Superman

80 Jahre alt − und trotzdem der Mann von morgen

Eine Superman-Figur ist beim 16. Internationalen Comic-Salon in Erlangen zu sehen.
Eine Superman-Figur ist beim 16. Internationalen Comic-Salon in Erlangen zu sehen. © dpa / picture alliance / Daniel Karmann
Von Markus Dichmann · 18.04.2018
Er ging 1938 als Erster an den Start und ist der Prototyp aller Superhelden: In Nummer 1 von "Action Comics" war Superman bereits vertreten. Heute knackt er die Marke von 1000 Heften – und trägt immer noch eine rote Unterhose.
Ein Mann in blauer Ganzkörperstrumpfhose stemmt einen Kleinwagen in die Höhe und mit Leichtigkeit zertrümmert er das Auto an einem Felsen. Sein rotes Cape weht im Wind, ein rotes S prangt auf seiner Brust. Und über dem Strampler trägt er … eine rote Unterhose.
Superman auf dem Cover von Action Comics #1. Samt Kostüm, Schmalzlocke und Unterhose. Er sah 1938 im Grunde schon so aus wie 2018. Und war damit genau das, als was ihn seine Erfinder Jerry Siegel und Joe Schuster auch entworfen hatten – er war der Mann von Morgen.
"But with greater intelligence, greater powers, and greater capacity for good."
Superman verkörperte den Glauben an Fortschritt und an die menschliche Fähigkeit, über sich hinauszuwachsen. Der Prototyp aller Superhelden und damit gleichzeitig – tierisch langweilig.
"With Superman you get truth, justice, and the American way."
Denn mit Superman bekomme man Wahrheit, Gerechtigkeit und den American Way, sagt dazu Comic-Superstar und Autor Brian Michael Bendis in einem US-Podcast. Sentimentales, abgedroschenes Zeug:
"It’s such an Americana, cornball idea, you can even blow it off."

Superman war sogar mal Kommunist

Und trotzdem muss was dran sein, denn es hat sich in acht Jahrzehnten die Crème de la Crème der Comic-Autoren und Zeichner an dieser Figur abgemüht.
Sie haben Superman sterben lassen und ihn wieder erweckt. Er hat geheiratet, als Reporter gearbeitet und Kinder gekriegt – wurde wieder Junggeselle, Vollzeitsuperheld und machte mit heißen Amazonen rum.
Er bestand eine Zeit lang nur aus Elektrizität und wurde doch wieder stahlhart, und einmal war er sogar Kommunist:
"Look! Up in the sky! It’s a bird, it’s a plane, it’s superman! As the champion of the common worker fights a never ending battle for Stalin, socialism and the international expansion of the Warsaw pact!"
Eingeschweißtes Exemplar der Erstausgabe von "Action Comics". Auf dem Cover ist Superman zu sehen, der ein Auto hochhebt.
Ein Exemplar der Erstausgabe von "Action Comics" vom 18. April 1938 wurde bei einer Auktion in New York 2010 für 1 Million Dollar versteigert. Das Heft enthielt die allererste Superman-Geschichte.© AFP / Timothy A. Clary
Das war aber quasi "nur 'ne Phase" und selbst mit Hammer und Sichel auf der Brust blieb der Mann aus Stahl immer ein Mann mit weichem Kern. Ein Alien, von seinen Eltern in einem letzten Akt der Liebe vom dem Untergang geweihten Planeten Krypton gerettet, ein Flüchtling unter uns Menschen, der uns daran erinnert, was es heißt, menschlich zu sein, und an ein paar eigentlich simple Werte:
"But if you really break it down, truth isn't something we can take for granted anymore."
Wahrheit zum Beispiel, sagt Brian Michael Bendis, über die wir uns in Zeiten gekaufter Wahrheiten nicht mehr sicher sein könnten:
"And Justice, we now know, is not for everybody…"
Gerechtigkeit, die jeder verdiene, die aber nicht jedem zuteil werde:
"And the American way, the idea that someone can come here and live here be free..."
Und der American Way als ein Leben in Freiheit für jeden, egal woher er stammt, diese Ideen – diese Werte gälten nicht mehr absolut:
"These ideas are no longer absolute, they are under siege and some of it is in deep crisis."

Gebrochene Herzen bei den Fans

Und sogar Superman selbst steckte in den letzten Jahren in einer tiefen Krise. In den düsteren, symbolisch schwer überladenen Kinofilmen aus dem Hause Warner Brothers musste er als zweifelnder Messias herhalten, man war sich für keinen noch so blöden Jesus-Vergleich zu schade. Und 2012 haben sie ihm sogar die rote Unterhose weggenommen.
"My feelings are genuinely hurt, I love Superman so much."
Das sorgte bei Fans, Kritik und auch bei Brian Michael Bendis für gebrochene Herzen:
"It’s like … almost like my heart is broken."
Genau dieser Brian Michael Bendis wird jetzt zu Supermans 80. und mit "Action Comics 1000" das Heft als Autor in die Hand nehmen. Er will Superman wieder zum Superhelden des Menschseins machen. Einer, der Hoffnung und Fortschritt verspricht. Der als einer von uns über sich hinauswächst. Der Mann von morgen eben. Als Gegenentwurf zu den vielen Männern von gestern.
Schon das Cover zu "Action Comics 1000" macht jedenfalls Hoffnung: Ein Mann in blauem Strampler. Breite Brust und breites Grinsen. Schmalzlocke im Gesicht, das Cape flattert im Wind. Und er trägt: eine rote Unterhose.
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