Surrende Kräne und abtauchende Stuntmänner

Von Uwe Friedrich · 22.07.2009
Die 64. Bregenzer Festspiele sind mit der Premiere der Oper "Aida" von Giuseppe Verdi auf der Seebühne eröffnet worden. Die Inszenierung von Graham Vick fällt durch den hohen technischen Aufwand auf.
Während des Triumphmarsches richtet sich die Fackel der New Yorker Freiheitsstatue aus dem Wasser des Bodensees auf, zwei große Baukräne setzen die monumentalen Bruchstücke ihres Gesichts über der Bühne zusammen. Nur mehr ist mehr, haben sich der Regisseur Graham Vick und sein Bühnenbildner Paul Brown offenbar gedacht, als sie den technischen Aufwand für ihre "Aida"-Inszenierung planten. Dabei haben sie leider vergessen, dass dieses Werk nicht nur laute Festoper ist, sondern dass Verdi vor allem ein Kammerspiel über vier vom Krieg verwüstete Individuen schrieb. So drehen sich die Kräne laut surrend über der fein ziselierten Musik und machen alle Bemühungen der Sänger um subtile Gestaltung ihrer Partien zunichte. Schlimmer noch: Vick und Brown sehen die psychologisierenden Episoden der Handlung um die Sklavin Aida, die sich in den Feldherrn Radames verliebt und von der Prinzessin Amneris verraten wird, bloß als eher störende Verbindungsstücke zwischen den pittoresken Massenaufmärschen. Keine Spur von plausibler Personenführung, stattdessen abgegriffene Operngesten sowie massenhaft stürzende und im Bodensee abtauchende Stuntmänner.

Hinzu kommt, dass die Tonanlage, sonst der ganze Stolz der Bregenzer Festspiele, im zerklüfteten Bühnenbild nicht überzeugend funktioniert. Das Orchester (aus dem Festspielhaus übertragen) ist über weite Strecken zu laut zu hören, während die Sänger nur entfernt und scheppernd aus den Lautsprechern herüberwehen. Der Dirigent Carlo Rizzi hält die Musiker straff und mit viel Gespür für die Kulminationspunkte zusammen, auch wenn der überforderte Tenor Rubens Pelizzari alle Beteiligten gelegentlich aus dem Konzept bringt. Außerordentlich differenziert und mit dem Mut zu anspruchsvollen Zwischentönen gestaltet die Russin Tatiana Serjan die Titelpartie, Iain Paterson bewegt sich als ihr Vater Amonasro auf gleich hohem Niveau, während Iano Tamar die eifersüchtige Prinzessin Amneris zur dramatischen Furie aufdonnert. Sicher nicht die stärkste Seebühneninszenierung der vergangenen Jahre, doch bekam auch diese Produktion sehr wohlwollenden Applaus vom Premierepublikum und ist bereits weitgehend ausverkauft.