Straßenverkehr

Neue Milde für Temposünder

04:53 Minuten
Blaulicht auf Polizeiwagen bei einem Autounfall in Köln-Sülz.
Zu schnelles Fahren soll eigentlich stärker geahndet werden, aber Verkehrsminister Andreas Scheuer findet die neuen Verkehrsregeln "unverhältnismäßig". © picture-alliance/Geisler-Fotopress
Jenny Friedrich-Freksa im Gespräch mit Max Oppel  · 15.05.2020
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Kaum sind die neuen Verkehrsregeln in Kraft, will Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sie wieder nachbessern. Die Journalistin Jenny Friedrich-Freksa beklagt, dass er zur Lobby gehöre, die sich gegen einen Wandel der Städte stemme.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer will die gerade erst eingeführte neue Straßenverkehrsordnung wieder entschärfen. Wer in einer Ortschaft 21 Stundenkilometer oder auf der Landstraße 26 Stundenkilometer zu schnell fährt, dem droht jetzt ein einmonatiges Fahrverbot. Das sei "unverhältnismäßig", meint der CSU-Politiker und will stattdessen nur ein leicht erhöhtes Bußgeld als Strafe für solche Vergehen vorsehen.
Porträt der Kulturjournalistin Jenny Friedrich-Freksa
Die Kulturjournalistin Jenny Friedrich-Freksa© Max Lautenschläger
Sie sei selbst schon zu schnell gefahren, sagt unser Studiogast, die Journalistin Jenny Friedrich-Freksa. Deshalb könne sie nachvollziehen, dass 20 Stundenkilometer zu viel auch mal passieren könnten. "Dann gleich den Führerschein weg für einen Monat, das finde ich auch hart." Gleichzeitig seien 70 Stundenkilometer in einer Ortschaft wirklich schnell.
"Dass man da jetzt mal versucht der Rasermentalität insgesamt entgegenzuwirken, das finde ich schon eigentlich richtig", sagt sie. Deshalb sei dieser neue Bußgeldkatalog auch mal zustandegekommen. Sie habe das Gefühl, es werde nun um jeden Stundenkilometer gefeilscht, sagt Friedrich-Freksa.

Die echte Debatte kommt noch

Das sei jetzt nur ein kleines Vorspiel. "Die echte Debatte wird sein, wenn die 130 Stundenkilometer kommen als Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Autobahn", sagt die Journalistin. Sie hoffe darauf, denn alle Studien sagten, dass es aus Umweltgründen vernünftig sei, aber auch wegen der vielen Unfälle. Man sollte darüber nachdenken, warum man in Deutschland so schnell und so gefährlich unterwegs sei. Autos seien immer ein Aufregerthema.
Eigentlich gehe es um die Frage, ob die Städte jetzt fußgänger- und fahrradfreundlicher umgebaut würden, so Friedrich-Freksa. Es gebe da eine harte Gegenlobby, die diesen Wandel der Städte unbedingt verhindern wolle. Das sei wahrscheinlich auch Scheuers Haltung. Sie finde es zwar nicht tragisch, mal etwas nachzubessern oder zu ändern, aber dahinter stehe die grundlegendere Frage nach dem Wandel der Städte und sie spiele da sehr stark hinein.
(gem)

Die Journalistin Jenny Friedrich-Freksa, geboren 1974 in Berlin, studierte Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der dortigen Hochschule der Künste. Nach Auslandsaufenthalten in Paris, Genf und Rom arbeitete sie mehrere Jahre für die "Süddeutsche Zeitung" in München. Seit 2005 ist sie Chefredakteurin der Zeitschrift "Kulturaustausch" in Berlin. Herausgeber des monatlich erscheinenden Magazins ist das Institut für Auslandsbeziehungen.

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