Stromrechnung über 65.000 Euro

Warum ein Römer an seinem Energieversorger verzweifelt

Wechselstromzähler
Rom: Schauplatz einer italienischen Posse um eine 65.000 Euro-Rechnung für Strom © picture-alliance / dpa / Waltraud Grubitzsch
Von Jan-Christoph Kitzler · 14.09.2016
Daniele Cametti sagt, er habe seine Rechnungen stets bezahlt. Umso größer war der Schock, als ihn eine Stromrechnung seines Energieversorgers über 65.000 Euro erreichte. Der verzweifelte Cametti bekommt nun viel Zuspruch in den sozialen Netzwerken.
Vielleicht war Daniele Cametti Aspri etwas zu blauäugig. Aber immerhin hat er seine Stromrechnung ja stets bezahlt. Manchmal 150, manchmal 200 Euro im Halbjahr – ziemlich wenig, aber der 48-jährige Römer lebt ja schließlich allein.
Über zehn Jahre hatte er in seiner alten Wohnung gewohnt – aber dann hatte seine alte Vermieterin da noch einen Brief für ihn. Von der ACEA, dem Energieversorger, der mehrheitlich der Stadt Rom gehört.
Als er den Brief aufgemacht hat, kam der Schock – eine Rechnung über 65.551,80 Euro!
"Zuerst habe ich gedacht, die haben sich beim Komma geirrt – dass das in Wahrheit 65 Euro wären. Aber dann habe ich mich echt schlecht gefühlt, weil diese Summe meine Möglichkeiten übersteigt. Ich habe meine Rechnungen immer bezahlt – und das steht auch auf der Rechnung: Die Zahlungen sind regulär."

Kampf ums Kleingedruckte

Da ist ganz schon was zusammengekommen in den letzten zehn Jahren. Und Daniele hatte keine Ahnung. Zwei Mal waren sie in der Zeit zum Ablesen des Zählers gekommen – spätestens bei dem von der ACEA geschätzten Verbrauch von 40 Kilowattstunden pro Tag hätte er skeptisch werden müssen.
Ein Durchschnittlicher Ein-Personen-Haushalt braucht am Tag nur 6. Aber der Mann ist Künstler, Fotograf. Jetzt muss er sich ums Kleingedruckte kümmern. Sein verzweifelter Anruf bei der Hotline der ACEA ließ ihn nur noch ratloser zurück, dafür meldete sich einen Tag später das Unternehmen – allerdings nicht wie gewünscht:
"Am Tag danach hat mich das Qualitätsmanagement der Service-Hotline angerufen und hat mich gefragt, wie der Anruf am Tag davor war. Und als ich denen erklärt habe, dass ich angerufen hatte, wegen einer Rechnung von 65.000 Euro und keine Antwort bekommen habe, hat die Dame einfach aufgelegt."
Aber inzwischen haut Daniele auf den Putz: Seine Facebookseite hat tausende Follower. Er hat sich mit einer riesigen Rechnung in Szene gesetzt. Und jetzt gibt es auch eine offizielle Stellungnahme des Stromanbieters: Das sei ein ganz normaler Vorgang, sagt die ACEA – und besteht kühlt auf den 65.000 Euro.
"Die haben mich da in eine Schuldensache reingezogen, und ich weiß ehrlich nicht, was ich machen soll. Ich fühle mich gedemütigt, wie ein Dieb. Seit Tagen rede ich über nichts anderes als über eine Rechnung. Ich hatte Arbeit, ich bin Fotograf, ich bin kreativ – jetzt sehe ich nur noch Rechnungen."

"Ich habe Angst"

Schlimme Erfahrungen mit der ACEA haben auch andere gemacht – wenn auch nicht so schlimme. Daniele bekommt jetzt viel Zuspruch. Und fragt sich: wie das passieren konnte. Hat vielleicht jemand seine Leitung angezapft? Doch am Ende könnte er trotzdem auf einem Schuldenberg von 65.000 Euro sitzenbleiben:
"Ja, ich habe Angst. Und mit dieser Angst leben viele Menschen. Und ich fühle mich jetzt verantwortlich für das Leben vieler Leute. Wenn am 19. September die Rechnung fällig wird, gehe ich zum Rathaus, auf das Kapitol und mache einen Sitzstreik."
… und möglichst viele sollen dazu kommen.
Immerhin: einen Anwalt hat er sich inzwischen genommen, der hat einen gepfefferten Brief an die ACEA geschrieben. Und Daniele Cametti Aspri kann es langsam auch wieder sportlich nehmen: Seine Facebook-Seite hat er "La Grande Bolletta" ("Die Große Rechnung") genannt. Das klingt fast wie "La Grande Bellezza" – nur etwas weniger schön.