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Hilfe für arme Staaten
Wirtschaftsdoktor Deutschland

Auch aus dem Kosovo kommen derzeit viele Menschen nach Deutschland - viele davon nicht, weil sie etwa politisch verfolgt würden, sondern weil sie die enorme Armut in ihrer Heimat nicht mehr ertragen können. Welche Möglichkeiten hat Deutschland, der Wirtschaft in jenen Staaten zu helfen, die ihren Bewohnern kaum Perspektiven bieten?

Von Michael Braun | 10.09.2015
    Ein Mann bettelt barfuß um Geld in in Pristina, der Hauptstadt des Kosovo.
    Ein Bettler in Pristina, der Hauptstadt des Kosovo (picture alliance / dpa / Valerie Plesch)
    Der Flüchtlingsdruck aus dem Kosovo hat zuletzt nachgelassen. Im Juli kamen noch 3,5 Prozent der Erstanträge von Menschen aus dem Kosovo, im ersten Halbjahr waren es noch 15,3 Prozent. Auch die Anteile serbischer Asylantragsteller sanken. Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl, zieht daraus den Schluss:
    "Die Arbeitsmigration ist in diesen Tagen marginal. Balkanstaaten spielen kaum noch eine Rolle. Kosovo spielt kaum noch eine Rolle."
    Andere Experten vermuten, was die Zahlen etwa kosovarischer Flüchtlinge gedrückt haben könnte: Die klare Ansage, dass Flüchtlinge von dort hier nicht bleiben könnten. Langfristige wirtschaftliche Hilfe dürfte den Druck noch nicht gemindert haben. Mit deutscher Hilfe wurden zwar Mikrokreditbanken im Kosovo aufgebaut. Eine Einlagensicherung soll Sparguthaben schützen. Hilfe beim Bau neuer Kohlekraftwerke hat es gegeben, auch dabei, den nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens ebenfalls zerstörten Stromverbund in der Region wieder zusammenzubringen.
    "Flucht ist brutal teuer"
    Das kann nur wirken, wenn die politische Situation stabil ist, das heißt: auch möglichst frei von Korruption und Willkür. Davor zu fliehen, gelingt Menschen aus den ärmsten Staaten der Welt schon aus finanziellen Gründen meistens nicht. Die 51 ärmsten Staaten, wo die Menschen mit umgerechnet 94 Eurocent Tagesverdienst auskommen müssen, liegen zu mehr als der Hälfte in Sub-Sahara-Afrika. Günter Burkhardt:
    "Flucht ist brutal teuer. Wir reden hier von drei-, vier-, fünftausend Euro, manchmal 10.000 Euro. Die Vorstellung in Deutschland, da kommt eine Wanderungsbewegung von Menschen, die aus wirtschaftlichen Motiven nach Europa wollen, auf uns zu, ist so nicht realistisch."
    Die Ursache der Flucht zu verhindern, heißt also, für politische Stabilität zu sorgen. Dazu gehört auch wirtschaftliche Entwicklung. Die beginnt etwa am Horn von Afrika mit akuter Nothilfe für Flüchtlinge, die in der Region vor Krieg und - immer häufiger - vor dem Klimawandel fliehen. Wie es nach einer Übergangsphase weitergeht, weiß Burkhard Hinz, bei der Förderbank KfW der Länderbeauftragte für Ostafrika:
    "Da werden Maßnahmen durchgeführt, die eine strukturelle Wirkung haben, beispielsweise eine städtische Wasserversorgung, die vor Ort dann errichtet wird. Das geht leider nicht schnell. Da muss man dann leider ein bis zwei Jahre rechnen, bis sozusagen solch eine Maßnahme zum Tragen kommt."
    Auch ganz wichtig: Handelshemmnisse beseitigen, also Waren in die EU lassen. Nach der Arabellion in Nordafrika, sagen Experten, habe es die EU daran mangeln lassen.