Streit um christlichen Werbespot

Britische Kinoketten strahlen "Vater unser" nicht aus

Screenshot aus dem Werbespot "Lord's prayer", "Vater unser", der Church of England.
Screenshot aus dem Werbespot "Lord's prayer", "Vater unser", der Church of England. © Church of England
Von Friedbert Meurer · 23.11.2015
"Lord's Prayer", "Vater unser", so heißt der Werbespot der Church of England, der in der Weihnachtszeit in den Kinos laufen sollte. Doch die wichtigsten drei Kinoketten des Landes verweigern das nun, um die Gefühle von Nicht-Christen nicht zu verletzen.
"Our father in heaven"
Ein Priester im Park, ein junger Mann, der Blumen am Grab ablegt, Sanitäter nach einem schweren Unfall: sie alle beten in dem Werbespot das "Lord's Prayer", das "Vater unser". Und ein Londoner Gospelchor singt die Verse mit Inbrunst:
"As it is in heaven"
Knapp eine Minute dauert das Video mit Menschen unterschiedlichster Berufe, sogar ein Gewichtheber ist dabei, der sich in der Anglikanischen Kirche engagiert. Und Menschen mit verschiedener Hautfarbe – eine christliche Familie aus Somalia oder Eritrea betet mit. Alle eint das "Vater unser". Der christliche Werbespot, geschaltet von der Church of England, sollte jetzt in der Weihnachtszeit in den Kinos laufen – immer vor der neuesten Folge von Star Wars, die jetzt in den Kinos anläuft.
"Give us this day our daily bread"
Die anglikanische Kirche prüft rechtliche Schritte
Der Spot ist durch alle Prüfinstanzen gegangen, Verträge wurden ausgehandelt. Dann aber kommt über das Wochenende die Nachricht – die drei wichtigsten Kinoketten des Landes weigern sich, ihn auszustrahlen. Die Begründung: Das "Vater unser" kann die Gefühle von Menschen anderen Glaubens verletzen oder die gar nicht glauben. Die anglikanische Kirche ist entsetzt und prüft rechtliche Schritte. Ihr Sprecher Arun Arora:
"Wir finden das wirklich erstaunlich, enttäuschend und verwirrend. Das 'Vater unser' wird weltweit von Milliarden gebetet und gehört seit Jahrhunderten zu unserem Land. Die Menschen sollen sich ihr eigenes Urteil bilden können."
Im Land hebt jetzt eine Diskussion an: Dürfen die Kinoketten ihre Richtlinien so auslegen oder wird hier das Recht auf freie Meinung unterdrückt? Werbung für ungesunde Burger und Kriegsspiele im Internet sind erlaubt, das "Vater unser" nicht? Zustimmung für die Kinobetreiber kommt aus den Reihen der Atheisten. Keith Wood von der "Nationalen Säkularen Gesellschaft":
"Die Kinobetreiber haben wohl daran gedacht, dass sie von anderen Konfessionen oder Kulten verklagt werden, wenn sie deren Spots nicht spielen. Ich verstehe sehr gut, dass sie damit erst gar nicht anfangen wollen."
Die Proteste der Kirche gegen die Kinos bleiben vermutlich ohne Wirkung. Aber es gibt einen Trost: Der Spot kann unter justpray.uk im Internet gesehen werden, zu Deutsch: Bete einfach. Oder auf der Homepage der Church of England. So erhält das "Vater unser" jetzt doch seine Publicity.
"Amen"
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