterstützung der Schwedischen Botschaft lud die Itiative heute zu einer Tagung ein: Im Zentrum stand das sogenannte "Schwedische Modell" der Prostitutionsbekämpfung.
Simon Häggström ist Kriminalinspektor bei der Stockholmer Polizei. Er ist in der schwedischen Hauptstadt dafür verantwortlich, Männer zu überführen, die Sex von Frauen kaufen. Das steht nämlich in Schweden seit 1999 unter Strafe. Häggström und seine Prostitutionsgruppe bei der Stockholmer Polizei verhaften wöchentlich mehrere Männer, die die verbotenen Dienste von Prostituierten suchen.
Berichte auch in deutschen Medien, die Bestrafung der Freier habe in Schweden die Prostitution lediglich in den Untergrund gedrängt und blühe dort im Verborgenen weiter, weist Häggström scharf zurück:
"Um es klar zu sagen: Das ist eine der meistgebrauchten Lügen im Hinblick auf das schwedische Gesetz. Prostitution kann nicht in den Untergrund gehen, kann sich nicht verstecken. Denn Käufer und Verkäufer müssen sich gegenseitig finden. Sie müssen wechselseitig von ihrer Existenz wissen. Und eines der Mythen über das schwedische Modell ist, dass in Schweden die Prostitution die Straße verlassen hat und nun in Appartements und Hotels stattfindet. Das ist nicht wahr. Wir können diese Appartements finden, auf einem einfachen Weg - durch Telefonüberwachung."
Es geht ums Geld
Den Sexkauf unter Strafe zu stellen, habe den Markt für die organisierte Kriminalität in Sachen Prostitution weitgehend zusammenbrechen lassen, glaubt Simon Häggström von der Stockholmer Polizei: Was das Gesetz tut - es nimmt die Verdienstmöglichkeiten für das organisierte Verbrechen, die Menschenhändler und Zuhälter. Es geht ums Geld. Die Käufer haben das Geld. Und wenn man die Sex-Käufer unter Strafe stellt, trifft man die Menschenhändler.
Das schwedische Modell der Prostitutionsbekämpfung sei kein "moralisches Gesetz", betont Simon Häggström. Es gehe ganz handfest um die Bekämpfung organisierter Kriminalität. Es geht aber auch um Gleichheit. In Schweden gäbe es die tief in der Gesellschaft verankerte Haltung, dass Frauen und Männer gleich seien und das eine das andere Geschlecht nicht zur Ware machen dürfe. Das betonte heute im Marburg Gunilla Ekberg. Die schwedisch-kanadische Menschenrechts-Anwältin war als Regierungsberaterin verantwortlich für die Einführung der heute gültigen schwedischen Prostitutionsgesetzgebung:
Wertschätzung von Frauen
"Weil wir in Schweden auf der Basis arbeiten, dass Geschlechtergleichheit für alles gilt, was wir tun, nicht nur im Hinblick auf Frauen, sondern generell in der Gesellschaft, ist für uns klar: Erlaubt man einer gesellschaftlichen Gruppe einfach, uneingeschränkt Frauen für den sexuellen Gebrauch im täglichen Leben zu kaufen, dann ist das nicht nur extrem schlimm für die Frauen, die im Bordell arbeiten oder wo immer sie sich prostituieren. Sondern es beschädigt auch die Gesellschaft, dadurch wie man dann auf Frauen schaut. Es geht ganz grundsätzlich um die Wertschätzung von Frauen."
Gunilla Ekberg kann es nicht begreifen, dass sowohl das Schwesig-Ministerium als auch Justizminister Heiko Maas in Berlin ein neues Prostitutionsgesetz einführen, ohne die Sex-Käufer unter Druck zu setzen.
"Mich irritiert sehr, dass ein Land eine derartige Diskriminierung erlaubt, wie hier Deutschland der Fall. Ich möchte der Berliner Koalitionsregierung sagen: Ich hoffe, dass sie einige von uns aus Schweden einladen. Sie sollten mit uns sprechen. Es gibt andere Optionen. Man muss die Dinge nicht so fixieren, dass sie ethisch problematisch sind und Frauen nicht frei von Gewalt leben können."
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