Studio 9 - Der Tag mit Elisabeth Niejahr

Warum im Osten der Frust weiter wächst

Zu Gast in "Studio 9": Elisabeth Niejahr
Zu Gast in "Studio 9": Elisabeth Niejahr © picture alliance / dpa / Paul Zinken
Elisabeth Niejahr im Gespräch mit Anke Schaefer · 18.05.2017
Rechtsextremismus ist in Ostdeutschland ein größeres Problem als im Westen: Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie. Die Journalistin Elisabeth Niejahr staunt immer wieder darüber, wie lebendig Deutungsmuster aus den 90er Jahren noch immer im Osten sind.
Wieder einmal belegt eine neue Studie: Rechtsextremismus ist im Osten ein größeres Problem als im Westen. Das Ergebnis überrascht wenig, umso mehr die Erklärungsmuster. Noch immer scheint die ostdeutsche Sozialisation eine gewichtige Rolle zu spielen. 27 Jahre nach der Deutschen Einheit?
Die mangelnde historische Aufarbeitung des Nationalsozialismus in der DDR, ein Staat, der "Völkerfreundschaft" propagierte, alle Ausländer aber nur als "Gastarbeiter" betrachtete - diese Politik scheint bis heute nachzuwirken. Auch die "Zeit"-Journalistin Elisabeth Niejahr ist immer wieder erstaunt, wie lebendig Deutungsmuster aus den 90er-Jahren noch immer in den neuen Bundesländern sind. Im Deutschlandfunk Kultur sagte sie:
"Ich glaube, das ist etwas, was in den Familien auch an die Jüngeren weitergegeben wird: So ein allgemeiner Verdruss gegen Institutionen, auch gegenüber der Presse, nach dem Motto: Früher sind wir so belogen worden, heute werden wir so belogen. So ein Frust gegen 'Die da oben', man kann sowieso keinem glauben, keinem vertrauen, das scheint mir immer wieder doch im Osten sehr viel stärker zu sein als im Westen."
Anhänger der islamkritischen Pegida-Bewegung in Dresden
Pegida-Demonstration in Dresden© dpa / picture alliance / Matthias Hiekel
Die neue Studie im Auftrag der Bundesregierung attestiert dem Osten Deutschlands große Schwierigkeiten mit dem Rechtsextremismus – nicht dem ganzen Osten, aber bestimmten Regionen, wie zum Beispiel dem Dresdner Umland. Zugleich zeigt die Untersuchung, dass Rechtsextremismus nicht nur ein Ost-West-Problem, sondern auch eines von Zentrum und Peripherie ist.
Die Wissenschaftler um den Parteienforscher Franz Walter vom Göttinger Institut für Demokratieforschung machen für das Ausbreiten der rechten Umtriebe auch fehlenden politischen Willen verantwortlich. Besonders die sächsische CDU kommt nicht gut weg. (ahe)

Elisabeth Niejahr, geboren 1965, ist Hauptstadtkorrespondentin der Wochenzeitung "Die Zeit". Sie studierte Volkswirtschaft in Köln und Washington, parallel dazu verlief ihre Ausbildung an der Kölner Schule für Wirtschaftsjournalisten. Sie schreibt vor allem über Demografie, Arbeit, Gender und Fragen der politischen Kultur.