Studie

Angst vor Globalisierung hilft Populisten

Von Christiane Habermalz · 30.11.2016
Warum wählen Menschen populistische Parteien? Was treibt sie zu Politikern, die ihnen einfache Lösungen versprechen? Das hat die Bertelsmann-Stiftung in einer europaweiten Umfrage untersucht. Das Ergebnis: Eine wesentliche Rolle spielt die Angst vor der Globalisierung.
In fast allen europäischen Ländern sind populistische Parteien auf dem Vormarsch. In politischen Analysen wird oft die vorherrschende Mainstream-Liberalität der politischen Eliten verantwortlich gemacht, die eine Gegenreaktion hervorruft von Menschen mit traditionellem Weltbild, die sich im Meinungsspektrum des sogenannten Establishment nicht mehr repräsentiert sehen.
Doch eine Studie der Bertelsmann-Stiftung hat nun herausgefunden, dass nicht gemeinsame anti-liberale Überzeugungen die Anhänger populistischer Parteien eint, sondern Globalisierungsängste.
Isabell Hoffmann: "Das Ergebnis war, dass Globalisierungsangst der klare Treiber ist für rechtspopulistische Wahl. Wir können das für die gesamte europäische Union, aber auch für alle neuen Länder ganz klar zeigen, dass die Anhänger rechtspopulistischer Parteien diejenigen sind, die zu einem hohen Maße sagen: Ich empfinde Globalisierung als Bedrohung."
Erklärt Isabell Hoffmann, Projektleiterin der Bertelsmann-Studie "Eupiniions". Dabei gelte, je niedriger das Bildungsniveau und je höher das Alter der Befragten, desto größer die Angst vor einer immer undurchschaubareren, international zusammenwachsenden Welt.

Globalisierung als Bedrohung?

"Die Anhänger der AfD sagen uns zu 78 Prozent, wir finden Globalisierung als Bedrohung, bei der FPÖ sind es 69 Prozent, beim französischen Front National sind es 75 Prozent. Die nächsten Parteien, deren Anhänger zu einem hohen Maße sagen, dass sie Angst vor Globalisierung haben, sind die linken Parteien, also die Linkspartei in Deutschland zum Beispiel, aber das ist ungefähr um die 50 Prozent."
Von den Befragten, die sich den Parteien der Mitte nahe stehend fühlen - von der CDU über SPD und Grüne – sagt dagegen nur ein Drittel, dass sie die Globalisierung fürchten.
In ihrer Studie fragte die Bertelsmann-Stiftung auch die Werte und Einstellungen der Menschen ab. Mit Fragen wie: "Was ist Ihrer Meinung nach für ein Kind wichtiger, Unabhängigkeit oder Respekt vor den Älteren?" wurde anhand des Familienbildes abgefragt, ob die Befragten ein eher autoritäres oder eher liberales Weltbild haben.
Dabei kam heraus: In Frankreich, Polen und England sind traditionelle Sichtweisen vorherrschend: 55 Prozent der Bevölkerung vertreten eher ein autoritäres Weltbild, in Deutschland, Österreich und erstaunlicherweise auch Ungarn dagegen war autoritäres Denken mit 37 bzw. 38 Prozent eher gering ausgeprägt.

Wirtschaftliche Ängste spielen eine Rolle

Doch anders als in den USA sind in Europa traditionelle Wertevorstellungen für die Hinwendung zu populistischen Parteien nicht entscheidend. Nach der Angst vor Globalisierung als Hauptfaktor spielen an zweiter Stelle wirtschaftliche Ängste eine Rolle.
"Also es gibt Länder, zum Beispiel wie Frankreich, in denen die wirtschaftliche Verunsicherung sehr, sehr hoch ist, also in denen es sozusagen eine Kombination gibt aus Globalisierungsangst und wirtschaftlicher Verunsicherung. Das ist aber für Deutschland nicht der Fall. Das sieht man in Frankreich und das sieht man in Italien. Und das ist kein gutes Zeichen und das sollte uns Sorgen machen."
Menschen, die Globalisierung als Gefahr ansehen, sind überdurchschnittlich häufig für den Austritt aus der EU und stehen der Politik im Allgemeinen skeptisch gegenüber.

Angst vor Migration

Was genau fürchten die Menschen an der Globalisierung? In erster Linie die Migration. 55 Prozent sehen in der Migration die größte Herausforderung der kommenden Jahre und fühlen sich fremd im eigenen Land – geben aber auch an, eigentlich gar keinen Kontakt zu Ausländern zu haben.
Aber auch die gierigen Banker, die technische Entwicklung, die Arbeitsplätze vernichtet, der Terrorismus werden als Bedrohung empfinden.
Isabell Hoffmann: "Alles das produziert viele Fragen, und ich denke, da wird man sich damit auseinandersetzen müssen, wie man auf diese Fragen andere Antworten findet. Antworten, die nicht darauf ausgelegt sind, noch mehr Angst zu schüren, sondern Antworten, die darauf ausgelegt sind, zuversichtlicher in diese Veränderungen zu gehen."
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