Studie zum Umweltbewusstsein

Umweltschutz rückt in den Hintergrund

Mehr als 5000 gebrauchte Plastiktüten am Strand von Niendorf in Schleswig-Holstein, Aufnahme vom Juli 2013
Die Deutschen achten mehr auf die Umwelt, dennoch sehen sie den Umweltschutz nicht als drängendes Problem. © picture alliance / dpa
Von Johannes Kulms · 30.03.2015
Nachhaltig einkaufen, aufs Auto verzichten, weniger Fleisch essen: Das Umweltbewusstsein der Deutschen ist in den letzten Jahren gestiegen. Umso erstaunlicher: Laut einer neuen Studie des Bundesumweltministeriums sehen nur noch 19 Prozent der Befragten den Umweltschutz als dringendes Thema an.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks macht bei den Deutschen ein verändertes Umweltbewusstsein aus: "Umweltpolitik wird eben nicht mehr als isoliertes Handlungsfeld wahrgenommen, sondern im Zusammenhang mit Globalisierung, wie sorgen wir für mehr Gerechtigkeit, wie schaffen wir Arbeitsplätze."
Rund 2100 Personen sind im Sommer 2014 befragt worden. Erstmals auch online und erstmals waren auch die 14- bis 19-Jährigen dabei. Ein Ergebnis ist: Immer weniger betrachten den Umweltschutz als ein dringendes Thema. Nur noch 19 Prozent aller Befragten sehen im Umweltschutz eines der aktuell wichtigsten Probleme.
Bei der letzten Befragung im Jahr 2012 hatten noch 35 Prozent den Umweltschutz als ein dringendes Problem bezeichnet. Ein Ausreißer nach oben, sagt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks: "Und vor der letzten Studie 2012 war zum Beispiel die Katastrophe von Fukushima so ein Problem, die die Bedeutung dieses Problems in der damaligen Wahrnehmung erhöht hat."
Anderes ist wichtiger
Dringender als den Umweltschutz sahen die Befragten vier andere Themen: Soziale Sicherung, die Wirtschafts- und Finanzpolitik, das Thema Renten sowie Kriminalität, Frieden und Sicherheit.
Eine Abschwächung des Umweltbewusstseins sieht Hendricks nicht - eher eine Rückkehr zu früheren Umfragewerten, die seit der Einführung der Umweltbewusstseins-Studie im Jahr 2000 zwischen 14 und 25 Prozent variierten.
Einen Bewusstseinswandel machen die Autoren der Studie dagegen auf einem anderen Feld aus.
Bei der letzten Befragung im Jahr 2012 hatten noch rund 40 Prozent angegeben, dass sie im Umwelt- und Klimaschutz eine grundlegende Bedingung zur Bewältigung der Zukunftsaufgaben wie etwa die Globalisierung sehen. Bei der jüngsten Umfrage ist dieser Wert auf 63 Prozent gestiegen. Und noch etwas hebt Umweltministerin Hendricks als positiv hervor: "Dass es sich bei der Mehrheit der Bevölkerung so durchgesetzt hat, dass es eben nicht mehr in Konkurrenz zum wirtschaftlichen Erfolg steht, das ist neu und ich denke, da können wir stolz drauf sein."
Auto muss nicht sein
Aus der Umfrage geht auch hervor, dass vielen Leuten der Verzicht auf das eigene Auto immer einfacher fällt. 82 Prozent sind dafür, Städte und Gemeinden so derart umzugestalten, das die Abhängigkeit vom Auto sinkt. Bei den 14- bis 17-Jährigen sprechen sich sogar 92 Prozent für eine solche Umgestaltung aus.
Viele der Befragten machen indes im Lärm ein großes Problem für Umwelt und letztendlich auch die eigene Gesundheit aus. Dazu sagt Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes: "Am meisten belästigt die Befragten übrigens der Straßenverkehrslärm. Und wie auch 2012 gaben auch in der aktuellen Studie rund die Hälfte an, sich vom Lärm sehr belästigt zu fühlen. Daher ist es völlig richtig, gerade in den Städten anzusetzen und zu versuchen, hier die Lebensqualitäten zu verbessern, indem Lärmpegel gesenkt werden."
Insgesamt sieht Bundesumweltministerin Hendricks auf jeden Fall Handlungsbedarf für ihr Ministerium: Zwei Drittel der Befragten fordern von der Bundesregierung mehr Engagement auf dem Feld Umwelt und Klimaschutz.
Synergieeffekte deutlich machen
Und auf noch etwas weist die SPD-Politikerin hin: Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit würden immer wieder als Gegensätze betrachtet.
Fast ein Drittel der Befragten spricht sich dafür aus, für die soziale Gerechtigkeit den Klimaschutz einzuschränken: "Offenbar ist es bisher nicht gelungen, die Synergien zwischen Umwelt- und Sozialpolitik deutlich zu machen. Gerade sozial benachteiligte Menschen können ja auch von umweltpolitischen Erfolgen profitieren. In Städten sind einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen meist stärker von negativen Umweltauswirkungen betroffen als andere. Und das gilt zum Beispiel im Bereich der Feinstaub- und der Lärmbelastung."
Angekommen ist laut der Umfrage dagegen das Bewusstsein für den Kauf von umweltfreundlichen Produkten: 43 Prozent kaufen häufig umweltschonende Reinigungsmittel, 39 Prozent haben schon mal Ökostrom bezogen.
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