Studie zu Ganztagsschulen

Sozialkompetenz der Kinder steigt, aber nicht die Leistung

Zwei Grundschülerinnen wischen die Tafel blank.
Jede Ganztagsschule kocht ihr eigenes Süppchen: Es fehlt an verbindlichen pädagogischen Rahmenbedingungen. © picture alliance / dpa
Heinz Holtappels im Gespräch mit Vladimir Balzer und Axel Rahmlow · 28.04.2016
Der flächendeckende Ausbau von Ganztagsschulen war die Antwort auf den PISA-Schock und gilt als das große Reformprojekt im deutschen Schulwesen. Zwei Studien haben jetzt die Qualität der Ganztagsschulen untersucht und kommen zu ernüchternden Ergebnissen.
Eine erste Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen hatte festgestellt, dass in den Ganztagsschulen zwar die Sozialkompetenz von Schülern steigt, nicht aber unbedingt die schulische Leistung.
Der Bildungsforscher Heinz Holtappels hat an der Studie mitgewirkt. Er sagt:
"Wir können feststellen, dass es natürlich Lernzuwächse gibt in den Ganztagsgrundschulen. Aber diese Lernzuwächse sind nicht darauf zurückzuführen, dass die Schüler an Ganztagsangeboten teilnehmen, und zwar auch nicht, wenn es ganz spezifische Ganztagsangebote sind, die auf Leseverständnis oder auf Naturwissenschaften ausgerichtet sind. Das heißt, es gibt keine Lernzuwächse, die durch die Angebote herbeigeführt werden, sondern das ist eher der Unterricht oder das Lernen zuhause."
Holtappels kritisiert in dem Zusammenhang, dass die Schulen für die Ganztagsangebote keine Rahmenvorgaben wie beim Unterricht hätten, sondern sie könnten ihre Angebote nach eigenem Konzept durchführen:
"Das heißt: Beliebigkeit zieht ein. Und manche Angebote werden sehr aufwändig gestaltet und kompetenzorientiert durchgeführt und andere möglicherweise gar nicht, und das ergibt in der Gemengelage am Ende einen Nicht-Effekt."

Verbessertes Sozialverhalten verbessert das Lernen

Allerdings sollte man nicht unterschätzen, dass die Ganztagsschulen das Sozialverhalten verbessere, so Holtappels weiter. Wenn entsprechende qualitative Angebote gemacht werden und die Kinder diese besuchen, führe das vor allem bei Kindern mit Migrationshintergrund zu besserer Entwicklung des Sozialverhaltens:
"Und auch das Interesse an Naturwissenschaft, Leseverständnis verbessert sich und auch der Blick auf die eigenen Fähigkeiten. Und das ist nicht unwichtig für weiteres Lernen in der Zukunft."
Holtappels fordert verbindliche Rahmenvorgaben, die umsetzbar sind. Aber es müssten auch entsprechende Ressourcen zur Verfügung stehen: "Man kann nicht eine Person für 25 Kinder bereitstellen." Zudem sollten die Schulen ihre Angebote sorgsam konzipieren und mit entsprechendem Fachpersonal koordinieren.
Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt derweil erhebliche Qualitätsunterschiede in den Bundesländern bei den Ganztagschulen auf. "Das liegt wie immer am Geld", glaubt Holtappels.
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