Streit um Standort

77-Tage-Demo für Einheitswippe

Graphische Darstellung des Einheitsdenkmals
Graphische Darstellung des Einheitsdenkmals, Ansicht vom Schloss aus (von Norden). © Milla & Partner
Von Horst Kläuser · 19.07.2018
Der Konflikt um das Freiheits- und Einheitsdenkmal geht in die nächste Runde. Dieses Mal wird über den Standort vor dem ehemaligen Stadtschloss in Berlin gestritten. Wochenlang wollen Aktivisten dafür demonstrieren, das Denkmal an einem anderen Platz zu errichten.
"Ein Freiheits- und Einheitsdenkmal an einem zentralen Ort unserer Republik bleibt darum die noch immer ausstehende notwendige Ergänzung unserer vielfältigen Gedenklandschaft in Berlin."
Sagte der damalige Bundestagspräsident Norbert Lammert schon vor einigen Jahren. Das Denkmal gibt es indes, auch fast 29 Jahre nach dem Mauerfall, immer noch nicht. Dabei hatte der Bundestag das schon 2007 erstmals beschlossen, wie sich Volker Kauder, Unionsfraktionssitzender erinnert:
"Es war immer völlig klar, dass ein Einheitsdenkmal kommt."
Auch, wie es aussehen soll, darauf hatte man sich man sich immerhin geeinigt. Eine Waagschale, begehbar und beweglich. Von Thomas Opperman, SPD, so beschrieben:
"Das ist ja ‘ne Wippe, eine Waage, die in Bewegung ist, Menschen in Bewegung heißt das Denkmal, nun ist es wieder zurückgekippt."
Und beinahe den Befürwortern vor die Füße. Denn plötzlich steht nicht mehr das Ja oder Nein zur Frage, das Überhaupt ist längst geklärt. Nun soll das Wo vor dem ehemaligen Stadtschloss kippen:
"Wir haben ja gar nichts gegen das Denkmal, das ist ja wunderschön konzipiert. Nur dort steht es zu eng, vollkommen verkehrt und auch inhaltlich vollkommen falsch."
Postuliert Annette Ahme vom Verein Berliner Historische Mitte – weil:
"Das Schloss, also das Humboldt Forum, hat doch diesen kosmopolitischen Anspruch. Es will international sein. Da kann man nicht vor das Hauptportal ein deutsches Denkmal stellen, welches sich eben nur mit dem deutschen Volk beschäftigt."

Die Wiese vor dem Reichstagsgebäude soll es sein

Das wiederum findet Dr. Andreas Apelt vom Vorstand des Denkmal-Vereins Deutsche Gesellschaft abwegig:
"Revolution in der DDR ist ja ein Teil von Revolutionen in Mittelosteuropa gewesen und damit ist die weltweite Spaltung aufgehoben worden. Und daher ist der europäische Aspekt gegeben."
Er plädiert nach wie vor für den ursprünglichen Platz zwischen dem neu entstehenden Stadtschloss und dem Spreekanal:
"Das ist ein authentischer Ort, erstens. Zweitens ist es ein Ort, der im Ostteil der Stadt liegt, um den Bürgerinnen und Bürgern, die damals mutig der Diktatur die Stirn gezeigt haben, auch ein Denkmal zu setzen."
Er kann sich auch nicht, ähnlich wie Kulturstaatsministerin Grütters vorstellen, dass der Bundestag seine Entscheidung revidieren wird, nachdem er zähneknirschend die Fast-Verdoppelung der Baukosten von 10 auf 17 Millionen Euro schluckte.
Noch ist das Grundstück von der Stadt Berlin nicht gekauft, die Baugenehmigung muss verlängert und das Geld vom Haushaltsausschuss auch freigegeben werden. Vielleicht auch deshalb glaubt Frau Ahme noch Chancen zu haben, den Standort der Einheitswippe noch auf die Wiese vor dem Reichstagsgebäude verlegen zu können. Deshalb protestiert die Aktivistin dort ab heute bis zum 3. Oktober täglich. Zwei Jahre später dann soll das Freiheits- und Einheitsdenkmal fertig sein - irgendwo.
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