Streit um ARD-Sendetermin

Der "Weltspiegel" darf nicht weichen

02:41 Minuten
Tina Hassel, erste Moderatorin des ARD-Auslandsmagazins "Weltspiegel", mit ihren Kollegen Peter Mezger, Immo Vogel und Andreas Cichowicz, aufgenommen am 2.10.2001 in Hamburg.
Viele prominente ARD-Kollegen waren für das Auslandsmagazin "Weltspiegel" tätig, wie hier unter anderem Tina Hassel und Andreas Cichowicz (rechts). Beide gehören jetzt zu den rund 100 Unterzeichners eines Protestbriefs an die ARD-Intendanten. © dpa/picture-alliance
Ein Kommentar von Ellen Häring  · 13.09.2019
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Die Pläne, das ARD-Auslandsmagazin "Weltspiegel" zugunsten des Sports zu verschieben, stoßen auf Widerstand. Redakteurin Ellen Häring aus unserem Auslandsjournal "Weltzeit", hält den bisherigen Sendetermin am Sonntag vor der "Tagesschau" für unverzichtbar.
Die neun ARD-Intendanten haben offenbar die Bodenhaftung verloren – es tut mir leid, als Mitarbeiterin einer öffentlich-rechtlichen Anstalt dies so direkt sagen zu müssen. In Zeiten, in denen wir uns täglich für unsere Existenz rechtfertigen müssen, in denen ständig angezweifelt wird, dass wir unseren Informations- und Bildungsauftrag nachkommen, soll das Auslandsjournal "Weltspiegel" weichen – zugunsten des Sports. Des Fußballs, darf man vermuten.
Peter Scholl-Latour im Jahr 1963 im Weltspiegel.
Peter Scholl-Latour im Jahr 1963 im Weltspiegel.© WDR
Das interessiert mehr Leute, mögen sie sich denken. Kann sein. Das spielt aber keine Rolle. Unsere Aufgabe ist es, über Dinge zu berichten, die relevant sind für die politische Meinungsbildung. Die informieren, Zusammenhänge aufzeigen, uns über den eigenen Tellerrand blicken lassen. Nicht alles davon ist so spannend wie ein Krimi oder manches Fußballspiel.

Mehr gute Sendeplätze wichtig

Es ist großartig, dass die ARD-Auslandskorrespondenten in aller Welt hat. Sie sind für uns unterwegs und haben mitunter einen ziemlich harten Job. In jedem Büro in der Heimat ist es gemütlicher. Sie brauchen mehr gute Sendeplätze und nicht weniger. Denn sie haben in Zeiten der Globalisierung die enorm wichtige Aufgabe, internationale Zusammenhänge aufzuzeigen und zu erklären, wie das immer komplexere große Weltgeschehen funktioniert.
Die beiden oberen Bilder sind Standbilder aus dem ersten Vorspann, darunter im Uhrzeigersinn Gerd Ruge, Klaus Bölling, die Korrespondenten Peter Scholl-Latour und Thilo Koch.
Korrespondent Klaus Bölling im Studio des Weltspiegels, 1963.© WDR
Die Online-Affinen sagen jetzt: Ist doch eh egal, wann eine Sendung läuft. Die kann man sich doch im Netz angucken, wann immer man will. Das ist – mit Verlaub – Blödsinn. Denn das Eine schließt das Andere überhaupt nicht aus. Der Weltspiegel ist auf allen Plattformen online zuhause, Facebook, Instagram und so weiter.

Die Zuschauer mitnehmen

Die Zeit am Sonntag vor der Tagesschau um 20 Uhr ist ideal, um Zuschauerinnen und Zuschauer zu erreichen, die zufällig etwas früher einschalten, aber sich eigentlich gar nicht für Auslandsthemen interessieren. Sie werden mitgenommen. Das funktioniert bestens, weil der Weltspiegel keine abgehobene Spezial-Sendung ist, sondern sich an Jede und Jeden richtet.
Die beiden oberen Bilder sind Standbilder aus dem ersten Vorspann, darunter im Uhrzeigersinn Gerd Ruge, Klaus Bölling, die Korrespondenten Peter Scholl-Latour und Thilo Koch.
Mit dem WELTSPIEGEL erhielten die Auslandskorrespondenten der ARD am 5. April 1963 ihr eigenes wöchentliches Forum.© WDR
Den Weltspiegel von diesem privilegierten Sendeplatz zu nehmen und ihn eine Stunde früher zu senden, das wäre ein Signal in die völlig falsche Richtung. Es ist die Verneigung vor der Quote, noch dazu eine völlig fantasielose. Wer versucht, diesen Schritt kleinzureden, der lügt. Wäre es egal, wann eine Sendung läuft, dann bräuchte man sie auch nicht zu verschieben. Oder umgekehrt: Dann könnte man alles verschieben, hin und her und her und hin. Warum dann nicht gleich die Tagesschau?
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