Streit um Kulturfinanzierung in Frankfurt

Von Gudula Geuther · 06.06.2005
Ob es jemals einen Abschlussbericht der Enquete-Kommission Kultur in Deutschland geben wird, ist ungewiss. Ihre Arbeit endet mit der des jetzigen Bundestages, also möglicherweise schon im September. Aber sollte das Gremium Empfehlungen abgeben, steht eine bereits fest, so Hans-Joachim Otto, der für die FDP im Bundestag und in der Kommission sitzt:
"Während wir beispielsweise in der Föderalismuskommission des Bundes und der Länder sehr stark auf eine Entflechtung achten, das heißt die Verantwortlichkeiten auseinander ziehen, ist es bei uns gesicherte Erkenntnis, dass im Kulturbereich eher die Kooperation Erfolg versprechend ist. Es dient der Kultur, wenn sich mehrere Instanzen und Institutionen verpflichtet fühlen."

Eine scheinbar allgemeine Aussage, zielt sie doch auch auf die Zusammenarbeit von öffentlichen und privaten Geldgebern. In Frankfurt aber birgt eine solche Stellungnahme Sprengstoff. Denn hier will Ministerpräsident Roland Koch eine Zusammenarbeit der besonderen Art durchsetzen, notfalls per Zwangsverband. Die Umlandkommunen, auch bekannt als Speckgürtel, sollen sich stärker an Frankfurts Kulturkosten beteiligen. Ein jahrelanger Streit, der in den letzten Wochen neu hoch kochte. Nach einem Ultimatum Kochs und nach frisch veröffentlichten Gutachten. Die zeigten wahre Besucherströme, mit denen die Umlandgemeinden und -landkreise vom Angebot des Zentrums profitieren. Die dagegen verweisen auf viel zu geringe Fördermittel des Landes. Das in Darmstadt und Wiesbaden Staatstheater betreibt, nicht aber in Frankfurt. Der Offenbacher Oberbürgermeister Gerhard Grandke verwies verärgert und anfechtbar auf den Beitrag seiner Stadt zum Frankfurter Steueraufkommen. Und seine Bad Homburger Kollegin, Ursula Jungherr, wollte auch die eigene Taunus-Kultur, vom Festival bis zur Skulpturen-Biennale in die Rechnung mit eingestellt wissen. Die Bundes-Enquetekommission darf und will sich in den Landes-Streit nicht einmischen. Trotzdem könnte sie den Gemeinden das letzte Argument nehmen. - Ihr Recht zur Selbstverwaltung in Artikel 28 Grundgesetz. Dazu die Kommissionsvorsitzende Gitta Connemann, CDU:

"Vor diesem Hintergrund war die Information heute wichtig, weil wir uns auch in der Enquetekommission mit Fragen wie zum Beispiel einer gegebenenfalls Ergänzung von Artikel 28 Absatz 1 Grundgesetz auseinandersetzen müssen. "

Es gab das sächsische Kulturraumgesetz, es gibt freiwillige Kooperationen wie im Raum Karlsruhe. Als Lösung für den Ballungsraum könnte Frankfurt aber Vorreiter sein.

Auch wenn die Kommission die Länder-Fragen nicht klären kann, sie will verschiedene modellhafte Lösungen anbieten. Dafür traf sie sich heute mit Vertretern unter anderem aus der Stadt und der Staatskanzei. Die Landkreise dagegen kamen nicht. Vielleicht ein Grund, warum die Richtung möglicher Lösungen für die Kommissionsdelegation klar ist. Der Frankfurter Hans-Joachim Otto:

"Die Stadt Frankfurt hat einen höheren Kulturetat als das gesamte Land Hessen. Und unter den hessischen Gemeinden und Landkreisen insgesamt trägt die Stadt Frankfurt allein 54 Prozent. Dass dort ein gewisser Lastenausgleich und eine gewisse Übernahme durch mehrere Schultern erforderlich ist, ist glaube ich klar. Und ohne in den Streit sich einzumischen, die Richtung muss dahin gehen, einen Ausgleich zu schaffen."

Sollte die Kommission also nach der Wahl weitermachen dürfen, würde sie hier Konzepte anbieten wollen. Wann und welche aber, auch das ist noch offen. Die Vorsitzende Gitta Connemann:

"Es ist eindeutig so, dass wenn es zu Neuwahlen kommt, der ursprüngliche Abgabetermin Februar/März 2006 nicht eingehalten werden könnte. Wir hätten dann eine Pause, müssten uns vollkommen neu ordnen, weil leider auch nicht gewährleistet ist, dass dann der eine oder die andere Kollege oder Kollegin jedenfalls aus dem deutschen Bundestag der Enquete-Kommission wieder angehören würden. Das steht letztlich im Ermessen der Wähler und Wählerinnen, wer dann wieder entsendet wird."