Streit um badische Kunstschätze

Von Solveig Grahl · 18.12.2007
Ein Großteil der alten badischen Kulturgüter gehöre dem Land Baden-Württemberg, belegt ein Gutachten, das eine von der Landesregierung beauftragte Kommission erstellt hat. Die Adelsfamilie von Baden sieht die meisten Schätze allerdings weiterhin im Besitz des Markgrafenhauses. Einer der strittigen Punkte ist die Zukunft von Salem.
Die Kommission des Landes begründete dieses Ergebnis so:
Ein großer Teil der Kunstschätze sei nie Privateigentum des Fürstenhauses gewesen, sondern so genanntes Hausfidei-Kommiss-Gut. Das heißt: Diese Kulturgüter gehörten zur Ausstattung des Hofes. Sie seien kein Privatvermögen gewesen und waren immer untrennbar mit dem Amt des Regenten als Staatsperson verbunden, so Ernst Gottfried Mahrenholz, früherer Bundesverfassungsrichter und Mitglied der Expertenkommission des Landes:

" Der Großherzog und kein Fürst durfte aus diesem Eigentum etwas veräußern, verkaufen oder wie auch immer. Das blieb so, wie es ist. Es war immer das Hausvermögen. Nicht sein persönliches. Das Vermögen des Hauses, und dies musste diesem Glanz der Familie dienen, aus Gründen der politischen Repräsentanz. "

Mit dem Ende der Monarchie 1918 seien diese Hofschätze automatisch auf die Republik übergegangen, also auf den Staat. Nach dieser sogenannten Pertinenz-Lehre gehört dem Haus Baden nur ein Bruchteil der badischen Kunstschätze: einige mittelalterliche Handschriften, Gemälde, Skulpturen. Ersten Schätzungen zufolge liegt deren Wert bei 5,6 Millionen Euro. Insgesamt sind die badischen Kunstschätze aber rund 300 Millionen Euro wert. Die baden-württembergische Landesregierung hat heute angekündigt, dass sie auch jene Kunstschätze erwerben möchte, die unzweifelhaft dem Haus Baden gehören - um sie dauerhaft zu sichern.

Zu dieser möglichen Übernahme wollte sich Bernhard Prinz von Baden heute noch nicht äußern. Insgesamt sei die Situation verfahren, sagte der 37-Jährige im Gespräch mit dem Deutschlandradio. Für das Adelshaus bestehe aber kein Anlass, die eigene Rechtsposition zu korrigieren. Der Prinz sieht weiterhin die meisten Schätze im Besitz des Markgrafenhauses. Den Gang vor Gericht schloss er zwar erneut nicht aus, betonte aber, dass er nach wie vor an einer einvernehmlichen Lösung mit dem Land interessiert sei, also an einem Vergleich:

" Sicherlich stehen wir sehr weit auseinander im Augenblick, und ich weiß derzeit noch nicht, wie wir für beide Seiten zu einem akzeptablen Ergebnis kommen sollen. Aber ich muss hier eine Lösung finden zwischen meiner Verantwortung für meine Familie, für das Unternehmen und dem Kulturgut Salem. Da muss man sich jetzt intensive Gedanken machen. "

Die Zeit drängt. Nach eigenen Angaben haben die Markgrafen 30 Millionen Euro bei den Banken aufgenommen, für Sanierung und Erhalt von Schloss Salem – dem Familienschloss, in dem auch das berühmte Elite-Internat untergebracht ist. Ende des Jahres läuft das Moratorium aus. Er habe mit den Banken ausgemacht, eine Verwertungsstrategie für Salem zu entwickeln, so Prinz Bernhard:

" Das muss man sich so vorstellen, dass im Falle, dass es keine Einigung mit dem Land gibt, die Verwertung von Salem nicht aufzuhalten ist und dass über die Verwertung Salems die Verbindlichkeiten zurückgezahlt werden. "

Das hieße also: Verkauf des Schlosses oder einiger Teile an einen privaten Investor. Das möchte die Landesregierung in Stuttgart nach Möglichkeit verhindern. Sie will nun ein Gutachten in Auftrag geben, das den Wert der gesamten Schlossanlage ermitteln soll. Salem müsse auch künftig erhalten und für die Öffentlichkeit zugänglich sein, betonte Ministerpräsident Günther Oettinger:

" Dort haben wir Denkmalrechte. Dort haben wir ein Vorkaufsrecht. Auf der Grundlage werden wir auch mit dem Haus Baden über die Frage reden, wie die künftige Sicherung des Hauses Salem gesichert werden kann. Auf der Grundlage halte ich einen einvernehmlichen Entscheid über beide Fragen für denkbar. Und wir bieten dazu dem Haus Baden noch im Januar ein umfassendes Gespräch an. "

Für Wissenschaftsminister Peter Frankenberg ist eines jedoch heute schon klar: Die Finanzprobleme des Hauses Baden in Salem werden nicht mehr, wie vor einem Jahr geplant, mit dem Ankauf von badischen Kunstschätzen gelöst werden können. Denn die gehören ja nach dem neuen Gutachten ohnehin dem Land.
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