Streit am Lindenau-Museum

Gerhard Altenbourgs Heimstätte in Schieflage

Eine kleine Auswahl aus einer Schenkung von Bildern des Malers und Grafikers Gerhard Altenbourg wird am 11. Januar 2016 in Altenburg von der Direktorin Julia M. Nauhaus (links) vorgestellt.
Eine kleine Auswahl aus einer Schenkung von Bildern des Malers und Grafikers Gerhard Altenbourg wird am 11. Januar 2016 in Altenburg von der Direktorin Julia M. Nauhaus (links) vorgestellt. © picture alliance / dpa
Von Henry Bernhard · 13.01.2016
Der Maler und Grafiker Gerhard Altenbourg durfte in der DDR kaum ausstellen. Im westlichen Ausland aber war er hoch angesehen. Seinen Nachlass pflegt das Lindenau-Museum im thüringischen Altenburg, das sich derzeit über eine Schenkung von 25 Werken freut. Aber es gibt dort auch reichlich Ärger.
Julia Nauhaus, Museumsdirektorin, musste schmunzeln, als sie den Auflauf zur Pressekonferenz in ihrem Altenburger Lindenau-Museum sah: Nicht nur die vertrauten lokalen Journalisten waren da, sondern auch ferngereiste. Nicht, dass das Lindenau-Museum unwichtig wäre, vielmehr liegt es an der nordöstlichen Randlage in Thüringen, dass die Presse aus der Landeshauptstadt selten nach Altenburg reist.
Julia Nauhaus wusste, was von ihr erwartet wurde – jetzt ging es aber um ihren Posten.
"Freue mich, dass sie so zahlreich erschienen sind. Ich vermute, dass sie nicht nur wegen der Altenbourg-Ausstellung hier sind. Allerdings werde ich Sie enttäuschen: Der Inhalt der Pressekonferenz ist tatsächlich unsere Gerhard-Altenbourg-Schenkung und, wie auch angekündigt, das Ausstellungsprogramm 2016."
Vergangene Woche machte die Nachricht die Runde, dass die Landrätin Julia Nauhaus‘ Vertrag nach vier Jahren Laufzeit nicht verlängern würde. Nun wurde Nauhaus‘ Arbeit landesweit gepriesen. Sie habe weithin wahrgenommene und geschätzte Ausstellungen in Altenburg kuratiert, das Lindenau-Museum bekannter gemacht, und, gerade heute vorgestellt, eine bedeutende Schenkung von 24 Werken von Gerhard Altenbourg ins Haus geholt. Der Thüringer Museumsverband und der Landes-Kulturrat reagierten mit Befremden. Ein Kollege, der Generaldirektor Museen der Klassik Stiftung Weimar, Wolfgang Holler, ist voll des Lobes:
"Also, man kann auf jeden Fall sagen, dass Frau Nauhaus eine sehr gute Arbeit geleistet hat. Ich denke, das bezieht sich vor allem auf die Ausstellungen, auf die Öffentlichkeitswirksamkeit dessen, was sie getan hat."
Die Landrätin, Michaele Sojka, eine Linke, hatte in der vergangenen Woche in dürren Worten mitgeteilt, dass Julia Nauhaus ihre Tätigkeit beende und dass man einen neuen Direktor suche. Auf Nachfrage im Landratsamt für Gründe heißt es nur: "Kein Kommentar". Im Förderkreis des Museums wurde man etwas deutlicher. Günter Lichtenstein moniert mangelnde Teamfähigkeit der Direktorin.
"Ich denke, diese Nichtverlängerung des Vertrags kommt für uns nicht so überraschend. Es ist nicht unsere Aufgabe, das Museum künstlerisch auszurichten. Aber ich denke, da sind wir als Förderverein auch da, uns mit einzubringen, mit Vorschlägen, mit Ratschlägen. Das ist sowas, was man mit Frau Nauhaus nur bedingt machen konnte. Ich denke, heute Museumsdirektor ist nicht nur die künstlerische Ausrichtung, sondern der leitet auch ein Team, eine Mannschaft. Da erwartet man eine gewisse menschliche und gesellschaftliche Kompetenz. Die haben wir ein bisschen vermisst."
25 Werke - geschenkt vom baden-württembergischen Sammler-Ehepaar Pfäffle
Im Umfeld des Museums hört man, Julia Nauhaus habe zu viele Leute verprellt, darunter Mitarbeiter und Sponsoren, oft nicht den rechten Ton gefunden, den Geist der Kleinstadt Altenburg nicht ganz verstanden. Das Verhältnis zwischen ihr und der Landrätin gilt als zerrüttet. Und so war die heutige Pressekonferenz auch eine der Konjunktive: Julia Nauhaus präsentierte die Ausstellungsplanung für dieses Jahr, setze aber bei den ab Juli angesetzten Ausstellungen immer dazu, dass man die – nach ihrem Abgang – wohl nicht sehen werde. Ganz sicher bleibt aber die heute präsentierte Schenkung von 25 Werken Gerhard Altenbourgs vom baden-württembergischen Sammler-Ehepaar Pfäffle, die Julia Nauhaus‘ persönlichem Engagement zu verdanken ist.
"Insofern denke ich, dass diese Sammlung den Altenbourg-Standort, den Altenbourg-Schwerpunkt dieses Hauses, auf ganz besondere Weise nach oben katapultiert vielleicht und noch einmal bestärkt. Und wir haben den weltweit größten Gerhard-Altenbourg-Bestand; und ich hoffe natürlich, dass auch in Zukunft dieses Haus diesem Erbe gerecht wird."

Die Nichtverlängerung von Julia Nauhaus‘ Vertrag schlug aber noch größere Wellen: Vier von 16 Mitgliedern des Kuratoriums für den alle zwei Jahre vergebenen Gerhard-Altenbourg-Preis haben aus Protest ihren Austritt aus dem Kuratorium erklärt. Auch, weil die Landrätin das Konzept des Preises ändern wollte. Hinzu kommt, dass die für dieses Jahr vorgesehene Preisträgern, die Schweizerin Miriam Cahn, die Auszeichnung aus verschiedenen Gründen ablehnt, wohl auch wegen der derzeitigen Querelen. Nun wird diskutiert, ob man dem Zweitplatzierten den Preis zuerkennt. Keine gute Idee, findet Noch-Direktorin Julia Nauhaus, aber auch Kuratoriumsmitglied Wolfgang Holler:
"Nicht so sinnvoll! Also, wissen sie, ich habe sehr bedauert und ich habe mich auch sehr zurückgehalten, dass die anderen fünf Mitglieder des Kuratoriums, wirklich ausgewiesene Kollegen von mir, dass die ausgeschieden sind. Weil ich denke: Damit haben wir uns auch die Chance genommen, von Fachseite her einfach noch mal in diese Preisgestaltung oder was mit dem Preis geschehen soll, mit einzugreifen. Halte ich alles für keine gute Idee. Und wir waren ja auch alle sehr überzeugt von unserer Preisträgerin!"
Vermutlich wird es deshalb in diesem Jahr keinen Gerhard-Altenbourg-Preisträger geben. In Altenburg muss man sich erst mal neu sortieren.