Stiftungen in Mecklenburg-Vorpommern

Gut gemeint, aber nicht weit genug gedacht

Vor der Villa Kunterbündnis in Güstrow (Mecklenbug-Vorpommern) steht am 19.04.2015 Geschäftsführerin Karen Larisch (r, Die Linke), um gemeinsam mit anderen gegen einen Aufmarsch der MVgida zu protestieren, auf dem Banner steht "Bunt statt braun".
Karin Larisch (re.) vor der Villa Kunterbündnis © dpa / Bernd Wüstneck
Von Silke Hasselmann · 17.09.2015
Im dünn besiedelten Mecklenburg-Vorpommern bestünde großer Bedarf an Stiftungskapital. Doch nicht immer stößt das Stiftungswesen auf Gegenliebe. Erst kürzlich musste die Landesregierung diese Erfahrung machen.
Auch in Mecklenburg-Vorpommern öffnen viele Menschen gelegentlich ihr Portemonnaie für eine Spende. Doch Stiften? Ist noch immer recht wenig verbreitet, meint Justizministerin Uta-Maria Kuder. Die CDU-Politikerin führt die Aufsicht über all jene Stiftungen im Lande, die das Steuerprivileg der Gemeinnützigkeit für sich beanspruchen. Sie fühlt sich aber auch sonst dem Stiftungswesen verpflichtet.
"Im letzten Jahr habe ich eine Stiftungsoffensive gestartet und für das Stiftungswesen geworben. Acht neue Stiftungen sind dann auch im vorigen Jahr gegründet worden. Das ist nicht viel, aber für Mecklenburg-Vorpommern ist das eine Zahl."
Eigene Stiftung für die Förderung ehrenamtlicher Arbeit
Denn noch immer gebe es zu wenige Bürger mit Kapital bzw. starke Unternehmen, die sich das Stiften leisten können oder wollen. Doch in diesem Jahr ist eine hinzugekommen, die ihresgleichen in Deutschland sucht: die Ehrenamtsstiftung. Unter maßgeblichem Einfluss von SPD-Ministerpräsident Erwin Sellering hat die rot-schwarze Landesregierung beschlossen, diese Stiftung in Güstrow zu installieren. Große Vereine wie Caritas, Diakonie, Deutsches Rotes Kreuz, Landessportbund wüssten sich selbst zu helfen, um durch Paragraphendschungel, Antragsformulare und Förderrichtlinien zu finden, sagt Justizministerin Kuder.
"Aber wenn man durch Mecklenburg-Vorpommern und übers Land fährt, sieht man auch ganz viele ganz kleine ehrenamtliche Strukturen, die auch auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sind, die aber nicht wissen, an wen sie sich wenden sollen. Und da, glaube ich, füllt die Ehrenamtsstiftung eine gewisse Lücke, die vorhanden ist, und deswegen denke ich, macht sie auch Sinn."
Das dachte zunächst auch Karen Larisch von der "Villa Kunterbündnis" in Güstrow:
"Ich finde es gut, wenn man Geld in die Hand nimmt und sagt: Wir als Land fördern das Ehrenamt, auch anders als die anderen."
Doch vorerst ist die Enttäuschung groß - nicht nur bei ihrem Verein, der seit Jahren gegen rechte Tendenzen und für ein weltoffenes Güstrow kämpft. Denn viele sind wie "Villa Kunterbündnis" nicht als gemeinnützig eingetragen. Das aber ist eine Grundvoraussetzung dafür, von der Ehrenamtsstiftung finanziell unterstützt zu werden. Als sie im Juni von der SPD-Landtagsfraktion den Johannes-Stelling-Preis 2015 für ihre Zivilcourage verliehen bekam, fand sie Gelegenheit, ihren Frust bei einigen Schweriner Entscheidern anzubringen.
"Nicht jeder Ehrenamtliche will sich einem Verein anschließen"
"Das habe ich ganz klar gesagt, das ist dieser eine Punkt, den ich kritisiere, denn nicht jeder Ehrenamtliche will sich einem Verein anschließen, und nicht jeder kleine Verein ist gemeinnützig. Wenn fünf Leute sich zusammenfinden und ein Netzwerk machen, um anderen Menschen zu helfen: Warum müssen sie eine Satzung haben? Warum müssen sie die Gemeinnützigkeit beim Finanzamt beantragen? Das kostet ja erst einmal überhaupt Geld. Ansonsten waren wir begeistert, dass das Land sagt, wir nehmen die Summe X, um auch gerade die kleinen Netzwerke zu fördern. Denn das gibt es sonst nicht, das kann man sich nirgendwo holen. Und jetzt stehen alle diese kleinen Netzwerke, die kleinen Selbsthilfegruppen und nichtgemeinnützigen Vereine wieder vor dem Punkt: Sie profitieren auch wieder nicht von dieser Stiftung."
Doch die für Stiftungen zuständige Justizministerin Uta-Maria Kuder (CDU) sieht hier ein Missverständnis.
"Das Hauptziel der Ehrenamtsstiftung ist nicht das Geldverteilen, sondern insbesondere denjenigen Rat und Logistik zur Verfügung zu stellen, die nicht wissen, wo bekomme ich denn Fördermittel her, wie gründe ich einen Verein, wie arbeite ich ehrenamtlich, an wen kann ich mich wenden? Das soll diese Ehrenamtsstiftung letztlich sicherstellen."
Und dafür mindestens 1,5 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt erhalten. Nicht als einmaliges Stiftungskapital, sondern Jahr für Jahr. Darunter: 500.000 Euro für Gehälter der sieben Mitarbeiter. Der Rest sei gedacht für die direkte Unterstützung kleiner ehrenamtlicher Vereine und Netzwerke.
"Und das soll ja möglichst unbürokratisch vonstatten gehen. Deshalb ist, glaube ich, eine Stiftung schon wirklich eine gute Struktur, die das ermöglichen kann."
Mitte Juli und damit später als geplant nahm die Ehrenamtsstiftung in Güstrow offiziell ihre Arbeit auf. Der Geschäftsführer: ein junger Jurist, gebürtig in Stralsund und parteilos. Immerhin. Denn ansonsten versuchte die Opposition die Landesregierung und besonders Ministerpräsident Sellering dafür zu rügen, die Spitze von Vorstand, Stiftungsrat und Kuratorium jeweils mit SPD-Mitgliedern besetzt zu haben. Sellering, der sich in einem Jahr zur Wiederwahl stellt, wolle die Ehrenamtsstiftung wohl als PR-Maschine für seinen Wahlkampf benutzen, so der Vorwurf. Die große Koalition schmetterte den Antrag ab.
Nun, nach der parlamentarischen Sommerpause, warten vor allem die potenziellen Hilfeempfänger darauf, dass die Politik in Schwerin die Sache mit der Gemeinnützigkeit als Voraussetzung für eine finanzielle Förderung überdenkt.

Mehr Informationen zum Stiftungswesen
finden Sie auf der Website des Bundesverbandes Stiftungen

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