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Ukraine-Russland-Krise
Kiew fordert mehr Unterstützung durch Deutschland

Nach dem militärischen Vorfall im Schwarzen Meer erwägt die EU die Sanktionen gegen Russland noch zu verschärfen. Die ukrainische Regierung sieht da insbesondere die Bundesregierung in der Pflicht.

Von Klaus Remme | 28.11.2018
    Zu sehen ist ein ukrainischer Marinesoldat, der in Handschellen von einem Offizier des russischen Nachrichtendienstes FSB zu einem Gerichtssaal begleitet wird.
    Außenminister Heiko Maas will, dass Russland die festgesetzten Schiffe und Seeleute schnellstmöglich wieder freigibt (dpa-bildfunk / AP (uncredited))
    Wenn der ukrainische Präsident Poroschenko vor einem Krieg warnt und eine massive Truppenverlegung Richtung russische Grenze beklagt, wenn Moskau internationale Vermittlungsangebote ablehnt, dann sind das gerade nicht die Signale der Deeskalation, die weltweit eingefordert werden.
    Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, verteidigt die Verhängung des Kriegsrechts im eigenen Land. Heute Morgen sagte Melnyk im Deutschlandfunk:
    "Kein Präsident, kein Parlament kann sich jetzt erlauben, weiterhin zuzusehen und nichts zu unternehmen. Das ist eine Sicherheitsmaßnahme, die Armee ist jetzt in Alarmbereitschaft, um weitere aggressive Schritte Russlands zu unterbinden."
    Die Bundeskanzlerin hat in den vergangenen Tag sowohl mit den Präsidenten beider Länder telefoniert. Seit mehr als vier Jahren sucht vor allem Berlin nach einer politischen Lösung für diesen Konflikt in der östlichen Nachbarschaft. Botschafter Melnyk will mehr:
    "Deutschland muss endlich klare Kante zeigen, sehr, sehr klare Worte finden und Putin einfach in die Schranken weisen."
    Wenn das so einfach wäre. Bundesaußenminister Heiko Maas blieb gestern in Berlin nicht vielmehr, als Ziele zu formulieren:
    "Ziel muss es sein, dass Russland wieder internationale Regeln achtet und die territoriale Souveränität seiner Nachbarn nicht verletzt."
    Maas: Festgesetzte Schiffe und Seeleute schnellstmöglich wieder freigeben
    Schon die Formulierung zeigt, dass Deutschland in diesem Konflikt alles andere als unparteiisch ist und das Sanktionsregime gegen Russland, ausgelöst durch die völkerrechtswidrige Annexion der Krim 2014, unterstützt. Maas sagte gestern, Russland solle die festgesetzten Schiffe und Seeleute schnellstmöglich wieder freigeben. Andrij Melnyk fordert eine stärkere Wortwahl. Er will ein Ultimatum:
    "Ich persönlich glaube, dass die Bundesregierung dem Kreml Chef sofort ein Ultimatum stellen sollte. Die gefangenen Soldaten müssen sofort freigelassen werden, auch die Schiffe und wenn das nicht passieren sollte, dann ist die Zeit zum Handeln gekommen und zwar ohne jegliche Vorbedingungen."
    Und auch auf die Frage, wie das konkret aussehen sollte, hat Botschafter Melnyk im Namen der Ukraine Vorstellungen. Deutschland habe viele Möglichkeiten, eine, so wörtlich, "schmerzhafte Keule der Sanktionen müsse wieder durch die Luft schwingen".
    "Da fordern wir ein komplettes Verbot von Erdgas und Ölimporten aus Russland, auch NordStream 2 müsste auf Eis gelegt werden. Wir wissen ja alle, dass dieser Krieg, der gegen uns und in Syrien geführt wird, der wird auch aus diesen Geldern finanziert."
    Auch ohne die aktuelle Eskalation ist den Ukrainern das Gaspipeline-Projekt NordStream 2 ein Dorn im Auge, erlaubt es doch den direkten Energietransfer von Russland nach Deutschland. Unterstützung bekommt Kiew von den Grünen. Die Bundesregierung müsse NordStream 2 wenigstens auf Eis legen, so Parteichefin Annalena Baerbock in "Der Welt". Omid Nouripour, Außenpolitiker der Grünen, warf der Bundesregierung bei "Focus Online" vor, nicht eindeutig genug "Ross und Reiter zu benennen". Im vorliegenden Fall handele es sich um einen "eindeutigen Rechtsbruch Russlands".